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Infos + Meinungsaustausch (Forum) => Vorsorge & Betreuungsrecht => Thema gestartet von: Multihilde am 27. Juli 2012, 12:27



Titel: BGH: Freiheitseinschränkende Maßnahmen nur mit richterlicher Genehmigung
Beitrag von: Multihilde am 27. Juli 2012, 12:27
Fixierungen werden erschwert

Donnerstag, 26. Juli 2012

Zitat
In Pflegeheimen werden Demenzkranke oft mit Gurten oder Gittern daran gehindert, ihr Bett oder ihren Rollstuhl zu verlassen. Dabei handelt es sich um Freiheitsentzug, entschied der BGH. Deshalb müssen Richter die Maßnahmen im Einzelfall prüfen.

Quelle:  http://www.n-tv.de/ratgeber/Fixierungen-werden-erschwert-  (http://www.n-tv.de/ratgeber/Fixierungen-werden-erschwert-article6826791.html)






BGH- Beschluss vom 27. Juni 2012, Az. XII ZB 24/12 siehe Antwort 1


Titel: Re: BGH: Freiheitseinschränkende Maßnahmen nur mit richterlicher Genehmigung
Beitrag von: admin am 27. Juli 2012, 22:50
Zitat
BGH: Fixierung nur mit gerichtlicher Genehmigung
- auch im Falle einer Vorsorgevollmacht!


Der Bundesgerichthof hat m. E. völlig zu Recht in seinem Beschluß vom 27. Juni 2012 XII ZB 24/12 erneut klargestellt, daß das Anbringen von Bettgittern sowie die Fixierung im Stuhl mittels eines Beckengurts freiheitsentziehende Maßnahmen im Sinne des § 1906 Abs. 4 BGB darstellen, wenn der Betroffene durch sie in seiner körperlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt werde. Dieses sei dann der Fall, wenn nicht ausgeschlossen werden könne, daß der Betroffene zu einer willensgesteuerten Aufenthaltsveränderung in der Lage wäre, an der er durch die Maßnahmen gehindert werde. Das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen werde nicht dadurch verletzt, daß die Einwilligung eines von ihm Bevollmächtigten in eine freiheitsentziehende Maßnahme der gerichtlichen Genehmigung bedürfe (heißt also: trotz Vorsorgevollmacht ist die gerichtliche Genehmigung erforderlich!).

Gemäß § 1906 Abs. 4 BGB würden die Vorschriften über die Unterbringung eines Betreuten (Absätze 1 bis 3 der Vorschrift) entsprechend geltend, wenn dem Betreuten, der sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhalte, ohne untergebracht zu sein, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden solle.

Diese Regelung schütze - ebenso wie Absatz 1 bis 3 der Vorschrift - die körperliche Bewegungsfreiheit und die Entschließungsfreiheit zur Fortbewegung im Sinne der Aufenthaltsfreiheit. ...
Quelle: http://rae-schaub.eu/archives/748



Zitat
BGH: Fixierung von Heimbewohnern nur mit Richter-Genehmigung

Demente Heimbewohner dürfen nicht ohne gerichtliche Genehmigung mit Bettgittern oder Gurten in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden. Die Zustimmung des Betreuers reiche nicht aus, entschied der Bundesgerichtshof in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil.
Quelle: http://www.stern.de/politik/deutschland/ (http://),  26. Juli 2012, 18:01 Uhr



Zitat
Bundesgerichtshof
Regelmäßige Fixierung nur mit richterlicher Genehmigung

Die regelmäßige Fesselung eines kranken oder pflegebedürftigen Menschen ans Bett oder an einen Stuhl ist nur mit einer vorherigen gerichtlichen Genehmigung zulässig.

Dies gilt selbst dann, wenn ein Angehöriger eine umfassende Vorsorgevollmacht hat und danach auch über freiheitsentziehende Maßnahmen bestimmen kann, entschied der XII.Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss (Az.: XII ZB 24/12) (http://bit.ly/OrwcoH).

Mehr dazu lesen Sie in der Printausgabe von CAREkonkret (http://www.carekonkret.vincentz.net/Printausgabe).

Quelle: http://www.carekonkret.vincentz.net/ (http://www.carekonkret.vincentz.net/Regelmaessige-Fixierung-nur-mit-richterlicher-Genehmigung)



[BGH-Beschluss lesen >>] (http://www.heimmitwirkung.de/smf/index.php?action=dlattach;topic=1796.0;attach=1448)


Titel: Anwalt: richterliche Genehmigungspflicht gilt auch bei Generalvollmacht
Beitrag von: admin am 06. August 2012, 14:39
Kommentar zu BGH, Beschluss vom 27.06.2012, XII ZB 24/12

von Ronald Richter, Rechtsanwalt, RICHTERRECHTSANWÄLTE

Nach der Rückkehr aus dem Urlaub, insbesondere aus dem Ausland, ist tröstlich zu wissen: In Deutschland ist alles gesetzlich geregelt, nicht nur die Pflegeausbildung, die Veröffentlichung von Transparenzberichten oder die Farbe von Dachziegeln.

Trotzdem ist immer wieder verwunderlich, dass in wirklich existentiellen Fragen die Beteiligten auf alle möglichen Veröffentlichungen, Leitfäden und Aussagen vertrauen, den Blick ins Gesetz jedoch scheuen. Damit geht aber ein Stück „deutsche“ Rechtssicherheit und Rechtskultur verloren. So ist es gut, wenn die beteiligten Kreise vom obersten deutschen Zivilgericht einmal wieder daran erinnert werden.

Freiheitsentziehende Maßnahmen unterliegen, wenn der Betroffene nicht einwilligungsfähig ist, dem strengen Genehmigungsvorbehalt des Betreuungsgerichts. § 1906 BGB heißt bereits in der Überschrift: „Genehmigung des Betreuungsgerichts bei der Unterbringung“.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein gesetzlicher Betreuer bestellt ist oder mittels notarieller Generalvollmacht ein Bevollmächtigter. Für beide gilt § 1906 Abs. 2 BGB: Die Unterbringung und nach § 1906 Abs. 4 BGB jede freiheitsentziehende Maßnahme ist nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung und jede freiheitsentziehende Maßnahme nur zulässig, wenn mit dem Aufschub (also für die Zeit der Antragsbearbei-tung) Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen. Für den Bevollmächtigten gilt § 1906 Abs. 5 BGB, der nach seinem Satz 2 die Absätze 1 bis 4 für entsprechend anwendbar erklärt.

Daher ist die Rechtslage völlig klar: Ist der Betroffene nicht einwilligungsfähig, so ist natürlich zuerst der Betreuer und der Bevollmächtigte zu befragen. Beide werden jedoch vom zuständigen Betreuungsgericht überwacht und kontrolliert. Oder wie es der BGH wörtlich ausführt: „Das Betreuungsgericht hat daher zum Schutz des Betroffenen nicht nur zu überprüfen, ob die Vorsorgevollmacht rechtswirksam erteilt ist, ob sie die Einwilligung in freiheitsentziehende Maßnahmen umfasst und auch nicht zwischenzeitlich widerrufen ist, sondern insbesondere, ob die Vollmacht dadurch in Kraft gesetzt ist, dass eine Gefährdungslage überhaupt vorliegt. Unter die Kontrolle des Betreuungsgerichts ist damit nicht die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts erfolgte Entscheidung des Betroffenen gestellt, sondern die gesetzesgemäße Handhabung der Vorsorgevollmacht durch den Bevollmächtigten. Damit soll sichergestellt werden, dass die Vorsorgevollmacht im Sinne des Betroffenen ausgeübt wird. Diese Kontrolle dient der Sicherung des artikulierten Willens des Betroffenen.“

Daher kann es nur eine Empfehlung für die Pflegeeinrichtungen geben: In jedem Fall ist nach der Äußerung durch den Betreuer oder den Bevollmächtigten das Betreuungsgericht zur Entscheidung und Kontrolle hinzuzuziehen. Mehr Rechtssicherheit geht nicht. Ohne einen derartigen Beschluss des Betreuungsgerichts hingegen ist jede freiheitsentziehende Maßnahme rechtswidrig.

Also: Der Beschluss des BGH sagt nichts Neues, erinnert uns aber mal wieder an die gesetzlichen Grundlagen.

Quelle: http://www.richter-rae.de - Mit freundl. Genehmigung des Autors