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Infos + Meinungsaustausch (Forum) => Gewalt / Mißstände in Pflege & Betreuung => Thema gestartet von: admin am 02. November 2012, 01:52



Titel: Bremen: Gerichtsurteil im Fall von Gewalt im Pflegeheim der Hansa-Gruppe
Beitrag von: admin am 02. November 2012, 01:52
Radio Bremen-TV / buten un binnen

Gewalt in Bremer Altenheim

Gewalt vom Pflegepersonal kann jeden Heimbewohner treffen. Viel ist zum Thema nicht bekannt, die Dunkelziffer soll deutlich höher liegen als die bekannt gewordenen Fälle. Und so glaubten auch zwei Brüder ihrer Mutter nicht, als sie sagte, dass sie in einem Bremer Heim geschlagen und an den Haaren gezogen werde. Doch die beiden Brüder gingen den Vorwürfen nach und stellten fest, dass die Vorwürfe stimmen....die fragliche Mitarbeiterin wurde inzwischen entlassen.

Das Thema Gewalt in der Pflege wird von Sozialwissenschaftlern als sehr vielschichtig beschrieben. Es reiche von Vernachlässigung über Verletzung der Intimsphäre bis zur körperlichen Gewalt. Oft seien Mitarbeiter, die hart durchgreifen, bei Chefs beliebt, weil die Pflegebedürftigen bei ihnen kuschen und es kaum Probleme gebe. Als Ursache werden unter anderem die hohe Arbeitsbelastung, Erschöpfung und Frustration angeführt.

Die Sendung "buten un binnen" berichtete:


[TV-Beitrag vom 01.11.2012 ansehen >>] (http://www.radiobremen.de/mediathek/index.html?id=078334)

Quelle: buten un binnen Magazin | RBTV (http://www.radiobremen.de/mediathek/index.html?id=78334) - 01.11.2012



ANMERKUNG:
Die Hansa-Gruppe steht nicht zum ersten Mal in der Kritik, siehe http://www.heimmitwirkung.de/smf/index.php?topic=1056.0
(dort auch weiter runterscrollen und die Folgeseiten beachten)


Titel: Re: Bremen: Gewalt im Pflegeheim der Hansa-Gruppe
Beitrag von: admin am 03. November 2012, 17:13
Zitat von: Weser-Kurier, 03.11.2012
Sohn filmt Übergriffe auf 85 Jahre alte Mutter

Gewalt im Pflegeheim


Von Alexander Pitz, Karina Skwirblies

Bremen. Der Fall einer Patientin, die im Pflegezentrum Forum Ellener Hof misshandelt worden ist, sorgt für Empörung. Während die Politik Aufklärung fordert, fehlt der Bremer Heimaufsicht das nötige Personal für umfassende Kontrollen.

Es sind Bilder, die für Martin Stöver, Leiter der bremischen Wohn- und Betreuungsaufsicht, nur schwer zu ertragen sind. "In elf Berufsjahren habe ich so etwas noch nicht gesehen", sagt er und berichtet von einem Video, das eine hilflose, an Demenz leidende, 85Jahre alte Frau im Pflegezentrum Forum Ellener Hof in Osterholz zeigt, die von ihrer Pflegerin beschimpft, geschubst und an den Haaren gezogen wird. "Mir ist zwar bekannt, dass so etwas immer wieder passiert, aber so drastisch habe ich mir das nicht vorstellen können", sagt Stöver, dessen Aufgabe es ist, die rund 100 Pflegeheime für Senioren im Land Bremen zu kontrollieren, in denen zurzeit rund 6500 Menschen untergebracht sind.

An die Öffentlichkeit seien die schockierenden Aufnahmen nur deshalb gelangt, weil der Sohn der 85-Jährigen auf Verdacht hin eine Kamera im Zimmer seiner Mutter installiert habe. "Das ist natürlich illegal", sagt Stöver. Er habe zwar Verständnis für die Sorgen und Nöte der Angehörigen. Aber verbotene Filmaufnahmen gingen eindeutig zu weit.

Trotzdem zog das Video Konsequenzen nach sich: "Wir haben der Pflegerin umgehend die fristlose Kündigung ausgesprochen", sagt Steffen Krakhardt, Geschäftsführer der Hansa Pflege und Residenzen GmbH in Oldenburg, die Betreiberin des Pflegezentrums Forum Ellener Hof ist. "Wir veranstalten zwar regelmäßig Schulungen für unser Personal, aber trotzdem kann man nie ganz ausschließen, dass so etwas passiert", räumt Krakhardt ein.

Der Fall löste in Bremen Betroffenheit und Empörung aus. "Ich bin erschüttert", sagt Joachim Schwolow, Vorsitzender der Bremer Senioren-Vertretung, die sich für die Interessen älterer Menschen einsetzt. "Leider gibt es mehrere solcher Fälle, die Dunkelziffer ist hoch." Die Seniorenvertretung wisse zum Beispiel von einem ähnlichen Fall, der sich Anfang des Jahres in einem Pflegeheim in Huchting abgespielt habe. Auch dort sei es zu gewaltsamen Übergriffen des Pflegepersonals gekommen. Mit Rücksicht auf die Privatsphäre des Opfers wolle man aber keine Namen nennen.

In der Regel brächten die Misshandelten gar nicht den Mut auf, anderen von ihrer Pein zu berichten, sagt Schwolow. "Viele sind eingeschüchtert und befürchten, dass sie noch schlechter behandelt werden." Um Pflegekräfte, die zu Gewalt neigen, aus dem Verkehr zu ziehen, seien aber Beweise nötig.

Unterdessen forderte Dirk Schmidtmann, pflege- und altenpolitischer Sprecher der Grünen, Aufklärung im Fall der misshandelten 85-Jährigen. Er erwartet einen ausführlichen Bericht für die Sitzung der Sozialdeputation in der nächsten Woche. "Diese Angelegenheit wirft die Frage auf, wie wir den Schutz pflegebedürftiger Menschen weiter verbessern und effektiver gestalten können", so Schmidtmann.

Der Bremer Heimaufsicht, die dafür zuständig ist, diesen Schutz zu gewährleisten, stehen derzeit sieben Mitarbeiter zur Verfügung, um in den Pflegeeinrichtungen regelmäßig nach dem Rechten zu sehen. Mindestens einmal pro Jahr muss jedes Heim von den Kontrolleuren inspiziert werden. Treten Mängel auf, kann die Behörde Sanktionen verhängen. "Hätte die Heimleitung im Forum Ellener Hof die gewalttätige Pflegerin nicht entlassen, hätten wir mit Sicherheit ein Beschäftigungsverbot gegen diese Person verhängt", sagt Martin Stöver. Er berichtet davon, dass die Frau, gegen die nun ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft laufe, nach ihrer Kündigung wieder eine Beschäftigung in einem anderen Pflegeheim gefunden habe. Doch nachdem man auch dort von dem Video erfahren habe, sei sie abermals entlassen worden.

Stöver würde gern mehr für die Sicherheit der Bremer Heimbewohner tun, aber die dünne Personaldecke führe dazu, dass wichtige Dinge zu kurz kämen. So gebe es keine genaue Statistik über die Missstände in den Pflegeheimen. Die Zahl der Beschwerden, denen er und seine Mitarbeiter nachgingen, habe jedoch in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Stöver spricht von schätzungsweise 500 Fällen pro Jahr.

Nicht nur Gewalt ist ein Problem in den Heimen: Eine Studie des Zentrums für Sozialpolitik der Universität Bremen vom März dieses Jahres hat ergeben, dass zahlreiche Demenzkranke unnötig mit Psychopharmaka ruhiggestellt werden. Der Bremer Sozialforscher Gerd Glaeske hat herausgefunden, dass in Deutschland knapp 240000 Menschen in Heimen oder in ambulanter Pflege mit Medikamenten behandelt würden, um Kosten zu sparen. Dies sind zwei von drei Betreuten. Die Psychopharmaka würden nicht verschrieben, um Leiden der Patienten zu lindern, sondern um Personalkosten zu sparen, kritisiert Glaeske.

Der Sprecher der Sozialbehörde, Bernd Schneider, empfiehlt Angehörigen einen kooperativen Umgang mit der Einrichtung und den Pflegekräften. "Zu Pflegemängeln kann es immer wieder kommen. Wenn Konflikte auftreten, ist es wichtig, keine Feindbilder aufzubauen, sondern zu versuchen, die Situation der anderen Seite zu verstehen und so zu Lösungen im Interesse der Pflegebedürftigen zu kommen." Mitunter würden die Angehörigen auch über das Ziel hinausschießen und überzogene Vorstellungen von dem haben, was die Pflege in einem Heim zu leisten in der Lage sei.
Quelle: http://www.weser-kurier.de/bremen/vermischtes2_artikel,-Gewalt-im-Pflegeheim-_arid,423220.html


Titel: Re: Bremen: Gewalt im Pflegeheim der Hansa-Gruppe
Beitrag von: admin am 06. November 2012, 10:17
Zitat von: Nordsee-Zeitung, 03.11.2012
Gewalt gegen Frau im Altenheim

BREMEN-NORD. Die Grünen erwarten Aufklärung über einen jetzt bekannt gewordenen Fall von Gewalt in der Pflege in einem Nordbremer Altenheim. Hier hatte der Sohn einer 85-jährigen Heimbewohnerin den Nachweis erbracht, dass seine Mutter von einer Pflegerin angebrüllt und an den Haaren gezogen wurde. Seine demente Mutter hatte sich immer wieder beklagt. Schließlich installierte der Sohn eine Kamera in ihrem Zimmer.

Schutz verbessern
Der Bürgerschaftsabgeordnete der Grünen, Dirk Schmidtmann, hat einen Bericht für die Sitzung der Sozialdeputation in der kommenden Woche angefordert. „Der erschreckende Fall wirft die Frage auf, wie wir den Schutz pflegebedürftiger Menschen weiter verbessern und effektiver gestalten können“, sagte Schmidtmann. Er will wissen, welche staatlichen Eingriffsmöglichkeiten bei der Weiterbeschäftigung von Pflegekräften bestehen, die gegen betreute Personen gewalttätig geworden sind.

Überforderung
Gewalt in der Pflege findet oft verdeckt statt, Fachleute gehen von einer hohen Dunkelziffer aus. „Neben dem individuellen Missbrauch der Machtposition gegenüber pflegebedürftigen Menschen kann Gewalt in der Pflege auch strukturelle Gründe wie die Überforderung von Pflegekräften haben, die durch schlechte Arbeitsbedingungen zustande kommt“, sagte Schmidtmann. Nötig sei eine Reform der Pflegeversicherung, die die finanzielle Basis im Pflegebereich verbessert. Erforderlich seien zudem hochqualifizierte Pflegefachkräfte als wesentliche Voraussetzung für eine optimale Pflege. (rn)
Quelle: http://www.nordsee-zeitung.de, 03.11.2012 - (Dank an Denise v.d. Ahé)


Titel: Re: Bremen: Gewalt im Pflegeheim der Hansa-Gruppe
Beitrag von: admin am 06. November 2012, 19:08
Verbände setzen auf Prävention

Bremen. Nachdem eine 85-Jährige in einer Bremer Pflegeeinrichtung misshandelt wurde, haben sich jetzt Heimanbieter und Wohlfahrtsverbände zu dem Fall geäußert. „Wir verurteilen Gewaltanwendung aufs Schärfste, und zwar unabhängig davon, ob sie in der stationären Pflege oder auch in privaten Häusern ausgeübt wird“, sagten Hannelore Bitter-Wirtz, Landesbeauftragte des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (BPA) und Arnold Knigge, Vorstandssprecher der Bremer Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (LAG FW). ...

Quelle: www.weser-kurier.de, 06.11.2012



Machtmissbrauch im Altenheim

Wohlfahrtsverbände und Beratungsstellen sind sich einig: Verstärkte Heimaufsicht hilft nicht gegen Gewalt in Altenheimen - verstärkte Prävention hingegen schon ...

Quelle: http://www.taz.de/Gewalt-in-der-Pflege/!105023/, 06.11.2012



Zitat von: Weser-Kurier, 06.11.2012
Nach Misshandlung einer 85-Jährigen

Pflege: Mehr Kontrolle gefordert


Von Matthias Lüdecke

Bremen. Der Fall einer 85 Jahre alten Frau, die in einemAltenheim von einer Pflegerin misshandelt worden ist, sorgt nun auch für politische Diskussionen. Und dabei gernicht nur die Mitarbeiterzahl der Heimaufsicht in den Fokus, sondern vor allem die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte. Ein Bremer Pflegeexperte Experte erklärt derweil, dass Gewalt zwar minimiert, aber nie ganz ausgeschlossen werden kann.

Nachdem in der vergangenen Woche bekannt wurde, dass eine 85 Jahre alte, an Demenz leidende Frau im Pflegezentrum Forum Ellener Hof von einer Pflegerin misshandelt worden war, hat nun die politische Diskussion über mögliche Konsequenzen begonnen. "Das war ein sehr schockierender Fall", kommentierte der sozialpolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Klaus Möhle, die Videobilder, die der Sohn der Patientin heimlich in ihrem Zimmer aufgenommen hatte. "Es bleibt aber die Frage, ob es sich dabei um einen Einzelfall handelt oder ob es ein strukturelles Problem ist."

Adele Ihnen vom Forum gegen Gewalt in Pflege in Betreuung glaubt eher an einen Einzelfall. "Das jemand mit so einer Überforderung über einen längeren Zeitraum nicht entdeckt wird, ist eher eine Ausnahme", sagt sie. Sie sagt aber auch: "Wir können uns kein gewaltfreies Altenheim herbeireden." Wichtig sei es, erklärt Ihnen, dass die Wahrnehmung der Angehörigen und der Mitarbeiter geschärft werde, damit sie die Anzeichen von Gewalt früh erkennen können. Noch wichtiger sei aber, dass man die Pflege alter Menschen wieder zurück ins Gemeinwesen hole. "Wir müssen uns mit der Frage auseinandersetzen, wie wir mit älteren Menschen leben wollen", sagt Ihnen.

"Gewalt kann man nie zu einhundert Prozent verhindern, weder im Heim noch zu Hause", sagt auch Stefan Görres. Er ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Public Health und Pflegeforschung an der Universität Bremen. Ob die Gewalt gegenüber Patienten zugenommen hat, kann er nicht sagen – dafür fehle eine aussagekräftige Zahlenbasis, erklärt er. Er hält eine Zunahme aber zumindest für wahrscheinlich.

Denn er sieht einen Zusammenhang zwischen bestimmten Faktoren und Gewalt gegenüber Patienten. Die Qualifikation der Mitarbeiter gehöre ebenso dazu wie die Arbeitsbelastung. Je besser eine Pflegekraft qualifiziert sei, desto eher wisse sie mit schwierigen Situationen umzugehen. Und je höher die Arbeitsbelastung sei, desto größer sei auch die Gefahr, dass Gewalt ausbreche – aus einem Gefühl der Überforderung heraus.

Den Zusammenhang zwischen hoher Arbeitsbelastung und der Gefahr gewalttätiger Übergriffe vermuten auch die Vertreter der Politik. Klaus Möhle etwa erklärt: "Ich glaube, dass das Personal in den Einrichtungen oft zu knapp bemessen und dadurch überfordert ist." Er will daher nun zügig das Gespräch mit Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) suchen. Für vorstellbar hält er, dass die Heimaufsicht kurzfristig personell verstärkt wird. Langfristig müsse man aber über die personelle Ausstattung der Heime sprechen, so Möhle.

Ähnlich sieht das der sozialpolitische Sprecher der CDU, Claas Rohmeyer. "Wir müssen eine Debatte über die Qualität in der Pflege führen – und das heißt auch über die Arbeitsbedingungen und Arbeitsbelastung", sagt auch er. Rohmeyer warnt davor, die Pflegekräfte wegen eines einzelnen Falls zu dämonisieren – und fordert eine Weiterentwicklung der Leitlinien zur Pflege und eine bessere Ausstattung der Heimaufsicht. Zumindest von letztem Punkt ist der Linken-Abgeordnete Peter Erlanson nur bedingt überzeugt. "Das grundsätzliche Problem ist eigentlich nur durch mehr und besser ausgebildetes Personal zu beheben", sagt er, "stockt man die Mitarbeiterzahl der Heimaufsicht auf, hat man das Problem vielleicht besser erkannt – aber noch lange nicht gelöst."

In der Sozialbehörde ist man davon überzeugt, dass die Zahl der Mitarbeiter bei der Aufsicht ausreicht – und dass eine höhere Zahl an Kontrolleuren nach wie vor von Hinweisen von Angehörigen oder Kollegen abhängig wäre. "Wichtig ist daher, dass alle Beteiligten dafür sensibilisiert sind, auf Zeichen von Gewaltanwendung zu achten", sagt Behördensprecher David Lukaßen – und ergänzt, dass man im Sozialressort davon ausgehe, dass die Diskussion über die Bedingungen der Pflege durch den aktuellen Anlass in Bremen nun verstärkt geführt werde.

Bei der Sitzung der Sozialdeputation am Donnerstag wird es erstmals soweit sein. Stahmann wird dort vom aktuellen Fall und den Arbeitsbedingungen der Heimaufsicht berichten. Tags zuvor will die Senatorin mit den Mitarbeitern der Aufsicht die Vorfälle analysieren. "Wir sind gern bereit, offen über Möglichkeiten und Grenzen zu diskutieren", sagt Stahmann.
Quelle: http://www.weser-kurier.de/bremen/vermischtes2_artikel,-Pflege-Mehr-Kontrolle-gefordert-_arid,425098.html


Titel: Die Ohnmacht der Angehörigen
Beitrag von: admin am 07. November 2012, 10:08
Zitat
Die Ohnmacht der Angehörigen

Übergriffe im Altenheim: Was Verwandte von Pflegebedürftigen erlebt haben und wie sie damit umgehen

Nachdem eine demente Frau in einem Bremer Seniorenheim misshandelt worden ist und dieser Fall an die Öffentlichkeit gelangte, sind viele Angehörige von Heimbewohnern wütend – und erheben ebenfalls Vorwürfe.


VON ALEXANDER PITZ

Bremen. Nachdem durch illegale Video-Aufnahmen ihres Sohnes – wie berichtet – publik geworden ist, dass eine 85-Jährige in einem Bremer Altenheim von ihrer Pflegerin misshandelt wurde, melden sich immer mehr Angehörige von Heimbewohnern zu Wort. Sie halten das Thema Gewalt in der Pflege für ein Problem, das in der Regel totgeschwiegen werde, und beklagen sich über die Zustände in einigen Pflegeeinrichtungen der Region.

Reinhard Leopold hat bereits im Jahr 2006 die Selbsthilfegruppe „Heim-Mitwirkung“ gegründet, in der sich Angehörige und ehrenamtliche Helfer für die Interessen der Heimbewohner in Bremen und umzu starkmachen. „Gewalt in der Pflege findet meist im Verborgenen statt“, sagt Leopold, dessen mittlerweile verstorbene Eltern viele Jahre lang in einem Heim untergebracht waren. „Wenn ich auch die Möglichkeit gehabt hätte, eine versteckte Kamera zu installieren, hätte ich das sicher getan“, sagt der 56-Jährige. Genügend Anlässe, dem Personal gegenüber misstrauisch zu sein, habe es jedenfalls gegeben. „Es gab da mehrere Negativ-Erlebnisse“, sagt Leopold. Von den Behörden sei er dabei stets allein gelassen worden.

Gruppe soll Betroffenen Mut machen
Dennoch kämpft der Bremer, um die Lebensbedingungen der Heimbewohner zu verbessern: „Etwas erreichen kann man aber nur, wenn die Medien über Missstände berichten“, sagt er. Deshalb will er Angehörigen Mut machen, bei Fällen von Gewalt nicht aus falscher Furcht wegzusehen, nicht zu schweigen, sondern gezielt den Weg an die Öffentlichkeit zu suchen. Zu diesem Zweck veranstaltet die Selbsthilfegruppe regelmäßig Treffen, Aktionstage und ist im Internet präsent.

Auch Beate Grünitz gehört zu den Mitgliedern der Gruppe. Die 60 Jahre alte Krankenschwester aus Bremen hat ihre vor einiger Zeit verstorbene Mutter jahrelang zu Hause gepflegt – bis diese im Jahr 2003 einen Schlaganfall erlitt. „Da war klar, dass sie ins Heim muss“, erzählt Grünitz. Anfangs sei die Betreuung ihrer Mutter tadellos gewesen. Erst im Laufe der Jahre sei immer mehr Stammpersonal durch Leiharbeitskräfte ersetzt worden. Die Folge: immer weniger feste Bezugspersonen für die Patienten, immer mehr überforderte Pfleger, die in kürzester Zeit angelernt werden mussten. „In den Akten steht zwar, dass alles in Ordnung ist, aber in Wahrheit stimmt das nicht“, so Grünitz. So hätten die Pfleger in den Unterlagen stets notiert, dass ihre Mutter gewaschen worden sei, gegessen und getrunken habe. „Tatsächlich war sie völlig dehydriert und wurde oft sich selbst überlassen“, klagt die 60-Jährige. Die seltenen, oft angekündigten Kontrollen der Bremer Heimaufsicht könnten in solchen Fällen nichts bewirken. „Die schauen meist nur, ob die Papiere stimmen. Das ist verlorene Zeit.“ Ein Vorwurf, den Martin Stöver, Leiter der Heimaufsicht nicht gelten lässt: „Unsere Kontrollen sind weit gründlicher, als es für manche den Anschein hat. Dennoch kann es natürlich geschehen, dass einige Dinge nicht entdeckt werden.“

Beate Grünitz berichtet, dass ihre Mutter vom Pflegepersonal massiv unter Druck gesetzt worden sei. „Die haben ihr gedroht, sich die ganze Nacht nicht um sie zu kümmern, wenn sie nicht rechtzeitig ins Bett geht.“ Da habe sie entschieden, die hilflose Frau wieder zu sich nach Hause zu holen. Grünitz befürchtet, auch ihre Mutter könnte Opfer von gewaltsamen Übergriffen geworden sein. „Es gab einige Indizien, aber ich konnte nichts beweisen.“ Darum habe sie Verständnis, wenn sich Angehörige nur mit illegalen Mitteln zu helfen wüssten. „Die Heimleitung wiegelt sonst alle Beschwerden ab, wenn man keine handfesten Beweise hat.“ Die gebe es in der Regel aber nicht. Missstände hingegen gebe es in den Pflegeeinrichtungen zuhauf. „Ich bin mit vielen Heimbewohnern in Kontakt“, sagt die ehrenamtliche Helferin. Viele hätten Furchtbares zu berichten, doch es fehle ihnen der Mut, sich zu beschweren, weil die Furcht zu groß sei. „Die bitten mich, nichts zu unternehmen, bis sie gestorben sind, so groß ist die Angst.“

Ein Patentrezept, wie man die Situation der Heimbewohner verbessern könnte, hat Beate Grünitz nicht. Dennoch fordert sie: „Die Heimaufsichtsbehörde muss mehr Personal bekommen, und es sollten mehr unangemeldete Kontrollen stattfinden.“

Die 81 Jahre alte Ruth Wicke aus Delmenhorst, deren Mutter bis zum Tode ebenfalls viele Jahre in einem Heim verbrachte, befürwortet eine andere Lösung: „Das Einzige, was hilft, ist lückenlose Kameraüberwachung – rund um die Uhr. Das ist zwar pervers, aber ich sehe keine Alternative.“ Ihre Mutter sei im Pflegeheim über Jahre mit Psychopharmaka ruhiggestellt worden, um den Pflegern Arbeit zu ersparen.

Unterdessen haben die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Bremen sowie der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste die Anwendung von Gewalt in der Pflege aufs Schärfste verurteilt. Man wolle den ihnen angeschlossenen Einrichtungen Fortbildungen anbieten, um derlei Vorkommnisse in Zukunft zu verhindern, hieß es in einer Mitteilung.

Die Mitarbeiter des Pflegezentrums Forum Ellener Hof, wo sich der jüngste Skandal ereignete, haben sich inzwischen schriftlich von der Pflegerin distanziert, die für die Misshandlung des 85-jährigen Opfers verantwortlich ist. In einer Mitteilung heißt es: „Für uns alle ist es erschreckend, wie eine Kollegin sich so verhalten kann.“
Quelle: weser-kurier (http://www.weser-kurier.de), 07.11.2012



Titel: Misstände in der Pflege: Oft verschwiegen - warum?
Beitrag von: admin am 07. November 2012, 10:21
Gewalt in der Pflege: Schweigen ist üblich, reden ist Gold

Viele, die Menschen in Pflegeheimen pflegen und versorgen, begleiten und besuchen, nehmen Missstände wahr - schweigen aber lieber darüber.  Warum?

Nichtbetroffene können das kaum verstehen: Warum zeigen Angehörige, Pflegekräfte und andere, die in Heimen ein- und ausgehen, nicht einfach die Missstände in der Pflege an? Claus Fussek, der vielzitierte Pflegekritiker der Nation, schiebt gar einen Teil der Schuld an Pflegemissständen den Angehörigen selbst in die Schuhe, weil sie wahrgenommene Gewalt und Pflegemängel nicht anzeigen. Leider lässt er dabei die besonderen Umstände und Abhängigkeiten völlig außer acht!

Wer seine Angehörigen in Heimen begleitet und so manches Negative dabei erlebt, der fragt sich, wie er damit umgehen soll. Den meisten fehlen die Beweise - und der Mut. Jedoch braucht man ohne Beweise auch keinen Mut!  

Zudem gibt es jede Menge Zweifel, die einem Betroffenen durch den Kopf gehen, wenn er von Gewalt oder Missbrauch hört. Es ist schwierig zu beurteilen: Wie glaubwürdig sind Aussagen von verwirrten, alten Menschen oder geistig behinderten und psychisch beeinträchtigten Menschen?

Hinzu kommt, dass Angehörige meist Angst davor haben, dass ihre Pflegebedürftigen darunter zu leiden haben, wenn sie negativ Erlebtes gegenüber Pflegepersonal und Heimleitung ansprechen. Oft möchten die Heimbewohner sogar selbst nicht, dass ihre Probleme thematisiert werden, weil sie erst recht Angst vor Repressalien haben. Ein weiterer Grund ist, dass Heimbewohner großes Verständnis für die Situationen der Pflegekräfte haben und sie ihre Angehörigen nicht damit  behelligen wollen. Sie erleben täglich, dass zu wenig Personal zur Verfügung steht und die Pflegekräfte unter extremen Zeitdruck ihre Arbeit nicht schaffen können. Sie verstehen, dass die Pflegekräfte oft weit über ihre Belastbarkeit hinaus die Arbeit verrichten. Sie verstehen, dass diese gestresst sind und dadurch leichter gereizt reagieren. Sie verstehen, dass Pflegekräfte, die zu Hungerlöhnen Schwerstarbeit verrichten müssen, nicht 100% motiviert sein können.

Und die Pflegekräfte selbst? Warum zeigen sie nicht einfach ihre Kollegen an? Auch sie bräuchten Beweise. Aber Gewalt in der Pflege findet in der Regel im Verborgenen statt - und ohne dass Zeugen dabei sind! Außerdem haben auch Pflegekräfte Angst! Angst vor den eigenen Kollegen, vor Mobbing und Schikane, Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes und so weiter.

Und warum melden sich Ärzte, Friseure, Fußpfleger und andere Dienstleister nicht zu Wort, wenn sie problematische Pflege wahrnehmen? Auch hier gibt es die Beweisnot - und auch Angst davor, als Dienstleister das Pflegeheim als lukrativen Kunden zu verlieren ...

Nein, eine einfache Lösung gibt es leider nicht. Die Lösung liegt eben nicht in der Schuldzuweisung, sondern in der Ermittlung der wahren Hintergründe, mehr Aufklärung und Unterstützung der Betroffenen. Fakt ist, dass der Pflegeberuf immer unattraktiver geworden ist: harte Knochenarbeit, schlechte Bezahlung, befristete Arbeitsverträge. Besonders attraktiv war der Beruf aber noch nie: für relativ wenig Lohn alte, kranke, verwirrte, inkontinente Menschen, die sich teils auch noch wehren oder aggressiv sind, im Minutentakt versorgen ... da kann eigentlich kein Mensch besondere Motivation, Liebe und Fürsorglichkeit erwarten.

Dennoch gibt es sie, die vielen Pflegekräfte, die trotz der negativen Umstände versuchen ihre Arbeit zu schaffen. Und viele von ihnen fahren jeden Tag mit Gewissensbissen nach Hause, weil sie genau wissen, dass sie eine ausreichende Versorgung der ihnen anvertrauten Menschen gar nicht schaffen können. Ihnen gilt großer Respekt dafür, dass sie es zumindest versuchen!

Welche Ursachen gibt es für die Probleme im Pflegebereich?
Einer der Gründe ist, dass das viele Geld, das im Pflegebereich kassiert wird, nicht ausschließlich dafür verwendet wird, wofür es gedacht ist und ausgehandelt wurde. Rendite- und profitorientierte Unternehmen versprechen ihren Investoren Renditen von 7 Prozent* und mehr. Hinzuzurechnen ist dem genannten Prozentwert noch der Unternehmergewinn. Reditegarantien werden für 15 Jahre und länger zugesagt, gehen dabei allerdings eindeutig zu Lasten des Pflegepersonals und der Versorgungsqualität.

Welche Lösungen könnte es geben?
Es ist nicht zielführend allein nach einem neuen "Pflegebedürftigkeitsbegriff" zu suchen. Wir brauchen auch keine teuren Imagekampagnen, wie sie von Politikern und Wirtschaftsbossen gern gefordert werden. Der Pflegefachkraftmangel kann dadurch sicher nicht behoben werden! Nein, was gebraucht wird, sind bessere Rahmenbedingungen. Dazu gehören gezielte Förderung der Berufsausbildung, ausreichende Bezahlung, Wertschätzung der Pflegekräfte, interessante Perspektiven im Beruf und nicht zuletzt eine effektive Kontrolle der vereinbarten Pflegegelder hinsichtlich ihrer Verwendung.  *Quelle: http://www.aad-fondsdiscount.de/geschlossene-fonds/immobilienfonds_deutschland/102219.html

Pflegebetroffene, Angehörige und Pflegekräfte haben Möglichkeiten, die sie stärker nutzen sollten. Heimbewohner können Beiräte zu ihrer Interessenvertretung wählen – am Besten mit externer Unterstützung. Angehörige können sich zu eigenständigen Interessenvertretungen formieren und ihre Erfahrungen mit Angehörigen anderer Heime austauschen. Für Heimbeiräte und Angehörige gibt es in Bremen beispielsweise eine unabhängige Selbsthilfe-Initiative (www.heim-mitwirkung.de), die sich jeden zweiten Samstag um 15 Uhr im Netzwerk Selbsthilfe in der Faulenstraße 31 trifft. Pflegekräfte können sich wiederum in Berufsverbänden und Gewerkschaften organisieren oder sich Initiativen wie „Pflege-steht-auf“ (http://www.facebook.com/Pflege.steht.auf) anschließen.

Gemeinsam an einem Strang ziehen, sich über Rechte und Möglichkeiten informieren und diese nutzen - und notfalls in die Öffentlichkeit gehen - könnte mehr bewegen. Beispiele von mutigen Angehörigen und Pflegekräften, die sich getraut haben, Missstände anzuzeigen oder an die Medien zu geben, zeigen Wirkung. Für ihren Mut und ihre Entschlossenheit – auch für manchmal nicht ganz legale Beweisführung – gebührt diesen Menschen größter Respekt und Dank!


Quelle: www.heim-mitwirkung.de, Info per eMail vom 05.11.2012 an den Weser-kurier



ANMERKUNG:

Die Aussage in dem WK-Artikel vom 07.11.2012 "Genügend Anlässe, dem Personal gegenüber misstrauisch zu sein, habe es jedenfalls gegeben." und "Von den Behörden sei er dabei stets allein gelassen worden."  ist in der Form von mir NICHT gemacht worden.

Richtig ist, dass ich ebenfalls oft Zweifel und Vermutungen, aber keine Beweise hatte und in manchen Situationen von der Behörde mehr Unterstützung erwartet hätte.

Informationen, die dem WK gegeben wurden:  siehe oben bzw. angehängte Dateien


Titel: „Ein riesengroßes Problem“ - Gewalt im Altenheim
Beitrag von: admin am 08. November 2012, 20:48
Bremer Fall löst eine neue Debatte aus
Von Simone Schnase

BREMEN, Hätte der Sohn einer 85 Jahre alten Bewohnerin eines Bremer Pflegezentrums nicht illegal gehandelt – die Altenpflegerin, die seine Mutter gequält hat, würde wohl noch heute hier arbeiten.

Er hatte der demenzkranken Frau lange keinen Glauben geschenkt, als sie mehrfach erzählte, sie würde im Heim geschlagen. Dann installierte er eine versteckte Kamera, und die zeichnete auf, wie die Pflegerin seine Mutter anschrie und an den Haaren zog.

Wie oft es zu gewälttätigen Übergriffen kommt, weiß niemand genau. Die Dunkelziffer ist hoch. Ein Grund dafür ist, dass gerade Demenzkranken oft zu wenig Glauben geschenkt wird: „Das ist ein riesengroßes Problem“, sagt Arnold Knigge, Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (LAG FW). „Angehörige sollten jeden noch so kleinen Hinweis ernstnehmen und das Gespräch mit der Heimleitung suchen“, sagt der ehemalige Sozial-Staatsrat. Daneben gebe es Beratungsstellen – in Bremen seien das die Demenz-Informations- und Koordinationsstelle (DIKS) und die Unabhängige Patientenberatung Bremen (UPB). „Eine versteckte Kamera kann keine Lösung sein“, so Knigge. „Da muss es andere Wege geben.“

Die kennen viele Angehörige jedoch nicht, und auch bei der LAG scheint man nicht so ganz auf dem neuesten Stand zu sein: „Wir haben mit dem Thema Pflege eigentlich gar nichts mehr zu tun“, sagt Adele Ihnen von der UPB. „Dafür sind seit 2009 die Pflegestützpunkte zuständig.“ Sigrid Hartmann arbeitet beim Bremer Stützpunkt und empfiehlt, bei einem Verdacht die Heimaufsicht, die Pflegekassen und den medizinischen Dienst der Krankenkasse zu kontaktieren: „Ich möchte aber ganz klar sagen, dass wir wirklich tolle Pflegeheime haben und dieser schreckliche Fall als Einzelfall betrachtet werden muss.“ Unter der dadurch losgetretenen Debatte würden nun alle Heime leiden.

Das sieht Heinz Küpper anders. Er arbeitet bei der „Help-Line“, einer bei der DIKS angesiedelten Telefon-Beratung für pflegende Angehörige. Obwohl ihm persönlich kein Fall von Gewalt in der Pflege bekannt ist, sei ihm bewusst, dass es sie gebe, nicht nur in Heimen. „Die Strukturen sind vergleichbar mit denen bei Kindesmisshandlungen: Da stehen sich ein mächtiger und ein ausgelieferter Mensch gegenüber. Und die ausgelieferten verraten den Täter oft nicht.“

Alle sind sich einig: Es gibt zu wenig Pflegekräfte, von denen zu viele zu schlecht qualifiziert sind. Das führe zur Überlastung und zur Überforderung – und zu gewalttätigen Übergriffen. Alle sind sich auch einig, dass das Problem vielschichtiger und eine Verstärkung der Heimaufsicht keine Lösung ist.

„Es fehlt an präventiven Maßnahmen, an besserer Kommunikation, an regelmäßigen Fortbildungen und an der Sensibilisierung in der Ausbildung“, sagt Knigge.

Küpper wünscht sich eine Stärkung der ambulanten Pflege und Fürsorge: „Heim bedeutet immer: Institution und Abhängigkeit.“

Quelle: Kreiszeitung Syke (http://www.kreiszeitung.de/nachrichten/bremen/gewalt-altenheim-bremer-fall-loest-eine-neue-debatte-ein-riesengrosses-problem-2603124.html), 08.11.2012


Titel: Angehöriger: „Ich war unglaublich wütend“
Beitrag von: admin am 09. November 2012, 00:35
Zitat von: Weser-Kurier, 08.11.2012
„Ich war unglaublich wütend“

Weil er den Verdacht hatte, dass seine demente, im Pflegezentrum Forum Ellener Hof lebende Mutter von ihrer Pflegerin misshandelt wird, entschloss sich Detlef Westphal gemeinsam mit seinem Bruder, eine Videokamera im Zimmer der 85-Jährigen zu installieren. Die Aufnahmen bestätigten den Verdacht. Die Pflegerin wurde entlassen. Nun sucht Westphal den Weg in die Öffentlichkeit. Sein Ziel: Anderen Heimbewohnern in Bremen und umzu soll erspart bleiben, was seine Mutter erleiden musste. Mit dem 57-Jährigen sprach Alexander Pitz. ...

... Haben Sie sich mit der Bremer Heimaufsicht in Verbindung gesetzt?
 Nein, wir wussten gar nicht, dass es eine solche Behörde gibt. ...

... Bei den Ermittlungen kam zutage, dass sie bereits wegen eines ähnlichen Falls im vergangenen Jahr angezeigt worden war. Doch die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren am Ende eingestellt. ...

... Ich empfehle, allen Hinweisen nachzugehen. Auch wenn jemand dement ist, sollte man ihn ernst nehmen. ... Ich befürchte, so etwas kommt öfter vor. ...
Quelle: www.weser-kurier.de, 08.11.2012


Titel: Re: Bremen: Gewalt im Pflegeheim der Hansa-Gruppe
Beitrag von: admin am 09. November 2012, 00:54
Radio Bremen-TV / buten un binnen

Sozialdeputation diskutiert Vorfall in Altenheim

Vor einer Woche hat buten un binnen gezeigt, wie eine 85-jährige Frau in einem Bremer Altenheim grob von ihrer Pflegerin angefasst wird. Seitdem ist der Vorfall Stadtgespräch. In der Sozialdeputation kam das Thema heute ganz oben auf die Tagesordnung. Die Abgeordneten der verschiedenen Parteien hatten viele Fragen und wollten Antworten. Anschließend zu Gast im Studio: Andrea Hugo, Krankenpflegerin und Unternehmerin.


Video-Quelle: http://www.youtube.com/watch?v=wqM5uHdJAWQ


Quelle: buten un binnen Magazin | RBTV (http://www.radiobremen.de/mediathek/index.html?id=78708) - 08.11.2012


Titel: Bremer Heimaufsicht: "Etwa 12 Beschwerden pro Woche"
Beitrag von: admin am 09. November 2012, 11:49
Zitat von: Weser-Kurier.de, 09.11.2012
Pflege auf dem Prüfstand

Von Frauke Fischer

Bremen. Die Bilder einer alten Dame, die von ihrer Pflegerin misshandelt wird, haben gestern die Sitzung der Deputation für Kinder, Jugend und Soziales bestimmt. Ein Einzelfall oder kein Einzelfall?

Die Frage beschäftigte Deputierte und Vertreter von Verbänden ebenso wie die Überlegungen zur Vermeidung von Gewalt in der Pflege. Sie setzen auf mehr Transparenz, bessere Ausbildung und mehr Personal in Heimen.

Martin Stöver war am Donnerstag ein gefragter Mann. Der Chef der Heimaufsicht in der Sozialbehörde stand den Mitgliedern der Sozialdeputation Rede und Antwort zu dem jüngst bekannt gewordenen Vorfall von Misshandlung einer alten Dame durch eine Pflegerin sowie zu den Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten, die seine Abteilung hat. Sein Fazit, mit dem er dem Vorwurf eines möglichen Versagens entgegentrat: "Dabei dürfen wir das Entstehen von Gewalt nicht immer auf die Strukturen schieben. Wir können nicht ausschließen, dass Menschen in dem Beruf arbeiten, die dafür nicht geeignet sind." Immerhin 18000 Pflegende gibt es in Bremen. Wird ein Fall strafrechtlich verfolgt und die Pflegekraft verurteilt, kann es ein Beschäftigungsverbot geben.

Stöver musste aber auch zugeben: Etwa zwölf Beschwerden von Angehörigen gehen pro Woche bei den sieben Mitarbeitern in seiner Abteilung ein. Dabei geht es allerdings nicht immer um Gewaltvorwürfe, sondern häufig auch um zu wenig Personal, um nicht korrekte oder missverständliche Abrechnungen sowie um mangelhafte Essensversorgung der Heiminsassen.

Reinhard Leopold, der 2006 die Selbsthilfe-Initiative Heim-Mitwirkung betroffener Angehöriger und Ehrenamtlicher gründete, gehörte gestern zu den Interessenvertretern, die als Gäste zur Deputationssitzung ins Haus der Bürgerschaft gekommen waren. Seiner Meinung und Erfahrung nach hätten viele Heiminsassen und ihre Angehörigen Angst, sich über Missstände zu beschweren, weil sie weitere Repressalien fürchteten. Um die Rechte der Betroffenen zu stärken, appellierte er an mehr Zusammenarbeit untereinander. Auch sollten Selbsthilfegruppen wie die der Heim-Mitwirkung und andere Beratungsstellen als niedrigschwellige Anlaufstellen für Angehörige bekannter gemacht werden.

Ein "Netzwerk auf vertrauensvoller Basis", das Angehörige ermutige und stärke, wünschte sich auch der Landesbehindertenbeauftragte Joachim Steinbrück. Er verwies im Zusammenhang mit dem Thema Gewalt in der Pflege auf eine Studie zur Gewalt gegen Frauen und Männer mit Behinderungen. Demnach seien besonders Frauen mit Behinderungen "einem hohen Maß an Gewalt ausgesetzt", so Steinbrück. Er regte eine Fachveranstaltung zur Gewalt in der Pflege an.

Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) hält Öffentlichkeit für ein gutes Mittel, Gewalt in der Pflege zu begegnen. Sie zeigte sich erschüttert über die Bilder aus dem Bremer Altenpflegeheim, die ein Angehöriger heimlich aufgenommen hatte, nachdem seine Mutter mehrfach geschildert hatte, dass sie von einer bestimmten Pflegerin misshandelt werde. "Gewalt in der Pflege wird nie vollständig zu verhindern sein", meinte Stahmann. Menschen in der stationären und ambulanten Pflege arbeiteten "in einem schwierigen und herausfordernden Beruf", so die Senatorin. Ein professioneller Umgang mit Konflikten, Aggressionen und Wut sei dabei wichtig.

So setzen sowohl Stahmann als auch Stöver auf Fortbildung in den Bereichen Stressbewältigung und Deeskalationsstrategien. Auch Supervision sei wichtig. "Pflegende müssen über ihre Aggressionen sprechen können", sagte Stöver. Die Arbeitsorganisation in den Heimen müsse entsprechend gestaltet werden.

In der Verurteilung des Falls und bei der Unterstützung möglicher Maßnahmen gegen Gewalt in der Pflege waren sich die Deputierten der verschiedenen Parteien einig. Klaus Möhle, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion und Sprecher der Deputation, warnte in der lebhaften Aussprache davor, die Verantwortung wegzuschieben. "Wenn alle alles richtig gemacht hätten, hätten wir diesen Fall nicht", sagte er. Das Ziel müsse die Verhinderung künftiger Gewalt-Fälle sein. "Wir müssen die Beschwerden von Angehörigen ernster nehmen", verlangte er von allen, die sich mit dem Thema auch weiterhin beschäftigen.

Dass Strukturveränderungen, mehr Qualität und Personal in Heimen auch mehr Geld kosten, führte Peter Erlanson, Abgeordneter der Linken, ins Feld. "Wir müssen uns die Frage stellen: Was sind uns Altern in Würde und Gesundheit wert?"

"Wir dürfen keine Dämonisierung von Pflegekräften vornehmen", warnte Claas Rohmeyer, sozialpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Er forderte "eine Versachlichung der Debatte". Und er betonte die Verantwortung von Heimleitungen. "Sie müssen sich sofort alarmiert fühlen, wenn Vorwürfe von Gewalt von Angehörigen kommen", sagte Rohmeyer. Das Verantwortungsgefühl müsse gelebt werden. Dabei stellte der CDU-Politiker auch die Rolle der Pflegekassen heraus. Auch dürften alte Menschen ohne Angehörige vor Ort nicht schutzlos sein. "Wir können den Faktor Mensch im System nicht ausklammern, aber wir können Übergriffsmöglichkeiten minimieren", betonte er.

"Wo Öffentlichkeit ist, ist das Risiko geringer, dass sich solche Fälle wiederholen", äußerte sich Dirk Schmidtmann von den Grünen ähnlich wie die Sozialsenatorin. Er verwies in dem Zusammenhang auch auf die Schwierigkeiten des Pflegeberufs, der anstrengend, schlecht bezahlt und gesellschaftlich wenig anerkannt sei.

Eine Lanze für die Pflegenden brach Martina kleine Bornhorst vom Caritasverband: "Misstrauen darf nicht Grundlage unseres Handelns sein", betonte sie. Die Suche nach Ursachen für Gewalt sei enorm wichtig, die "Gespräche auf Augenhöhe" auch. Aber: "Durch mehr Kontrolle gibt es nicht mehr Qualität." Vielmehr müssten Qualitätsmaßnahmen wie Supervisionen auch refinanziert werden.
Quelle: www.weser-kurier.de, 09.11.2012


Titel: Re: Bremen: Gewalt im Pflegeheim der Hansa-Gruppe
Beitrag von: admin am 09. November 2012, 23:41
Gewalt in der Pflege – Sozialsenatorin zeigt sich erschüttert über Video-Bilder

08.11.2012, Erschüttert reagierte Anja Stahmann, Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen, auf Video-Aufnahmen, die ein Angehöriger heimlich in einem Bremer Altenpflegeheim aufgenommen hat: „Die Bilder dokumentieren einen extrem rohen und würdelosen Umgang mit einem pflegebedürftigen Menschen“, sagte sie. „Eine solche Behandlung Schutzbedürftiger ist durch nichts zu rechtfertigen.“ Die Pflege sei einer der Lebensbereiche, in denen die Menschen am stärksten ausgeliefert seien. „Entsprechend hoch müssen die Standards in der pflegerischen Arbeit sowie die Sensibilität im Umgang mit den Pflegebedürftigen und ihren Gefühlen sein.“

Die Senatorin hatte sich unmittelbar nach ihrer Rückkehr aus dem Herbsturlaub den Vorfall von Vertretern der Wohn- und Betreuungsaufsicht („Heimaufsicht“) schildern lassen und sie gebeten, die Möglichkeiten und Grenzen ihrer Arbeit in der Deputation am heutigen Donnerstag (8. November 2012) darzustellen. „Gewalt in der Pflege wird nie vollständig zu verhindern sein“, sagte Anja Stahmann. Menschen in der ambulanten und stationären Pflege arbeiteten teils unter sehr belastenden Bedingungen in einem schwierigen und herausfordernden Beruf. Dabei seien zwischenmenschliche Spannungen – auch im Verhältnis zu den pflegebedürftigen Menschen – eine unvermeidbare Begleiterscheinung. „Worauf es ankommt, ist ein professioneller Umgang mit solchen Konflikten, mit Wut, Aggression und Hilflosigkeit, die auf beiden Seiten auftreten können“, sagte Anja Stahmann weiter. Wichtig sei auch eine Arbeitsatmosphäre, in der es zulässig ist, offen über solche Probleme zu reden und gemeinsam nach Abhilfe zu suchen.

Die Senatorin warnte gleichzeitig davor, diesen Fall zu verallgemeinern: „Wir alle wissen, dass in den Pflegeberufen mit viel Hingabe und großer Aufopferungsbereitschaft gearbeitet wird, die großen Respekt verdient.“ Dabei gingen viele Pflegekräfte weit über das hinaus, was man von ihnen erwarten kann. „Diesen Beschäftigten dürfen wir nun nicht mit allgemeinem Misstrauen begegnen.“

Gleichwohl zeige der Fall, wie wichtig eine „Kultur des Hinschauens“ sei. Angehörigen von Pflegebedürftigen rät die Senatorin, sich bei Zweifeln frühzeitig an die Heimleitung und in einem zweiten Schritt auch an die Heimaufsicht zu wenden. Die Heimaufsicht geht allen Beschwerden unverzüglich nach und drängt auf Abhilfe. Das kann bis hin zur Entlassung einzelner Pflegekräfte führen und nach einer Verurteilung auch zum Entzug der staatlichen Anerkennung. Die Heimaufsicht kann – im Extremfall –auch Einrichtungen schließen. Auf die Existenz der Heimaufsicht nebst Kontaktdaten werde in allen Verträgen der Pflegebedürftigen mit den Trägern ausdrücklich hingewiesen.

Die Senatorin ermunterte Angehörige, die Heimaufsicht früher über einen bestehenden Verdacht zu informieren: „Es müssen nicht erst Beweise vorgelegt werden“, betonte Anja Stahmann, „es genügt, wenn Angehörige ein ungutes Gefühl haben und der Auffassung sind, dass sie in Gesprächen mit der Heimleitung nicht weiterkommen.“ Der Besuch bei der Heimaufsicht sei das gute Recht jedes Angehörigen, niemand müsse deshalb Nachteile für den pflegebedürftigen Menschen im Heim fürchten. Während die Heimaufsicht Betreuungsaufsicht in stationären Pflegeeinrichtungen berät und prüft, sind die Pflegekassen und der Medizinische Dienst der Krankenkassen Ansprechpartner für den Bereich der häuslichen Pflege.

Nach dem neuen Bremischen Wohn- und Betreuungsgesetz müssen Straftaten und andere Vorkommnisse, bei denen Bewohnerinnen und Bewohner zu Schaden kommen, der Heimaufsicht angezeigt werden. Diese hat in vielen Fällen frühzeitiger als sonst von entsprechenden Vorkommnissen erfahren und konnte entsprechend frühzeitiger in die Aufklärung und Beratung eintreten. Der Entwurf für eine neue Heimpersonalverordnung sieht zudem erweiterte Pflichten zur Vorlage eines Führungszeugnisses vor. Es soll künftig von allen Pflegekräften vorgelegt werden. Bislang wird es nur von Leitungskräften verlangt.

Quelle: http://www.senatspressestelle.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen146.c.57658.de


Titel: Altenpfleger: "Die meisten Guten bleiben nicht lange"
Beitrag von: admin am 10. November 2012, 00:36

Interview zu Gewalt in der Pflege

Die meisten Guten bleiben nicht lange

In einem Bremer Seniorenheim ist eine demente Bewohnerin misshandelt worden. Ihre Pflegerin wurde daraufhin entlassen, hat aber schon wieder einen neuen Job in einem anderen Pflegeheim. In unserem Online-Interview schildert ein 47-jähriger Altenpfleger anonym seinen beruflichen Alltag. Er sagt: Aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen bleiben die guten Pflegekräfte nicht lange. Die Heime müssen jeden nehmen, den sie bekommen können.

Pfleger mit einer Patientin [Quelle: Radio Bremen]

Oft müssen die Patienten lange auf Betreung warten, weil die Pfleger total überlastet sind, moniert unser Interviewpartner.

Radio Bremen: Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrem Arbeitsalltag mit Gewalt in der Pflege gemacht - bekommt man das überhaupt mit, wenn das bei Kollegen passiert?

Altenpfleger: Persönlich habe ich noch keinen Fall gesehen, wo das jemandem angetan wurde.

Eine Pflegerin reißt eine ältere Frau an den Haaren [Quelle: Westphal]
Quelle: Westphal
zoom

Diese Szene hat der Sohn der alten Dame heimlich gefilmt: Die Pflegerin reißt den Kopf der Frau an den Haaren hin und her.

Im Gegenteil: Unter dem Pflegepersonal gibt es wirklich gute Leute! Die sind sehr engagiert und bemüht und geben alles. Aber es ist sehr schade, dass die meisten Guten nicht lange bleiben. Sie gehen weg, machen andere Jobs. Denn sie kommen mit anderen Vorstellungen in den Beruf, wollen Gutes tun, sind dann aber konfrontiert mit schlechter Bezahlung und extrem schweren Bedingungen. Deswegen suchen sie sich neue Jobs.

Ob ein pflegebedürftiger Mensch misshandelt wurde, kann man aber ganz gut erkennen. Man sieht die blauen Flecken. Alte Menschen bekommen zwar sehr schnell Flecken, aber es lässt sich relativ gut unterscheiden, wo die herkommen - ob durch Misshandlungen oder Fehler in der Pflege.

Wie oft kommt das vor?

Wie gesagt, ich selbst habe es noch nie erlebt. Wenn mir jemals Misshandlung in der Pflege auffallen würde, würde ich die Person sofort anzeigen! Problematischer finde ich die Vernachlässigung in der Pflege: Die Patienten müssen manchmal lange warten, bis das Pflegepersonal Zeit hat, wieder im Zimmer vorbei zu schauen und zu kontrollieren. Dann liegen die Menschen häufig in ihren Exkrementen und warten, bis jemand kommt.

Warum entwickeln Pflegekräfte Aggressionen gegenüber ihren Patienten? Kennen Sie das auch - dass man irgendwann wütend wird?

Demente Patienten sind wirklich schwierige Fälle - sie können jeden Menschen aus der Fassung bringen.

Vor allem, wenn man unter Druck arbeitet, ihnen zum Beispiel Essen gibt und sie alles wieder ausspucken. Schluck-Störungen sind extrem häufig bei alten und dementen Personen. Das ist gefährlich, denn dann geht das Essen in die Lunge. Deshalb braucht man hier extrem viel Zeit und man muss wissen, was man tut, wie der Körper funktioniert, wie man die Patienten halten und drehen muss.


Das kann schon mal eine Stunde dauern. Diese große Verantwortung und der extreme Druck, das kann einem mürbe machen.

Hat man Sie in der Ausbildung darauf vorbereitet, dass Sie mit solchen Situationen konfrontiert werden?

Ich hatte großes Glück: Ich habe viele Profi-Pfleger getroffen, zum Beispiel eine Lehrerin aus Russland, die schon zwanzig Jahre in der Pflegeschule gelehrt hatte. Außerdem habe ich mit vielen wirklich talentierten Leute zusammengearbeitet -  aber wie gesagt: Viele gehen weg. Andere Kollegen haben in ihrer Ausbildung nicht so viel Glück gehabt.

Insgesamt stört mich an der Ausbildung, dass zu viel Theorie gelehrt wird; Fächer wie "Beschäftigungstherapie" oder "lernen zu lernen", aber viel zu wenig Anatomie, Physiologie und Krankheits- und Arzneimittellehre. Das wird meiner Meinung nach vernachlässigt. Denn im Gegensatz zu Krankenschwestern haben wir nicht immer einen Arzt in der Nähe, der beurteilen kann, wie schlecht es den alten Leuten wirklich geht.

Warum wollen so wenige Leute in der Altenpflege arbeiten?

Der Status des Pflegepersonals ist schlecht, der Berufsstand wird nicht hoch geschätzt, die Menschen verdienen zu wenig. Im Prinzip müssten aber Altenpfleger in der Hierarchie die gleiche Stellung haben wie Krankenschwestern aus der Intensivpflege oder der Palliativmedizin.

Eine Broschüre zum Thema Gewalt in der Pflege [Quelle: Radio Bremen] zoom

Das Thema Gewalt ist auch den Pflegeeinrichtungen bekannt. Sie versuchen aufzuklären.

In unserem Bereich arbeiten hauptsächlich Frauen, sehr häufig alleinerziehende Mütter. Die arbeiten Vollzeit, können aber davon nicht leben. Die Arbeitsbedingungen sind schlecht, wir haben viel zu viele Patienten und zu wenig Zeit. Ich sage immer: Wenn Krankenschwestern diesen Job machen müssten, würden sie nach einem Monat in die Knie gehen. Die Belastungen sind extrem: körperlich, aber auch psychisch.

Trotzdem muss man aber sagen, dass es viele sehr gute Menschen im Pflegebereich gibt und wir sollten alles daransetzen, um sie zu behalten, damit sie nicht auch noch abwandern.

Wieviele Kollegen mehr bräuchten Sie, um vernünftig arbeiten zu können?

Mindestens 25 Prozent mehr Leute, ab sofort. Das Krankheitsbild der Pflegebedürftigen verschlechtert sich immer mehr. Vor 20 Jahren waren die Patienten in Altenheimen noch mobiler, man konnte mit ihnen herumlaufen, spazieren gehen, sie waren insgesamt selbständiger.

Heute geht man nur ins Pflegeheim, wenn es wirklich gar nicht mehr anders geht. Deshalb sind die alten Leute heute öfter schwer krank als früher, ein großer Teil ist komplett bettlägerig. Man kann sich kaum vorstellen, in welchem Zustand sich diese Leute manchmal befinden, die brauchen eigentlich eine 24-Stunden-Betreuung. Das macht mehr Arbeit, während aber das Personal abgebaut wird.

In dem Fall, über den "buten un binnen" berichtet hat, wurde die gewalttätige Pflegekraft sofort wieder von einem anderen Arbeitgeber eingestellt - offenbar weil es so schwer ist, Fachkräfte zu finden: Sind die Pflegeheime wirklich so verzweifelt?

Es ist so! Die Pflegeheime haben keine andere Wahl, sie nehmen fast jeden, den sie bekommen können! Es herrscht absoluter Notstand überall. Examinierte Pflegerinnen - und vor allem männliche Pfleger - sind Mangelware.

Im Ausland nach Pflegekräften zu suchen, halte ich für Unsinn. Es gibt genügend Menschen in Deutschland, die nach Arbeit suchen. Würden die Konditionen stimmen, gäbe es auch den Mangel nicht. Die Sprachschwierigkeiten ausländischer Pfleger erzeugen eine große Hürde. Bis jemand kompetent in einer völlig fremden Sprache leben und arbeiten kann, vergehen doch Jahre. Und auch die kulturellen Unterschiede können vielfältige Probleme verursachen.

Wie kann man die Situation verbessern?

Wir brauchen mehr Anerkennung, bessere Löhne, adäquatere Ausbildung, bessere personelle Ausstattung der Pflegeheime, anständige Arbeitsbedingungen. Ich kenne Fälle, da arbeiten Kolleginnen 10 Tage durch. Aber man braucht nach einer Woche mindestens einen Tag Pause.

Eine Altenpflegerin am Bett einer Pflegebedürftigen [Quelle: Radio Bremen] zoom

Die Krankenpflege braucht mehr examinierstes Fachpersonal.

Wir brauchen mehr examinierte und gut ausgebildete Kollegen. Die intensive Betreuung benötigt sehr viel Personal. Wir arbeiten unter enormem Stress, aber wer schnell arbeitet, läuft Gefahr mehr Fehler zu machen. Falsche Bewegungen können bei älteren Leuten zum Beispiel irreparable Verletzungen an den Gelenken verursachen. "Schnell, schnell" funktioniert hier einfach nicht.

Warum machen Sie diesen Job unter diesen Bedingungen noch?

Das frage ich mich machmal auch. Aber ich mache es mit Herz. Ich möchte den Menschen helfen, arbeite oft länger, ohne dafür mehr bezahlt zu bekommen. Außerdem habe ich als ausgebildeter männlicher Pfleger gute Chancen auf einen sicheren Job, obwohl ich einen Migrationshintergrund habe.

Quelle: http://www.radiobremen.de/politik/themen/gewalt-pflege100.html


Titel: Re: Bremen: Gewalt im Pflegeheim der Hansa-Gruppe
Beitrag von: admin am 10. November 2012, 15:52
Zitat von: Weser-Kurier, 10.11.2012
Heimpersonal warnt vor pauschaler Kritik

Bremen (fis). Im Fall der von einer Pflegekraft misshandelten Frau haben nun die Mitarbeiter des betroffenen Heims „Forum Ellener Hof“ reagiert. Die Beschäftigten verwahren sich in einem Brief gegen eine pauschale Verurteilung der Heimmitarbeiter. „Es kann und darf nicht sein, dass alle über einen Kamm geschoren werden“, heißt es in ihrer Stellungnahme. Die „gute und professionelle Arbeit“, die von vielen im Heim geleistet werde, dürfe durch den Fall nicht in Misskredit geraten. Man sei indes froh, dass durch die Videoaufnahmen die Misshandlung öffentlich wurde, auch wenn „das Mittel der Videoaufnahme nicht gerade der richtige Weg gewesen“ sei. Die Beschäftigten verurteilen das Vorgehen ihrer Ex-Kollegin, die nach Bekanntwerden des Vorfalls sofort entlassen worden war. „Es gibt nach unserer Ansicht keine Rechtfertigung oder Erklärung für ein solches Verhalten“, so die Mitarbeiter.

Zitat von: Weser-Kurier, 10.11.2012
Was tun gegen Gewalt in der Pflege?

VON MATTHIAS SANDER

Bremen. Der aktuelle Fall von Gewalt einer Pflegerin gegen eine pflegebedürftige Frau war gestern Thema in der Seniorenvertretung. Der Vorstandsvorsitzende der Bremer Heimstiftung, Alexander Künzel, forderte neue Kriterien zur Kontrolle und Bewertung von Pflegeheimen.„Wie sieht die Prävention gegen Gewalt aus? Wie deeskalieren Pflegekräfte in brenzligen Situationen?“ – diese Fragen müsse die Heimaufsicht stellen, so Künzel. Gute Heimträger gäben derartige Auskünfte bereits freiwillig, „aus Fürsorge für die Mitarbeiter“. Bei privaten, profitorientierten Trägern sei das nicht immer so.

Gewalt in der Pflege verhindere man am besten mit einer kommunikativen Personalführung, sagte Künzel. „Wenn der Stil autoritär ist, wenn die Mitarbeiter einen Maulkorb bekommen, dann ist Gewalt eher möglich.“ Pflegekräfte müssten Missstände ohne Nennung ihres Namens melden können.

Künzel berichtete von einer starken Zunahme der Fälle, in denen sich Mitarbeiter der Heimstiftung wegen psychischer Probleme und Burnouts an die interne Sozialberatung wenden. Der Druck auf die Pflegekräfte werde weiter zunehmen. „Wir müssen sparen. Wir werden weder höhere Pflegesätze noch mehr Personal bekommen“, sagte Künzel. Vielmehr werde es in Zukunft weniger Pflegekräfte für mehr Pflegebedürftige geben, auch weil zu wenige Pfleger vorhanden seien.

Klaus Krancke, Leiter des Referats für ältere Menschen in der Sozialbehörde, sagte, der aktuelle Fall von Gewalt gegen eine Heimbewohnerin wäre nicht mit mehr Personal oder mehr Kontrollen verhinderbar gewesen. Er forderte ein „Klima der Offenheit gegenüber Themen wie der Arbeitsbelastung von Pflegern“. Zudem müssten in den Heimen extern lebende Menschen, etwa Nachbarn und Ehrenamtliche, „ein- und ausgehen, um Schlimmes hinter verschlossenen Türen zu verhindern“.

Margot Schulz, Mitglied der Seniorenvertretung und Ehrenamtliche in mehreren Heimen, erklärte hingegen: „Wir sind nicht in allen Heimen gerne gesehen. Da heißt es: ,Die kommen wieder schnüffeln’.“ Ein weiteres Mitglied der Seniorenvertretung, Reinhard Werner, sagte, dass es nicht immer die für Kritik nötige offene Gesprächskultur gebe: „Viele Pflegebedürftige und auch Angehörige fürchten eine schlechtere Behandlung, wenn sie etwas kritisieren.“ Einig schien sich die Seniorenvertretung jedoch darin, dass die allermeisten Pflegekräfte gewissenhaft arbeiteten.
Quelle: www.weser-kurier.de, 10.11.2012


Titel: Gewalt im Pflegeheim - Einzelfälle?
Beitrag von: admin am 14. November 2012, 23:39
Zitat von: Deutschlandfunk
Gewalt im Pflegeheim - Einzelfall oder an der Tagesordnung? (http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2012/11/14/dlf_20121114_0518_ee21c85d.mp3)

Sendezeit: 14.11.2012 05:18
Autor: Selzer, Christina
Programm: Deutschlandfunk
Sendung: Informationen am Morgen
Länge: 03:31 Minuten [>>] (http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2012/11/14/dlf_20121114_0518_ee21c85d.mp3)

Zitat von: Deutschlandfunk
Interview mit Rolf Hirsch, Vors. Krisenberatungsstelle Handeln statt Misshandel (http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2012/11/14/dlf_20121114_0815_dcbb7bcf.mp3)

Sendezeit: 14.11.2012 08:15
Autor: Barenberg, Jasper
Programm: Deutschlandfunk
Sendung: Informationen am Morgen
Länge: 07:11 Minuten [>>] (http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2012/11/14/dlf_20121114_0815_dcbb7bcf.mp3)

Text zum Beitrag:
"Ich möchte, dass der alte Mensch vor Ort in Würde behandelt und gepflegt wird" (http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1921396/)

Zitat von: Deutschlandfunk
Ein erschütterndes Beispiel aus Bremen - Gewalt in Pflegeheim (http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2012/11/14/dlf_20121114_1423_af531ef2.mp3)

Sendezeit: 14.11.2012 14:23
Autor: Selzer, Christina
Programm: Deutschlandfunk
Sendung: Deutschland heute
Länge: 04:37 Minuten [>>] (http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2012/11/14/dlf_20121114_1423_af531ef2.mp3)
Quelle: http://www.dradio.de/dlf/



ZDF - Volle-Kanne Top-Thema  |  14.11.2012 - 9:05 Uhr

Pflegenotstand im Altenheim
Trotz Missständen eine gute Einrichtung finden


Gestresste Pfleger, mangelhafte Therapien, kaltes Essen: Kaum ein Pflegebedürftiger weiß wirklich, was ihn im Pflegeheim erwartet. Wenn Senioren nicht mehr allein in ihrer Wohnung leben können, ist das Pflegeheim oft der letzte Ausweg. Für die Angehörigen ist die Suche nach einer passenden Einrichtung nicht leicht. Schließlich sind Nachrichten über Missstände an der Tagesordnung. ...

[vollen Beitrag lesen >>] (http://www.zdf.de/ZDF/zdfportal/web/ZDF.de/Volle-Kanne/2942414/6871444/54cd90/Pflegenotstand-im-Altenheim.html)

[Video ansehen:  Missstände im Altenheim >>] (http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1774494/Missstaende-im-Altenheim#/beitrag/video/1774494/Missstaende-im-Altenheim)

Quelle: http://www.zdf.de/ZDF/zdfportal/web/ZDF.de/Volle-Kanne/ (http://www.zdf.de/ZDF/zdfportal/web/ZDF.de/Volle-Kanne/2942414/6871444/54cd90/Pflegenotstand-im-Altenheim.html)




ZDF - drehscheibe Deutschland | 14.11.2012 - 12:10 - 13:00 Uhr

u.a.
Empörtes Bremen
Gewalt im Altenpflegeheim


[TV-Beitrag ansehen (Minuten 36:55 - 40:10) >>] (http://www.zdf.de/ZDFmediathek/kanaluebersicht/aktuellste/428#/beitrag/video/1774424/drehscheibe-am-14-November-2012)

Quelle: http://drehscheibe.zdf.de/ZDF/zdfportal (http://drehscheibe.zdf.de/ZDF/zdfportal/programdata/7b45c7be-9018-31b1-9d67-4d1a58c63f27/20068545?doDispatch=1)



ZDF - heute-journal | 14.11.2012 - 23:05 - 23:32 Uhr

u.a.
Schläge statt Betreuung
Gewalt im Pflegeheim


[TV-Beitrag ansehen >>] (http://www.heute.de/ZDF/zdfportal/web/heute-Nachrichten/4672/25255240/4177e3/Demenzkranke-Mutter-im-Heim-misshandelt.html)

Quelle: http://www.heute.de/ZDF/zdfportal/web/heute-Nachrichten/4672/25255240/4177e3/Demenzkranke-Mutter-im-Heim-misshandelt.html


Titel: Staatsanwalt geht von Verwertbarkeit der Videoaufnahmen aus
Beitrag von: admin am 16. November 2012, 13:10
Radio Bremen-TV / buten un binnen

Anklage gegen Altenpflegerin

Die Staatsanwaltschaft Bremen hat eine Altenpflegerin wegen Misshandlung angeklagt. Der Fall kam ans Licht, weil der Sohn des Opfers mit versteckter Kamera die Übergriffe gefilmt hatte. Der Sohn war es auch, der Anzeige erstattet hatte. Die Pflegerin hat die Taten mittlerweile eingeräumt.

Autor(in):        Sebastian Manz
Länge:            2:01
Datum:           Donnerstag, 15. November 2012
Sendereihe:     buten un binnen Magazin | RB TV
Stichwörter:    Versteckte Kamera, Altenheim, Übergriff, Misshandlung, Frank Passade, Staatsanwaltschaft, Amtsgericht Bremen, Pflegerin
Permalink:       http://www.radiobremen.de/mediathek/index.html?id=79107

Quelle: buten un binnen Magazin | RBTV (http://www.radiobremen.de/mediathek/index.html?id=079107) - 15.11.2012



„Wertewandel ist nötig“
Stefan Görres im ZDF-Interview


Für den Umgang mit älteren Menschen sind ein geändertes Bewusstsein und ein Wertewandel in der Gesellschaft nötig, erklärte Prof. Dr. Stefan Görres, Direktor des Instituts für Public Health und Pflegeforschung (IPP) der Uni Bremen in einem ZDF-Interview. Anlass für das Gespräch, das am 14.11.2012 im ZDF heute journal (http://www.heute.de/ZDF/zdfportal/web/heute-Nachrichten/4672/25255240/4177e3/Demenzkranke-Mutter-im-Heim-misshandelt.html?tabNo=0) ausgestrahlt wurde, war ein kürzlich bekannt gewordener Vorfall in einem Bremer Pflegeheim, durch den das Thema Gewalt in der Pflege in das öffentliche Bewusstsein gerückt ist.

Sehen Sie den ZDF-Beitrag „Gewalt im Pflegeheim“ im ZDF heute journal vom 14.11.2012 um 23:04 Uhr in der ZDF-Mediathek unter:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1774992/ZDF-heute-journal-14-November-2012

Sehen Sie das Interview mit Prof. Dr. Stefan Görres unter:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1775038/Stefan-Görres:-Wertewandel-ist-nötig

Quelle: http://www.ipp.uni-bremen.de/pages/abteilung3/aktuell.php?abtId=3


Titel: Rechtsanwalt: „Die Video-Aufnahmen sind nicht illegal.“
Beitrag von: admin am 16. November 2012, 13:18
Zitat von: Weser-Kurier, 16.11.2012
Anklage gegen Pflegerin

Gegen eine Mitarbeiterin des Pflegezentrums Forum Ellener Hof hat die Staatsanwaltschaft jetzt Anklage erhoben. Ihr wird die Misshandlung einer 85-jährigen Patientin vorgeworfen. Der Sohn der an Demenz leidenden Frau hatte die Übergriffe heimlich mit einer Kamera dokumentiert. Das Video wird voraussichtlich das Hauptbeweismittel in dem Verfahren sein – trotz des Vorwurfs, es sei illegal entstanden. Der Anwalt des Sohnes sieht seinen Mandanten im Recht.

VON SÖNKE MÖHL UND HELGE DICKAU

Bremen. Der Fall einer 85 Jahre alten Frau, die im Pflegezentrum Forum Ellener Hof misshandelt worden ist, geht jetzt vor Gericht. Gegen die beschuldigte Pflegerin ist jetzt Anklage erhoben worden, der Vorwurf lautet: Misshandlung von Schutzbefohlenen. Einen Verhandlungstermin hat das Amtsgericht Bremen noch nicht festgelegt. „Die Anklage ist am 10. November erhoben und der Angeklagten dann zugestellt worden“, sagt Claudia Kück, Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Wie berichtet, war der Fall ans Licht gekommen, nachdem Detlef Westphal, der Sohn der an Demenz leidenden Frau, eine Kamera in deren Zimmer im Altenheim installiert hatte. Zuvor hatte seine Mutter sich wiederholt darüber beklagt, dass eine Pflegerin sie schlage und misshandle. Die Kamera-Aufnahmen zeigen, wie die Frau von ihrer Pflegerin gestoßen und an den Haaren gezogen wird. Der Vorfall hat sich nach Angaben des Heimbetreibers, der Hansa-Gruppe mit Sitz in Oldenburg, bereits im Juni ereignet. Nachdem die Heimleitung mit den Bildern konfrontiert wurde, entließ sie die Pflegerin sofort.

Die Krux an der Sache: Die Videoaufnahmen sind heimlich entstanden. Das sei zwar im Grunde nicht erlaubt, aber auch nicht illegal, betont Hanno von Freyhold, der Anwalt Westphals. Denn in diesem Fall habe ein begründeter Verdacht bestanden, der die Aufnahmen rechtfertige. Zudem müssten Rechtsgüter abgewogen werden: Der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Pflegerin mittels des Videos gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit der Patientin. „Letzteres wiegt schwerer“, sagt der Anwalt.

„Wir sind uns der Problematik bewusst“, sagt Claudia Kück von der Staatsanwaltschaft. „Es ist zu diskutieren, ob das Video zu verwerten ist.“ Die Staatsanwaltschaft sei aber der Meinung, dass es „nicht vollkommen unverwertbar“ sei und verweist ebenfalls auf die Rechtsgüterabwägung. Zudem gebe es noch ein weiteres Beweismittel, sagt Kück. Worum es sich dabei handelt, könne sie aber vor der Verhandlung nicht preisgeben. In Paragraf 225 des Strafgesetzbuches ist festgelegt, dass die Misshandlung von Schutzbefohlenen mit einer Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren geahndet wird.

Der aktuelle Fall ist laut Kück der erste in Bremen, in dem Gewalt in der Pflege mit Videoaufnahmen belegt wird. Verfahren zu Gewalt in der Pflege gab es allerdings immer wieder. Auch die Pflegerin, gegen die jetzt Anklage erhoben wird, sei schon vorher einmal von einer anderen Patientin angezeigt worden, sagt Hanno von Freyhold. Dieses Verfahren, in dem Aussage gegen Aussage stand, sei aber eingestellt worden. Diesmal wiegt die Beweislast schwerer. „Der Knackpunkt in diesem Verfahren wird wohl die Schuldzumessung werden“, vermutet der Anwalt. „Die Pflegerin wird sich wahrscheinlich auf Überlastung oder Ähnliches berufen.“

Der Heimaufsicht in Bremen würden jedes Jahr etwa 500 Meldungen gemacht, sagte der Sprecher des Sozialressorts, Bernd Schneider. Bei einem geringen Teil gehe es um Gewalt. Er geht jedoch von weit mehr Fällen aus, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen. In Bremen gibt es 100 Altenpflegeheime mit 7800 Plätzen. Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) hatte erschüttert auf den Fall reagiert. Die Bilder dokumentierten einen extrem rohen und würdelosen Umgang mit einem pflegebedürftigen Menschen. „Eine solche Behandlung Schutzbedürftiger ist durch nichts zu rechtfertigen“, sagte sie den Mitgliedern der Sozialdeputation.

Die Hansa-Gruppe startete inzwischen mit der Entwicklung des Projekts „Halt vor Gewalt“ und reagiert damit auf den Vorfall in ihrer Einrichtung. Ähnliche Projekte anderer Betreiber hätten gute Ergebnisse gezeigt, sagte die Sprecherin des Unternehmens, Sigrid Laffin-Hommes. Was an konkreten Maßnahmen dahinter steckt, wollte sie gestern nicht sagen und verwies auf eine geplante Pressekonferenz in der kommenden Woche, bei der alle Fragen zu dem aktuellen Fall und zum Projekt „Halt vor Gewalt“ beantwortet würden. Bislang hat es laut Laffin-Hommes bei der Hansa-Gruppe noch keine Projekte dieser Art gegeben. Für die Hansa-Gruppe sei der respektvolle und würdevolle Umgang mit den hilfebedürftigen Menschen ein Leitmotiv. „Sollte es dennoch einmal zum Fehlverhalten eines Mitarbeiters kommen, wird diesem mit den Mitteln des Arbeitsrechts konsequent entgegengetreten“, so das Unternehmen.
Quelle: www.weser-kurier.de, 16.11.2012


Titel: Re: Bremen: Gewalt im Pflegeheim der Hansa-Gruppe
Beitrag von: admin am 16. November 2012, 13:38
Siehe dazu auch:

Lkr. Lüneburg/Hildesheim:
Sozialhilfeempfänger sollen in Billigheime[>>] (http://www.heimmitwirkung.de/smf/index.php?topic=1279.0)


Titel: Re: Bremen: Gewalt im Pflegeheim der Hansa-Gruppe
Beitrag von: Humanist am 16. November 2012, 22:30
Nicht nur Gewalt ist ein Problem in den Heimen: Eine Studie des Zentrums für Sozialpolitik der Universität Bremen vom März dieses Jahres hat ergeben, dass zahlreiche Demenzkranke unnötig mit Psychopharmaka ruhiggestellt werden. Der Bremer Sozialforscher Gerd Glaeske hat herausgefunden, dass in Deutschland knapp 240000 Menschen in Heimen oder in ambulanter Pflege mit Medikamenten behandelt würden, um Kosten zu sparen. Dies sind zwei von drei Betreuten. Die Psychopharmaka würden nicht verschrieben, um Leiden der Patienten zu lindern, sondern um Personalkosten zu sparen, kritisiert Glaeske.

Warum wird es bei all den Berichten über Gewalt und Missstände in der Pflege - aber auch im Krankenhaus, wenn man an das Fehlen Hygienebeauftragter denkt - nie öffentlich skandalisiert, dass dieses reiche Land hier auf dem Rücken kranker und alter Menschen spart? Es fehlt Personal in Altenheimen, in Krankenhäusern und übrigens auch in anderen wichtigen öffentlichen Bereichen, etwa an Schulen.

Dagegen kassieren die Banken Milliarden von dubiosen "Rettungsschirmen", ohne dass im Gegenzug eine öffentliche Kontrolle der Geschäftspolitik dieser Banken stattfindet.

Der Reichtum, der sich auf der einen Seite übermäßig anhäuft und die sozialen Kürzungen auf der anderen Seite - irreführender Weise auch noch als "Reformen" bezeichnet! - gehören untrennbar zusammen.

In diesem Land - und nicht nur in diesem Land - werden die falschen Prioritäten gesetzt. Während die großen Banken und Konzerne aus Sicht der herrschenden Politik wichtig sind, ist das Wohlbefinden der Menschen offenbar nachrangig und nicht so wichtig.

Es wird Zeit, dass man so eine Politik stoppt. Da dies durch Wahlen wohl nicht möglich ist, sollte es politische Gegenwehr außerhalb des Parlamentes geben. Wie das aussehen könnte, wäre zu diskutieren.

Gut war schon mal die Solidaritätskundgebung am 14. November in vielen deutschen Städten für die Generalstreiks in Südeuropa. So muss es weitergehen!


Titel: "Gewaltfreie Pflege kostet extra"
Beitrag von: admin am 20. November 2012, 15:57
(http://www.heimmitwirkung.de/mkportal/images/Cartoon_gewaltfreie Pflege kostet extra_Til-Mette_wk-121118_web.jpg)
Copyright/Quelle: Til Mette - Mit herzlichem Dank für die freundliche Genehmigung!


Titel: Re: Bremen: Gewalt im Pflegeheim der Hansa-Gruppe
Beitrag von: admin am 20. November 2012, 16:18
Zitat von: Weser-Kurier, 17.11.2012
Arbeiten mit schlechtem Gewissen

Eine Altenpflegerin hat eine Heimbewohnerin misshandelt – seitdem wird viel über strukturelle Probleme in der Pflege diskutiert. Tatsächlich reiche es wegen Personalnot nur zum Nötigsten, zur „Satt- und Sauber-Pflege“, sagt ein Pfleger. Hier berichtet er aus seinem Arbeitsalltag.

VON MATTHIAS SANDER

Bremen. Rolf Schwarz* ist Pfleger in einem Bremer Altenheim. Er liebt seinen Beruf. So sehr, dass er gerne Dienst nach Vorschrift machen würde. Denn noch nicht einmal das sei heute möglich. „Egal in welches Heim man geht, es gibt überall zu wenige Pfleger“, sagt Schwarz.

Der Endvierziger ist erst seit ein paar Jahren Fachpflegekraft. Seinen neuen Beruf hat er gewählt, weil ihm sein Zivildienst in der Pflege gefiel. Mehr biografische Angaben will Rolf Schwarz nicht preisgeben. Er will anonym bleiben – eigentlich ist er zum Schweigen verpflichtet. „Aber manchmal überwiegt die Fürsorgepflicht“, sagt er.

Arbeitstage von Rolf Schwarz fangen oft damit an, dass der Dienstplan hinfällig ist. „Ständig melden sich Mitarbeiter krank, auch kurzfristig“, berichtet er. Viele seien überlastet, andere hätten durch den Beruf körperliche Probleme wie Rückenschmerzen. Ein Teufelskreis: „Die einen fehlen, weil sie überlastet sind. Die anderen müssen mehr arbeiten und sind dadurch überlastet.“

Beispiel Frühschicht. Morgens ist viel zu tun: Heimbewohner waschen, anziehen, mit ihnen aufs Klo gehen. Kompressionsstrümpfe anziehen, Urinbeutel austauschen, Infusionen geben. Bettlägerige aufrichten, mobile Bewohner in den Speiseraum bringen, Essen anreichen. Für 25 Bewohner sind vier Mitarbeiter eingeplant. Oft sind das: ein Auszubildender, eine Hauswirtin für das Frühstück, eine Pflegeassistentin und Rolf Schwarz. Als Pflegefachkraft organisiert er die Schicht. Er sagt, selbst wenn kein Mitarbeiter krank sei, komme es vor, dass jemand fehle: Weil er in einer anderen Abteilung aushelfen muss, in der noch mehr Not am Mann ist.

Gegen 10 Uhr ist in der Frühschicht das Gröbste getan, die ersten Mitarbeiter gehen. „Teilzeitkräfte und Aushilfen sind oft nur stundenweise da“, sagt Schwarz. So würden Personalkosten gespart. Rolf Schwarz bleibt dann manchmal alleine mit dem Auszubildenden zurück. „Der Azubi geht in die Küche, ich mache alles andere.“

Pfleger seien ständig gefordert: Hier zieht sich ein Bewohner aus, dort läuft einer nackt über den Gang, ein Dritter fällt hin. Viele Bewohner sind inkontinent. Sie sollen alle drei Stunden auf die Toilette begleitet werden, um sie an regelmäßiges Ausscheiden zu gewöhnen. „In der Praxis ist das nicht zu schaffen“, sagt Schwarz.

Was alles nicht zu schaffen ist, summiert sich rasch: Es fängt an beim individuellen Pflegeplan, den Rolf Schwarz als Fachkraft für jeden Bewohner erstellen müsste. „Pflegepläne mache ich nicht, keine Zeit.“ Pfleger müssen auch genau dokumentieren, welcher Bewohner was gegessen und getrunken hat und wie sein Zustand ist. „Dazu müsste man nach der Schicht eine gute Stunde bleiben. Das mache ich nicht mehr.“ Stattdessen gibt Schwarz die Daten während seiner Schicht in den Computer ein. Und schließlich sollen Pfleger noch Prophylaxe betreiben, gegen Thrombose und Lungenentzündung. Auch hier: fehlende Zeit. „Trotzdem wird das immer schön abgehakt. Die Prüfer vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung wollen das ja sehen.“

Alles in allem, sagt Rolf Schwarz, reiche die Zeit meist nur zur „Satt- und Sauber-Pflege“. Also nur zum Nötigsten. Das sei sehr frustrierend. Wenn dann noch ein Bewohner um sich schlage, müsse man gefestigt sein. „Ich nehme das nicht persönlich, ich weiß, dass es Ausdruck der Krankheit ist, dass ich gute Arbeit mache und die meisten Bewohner mich mögen.“ Die Pflegerin im Ellener Hof hingegen, die eine Bewohnerin misshandelte, habe wohl auch persönliche Probleme gehabt und sei schlicht überfordert gewesen, glaubt Schwarz. „Man kann nur versuchen, ihr Verhalten zu erklären – entschuldigen kann man das nicht.“

Rolf Schwarz hat dieses Jahr schon zweimal das Heim gewechselt. Er wolle die Hoffnung nicht aufgeben, dass es in anderen Heimen besser sei. Den Einrichtungen will der Endvierziger übrigens kaum Vorwürfe machen: „Die Heime würden auch gerne mehr Pfleger einstellen, aber es gibt eben nicht genug.“ Deshalb werde Pfleger ein Beruf bleiben, bei dem man abends mit schlechtem Gewissen nach Hause gehe.
  * Name geändert
Quelle: www.weser-kurier.de, 17.11.2012


Titel: Initiative fordert mehr Personal und genauere Prüfungen
Beitrag von: admin am 23. November 2012, 23:06
    Zitat
    Gewalt im Altenheim:
    Blick auf Fehler in der Pflege

    In Pflegeeinrichtungen gibt es zu wenig Personal und zu viele Wechsel, zu wenig Zeit für die einzelnen Bewohner und ihre Bedürfnisse – und oft zu große Angst auf beiden Seiten, Überforderungen und Versäumnisse einzugestehen. Die Gründer der Selbsthilfe-Initiative „Heim-Mitwirkung“ bündeln in diesen Thesen ihre Erfahrungen und die von anderen Angehörigen in Bremer Heimen, um die Situation zu verbessern.

    VON FRAUKE FISCHER

    Bremen. Bei Reinhard Leopold klingelt seit einigen Tagen das Telefon häufiger als sonst. Immer öfter melden sich bei ihm Angehörige von Menschen, die in Pflegeheimen wohnen. Sie berichten nach der Veröffentlichung des Gewaltvorfalls in einem Bremer Pflegeheim von eigenen schlimmen Erlebnissen und suchen Rat. Wie berichtet, hatte ein Angehöriger gefilmt, wie seine Mutter bei der Pflege gestoßen und ihr an den Haaren gezogen wurde. Leopold gehört mit Gerhard Vit, Magda Maibaum und Beate Grünitz zu jener Gruppe Ehrenamtlicher, die als sogenannte externe Heimfürsprecher Bewohnerbeiräte unterstützen und für Belange von Bewohnern in Pflegeeinrichtungen eintreten. Aus dieser Erfahrung heraus ist ihre Selbsthilfe-Initiative „Heim-Mitwirkung“ entstanden. Doch die Aktiven wollen nicht nur Mängel sammeln oder gar den Berufsstand verteufeln, sondern aufklären und sich für eine gemeinsame Verbesserung der Zustände einsetzen.

    Umgang mit Belastungen
    Vor allen anderen Forderungen geht es ihnen um eine bessere personelle Ausstattung der Heime, und zwar mit genügend Fachkräften. Für diese müsste es zudem Fortbildungsangebote und Schulungen geben, damit sie noch professioneller mit großen Belastungen umgehen könnten. Auch wenn Reinhard Leopold sagt, „man kann keine Qualität in die Heime hineinprüfen“, so wünschen er und seine Mitstreiter sich doch häufigere und vor allem unangemeldete Überprüfungen von Heimen, um mögliche Missstände aufzudecken.

    Viel Zeit würde heute für das Schreiben von Pflegedokumentationen aufgebracht, so Leopold. „Aber es wird null Zeit darauf verwendet, sie zu lesen.“ So wüssten Pflegende beim Schichtwechsel häufig zu wenig über das Geschehene. Beate Grünitz, die durch die Heimpflege ihrer Mutter haarsträubende Zustände und Versäumnisse, aber auch die Not der Pflegenden erlebte, plädiert unter anderem für schnelle Entbürokratisierung.

    Doch die Fürsprecher von Bewohnern und Angehörigen sehen nicht nur „ihre“ Seite. „Es sind ja nicht zwei Fronten“, betont Grünitz. Sie ermutigt Angehörige, Pflegekräfte zügig anzusprechen, wenn es Fragen gibt. „Man sollte sie nicht gleich mit Vorwürfen konfrontieren, sondern sich Situationen erklären lassen“, sagt sie. „Dann kann man Schwachstellen gemeinsam aufdecken.“ Außerdem ist sich die gelernte Krankenschwester, die selbst in der Pflege arbeitet, sicher: „Pflege ist ein psychisch belastender Beruf, in den man aus Überzeugung geht. Sonst kann man die Situationen nicht aushalten.“ Vielfach würden aber Menschen umgeschult, die für den Beruf nicht geeignet wären. Das hat sie in den Heimjahren ihrer Mutter erlebt. Zudem gebe es kaum noch Vollzeitstellen, sodass Bewohner mit immer mehr Gesichtern und Namen konfrontiert würden. „So ist kein Aufbau einer Beziehung möglich“, meint Grünitz.

    Abbau von Ängsten

    Reinhard Leopold sieht drei beteiligte Säulen, wenn es um Kommunikation in Heimen geht: Bewohner sowie Angehörige, dazu die Pflegenden und die Heimleitungen. „Auf allen Seiten müssen Ängste abgebaut werden“, meint er. Das Verständnis für Pflegekräfte solle aber nicht dazu führen, Missstände hinzunehmen. „Dann ändert sich ja nie etwas.“
    Wie wichtig ihr Einsatz für Bewohner ist, hat Magda Maibaum des öfteren erfahren. Da war die alte Frau, die in dem Waschraum neben ihrem Zimmer noch nicht einmal eine Heizung hatte und immer fror. Erst als sich die Heimfürsprecherin für den Einbau einsetzte, geschah etwas. „Gerade Menschen ohne Angehörige vor Ort brauchen unseren Beistand“, sagt sie.
    Seit im Jahr 2002 die Verordnung „zur Mitwirkung in Heimen für erwachsene Menschen“ entwickelt wurde, gibt es diese Möglichkeit für Nichtbewohner, in die Heimbeiräte gewählt zu werden oder als Heimfürsprecher die Interessen der Bewohner zu vertreten. Die Sozialbehörde hat vielfach für die ehrenamtliche Tätigkeit geworben. „Die Schulung und Fortbildung von Bewohnerbeiräten und Fürsprechern erfolgt über die Sozialbehörde vor allem durch schriftliche Informationen und jährliche Regionaltreffen mit anschließendem Erfahrungsaustausch“, sagt Behördensprecher Bernd Schneider.

    Wo es Rat und Hilfe gibt
    Bremen (fis). Für Fragen zu Missständen in der Pflege hat das Bremer Forum gegen Gewalt in Pflege und Betreuung eine Broschüre mit Informationen und Anlaufstellen für Betroffene und deren Angehörige herausgegeben. Verschiedene Formen von Gewalt werden dort ebenso thematisiert wie verschiedene Möglichkeiten für Beistand und Hilfe.
    So wird darauf hingewiesen, dass auch „unabgesprochenes Duzen, Verletzung des Schamgefühls, mangelhafte Ernährung oder unzureichende hygienische Versorgung“ Gewaltformen seitens der Pflegekräfte seien. „Ein ständiges Fordern des pflegebedürftigen Menschen“ sei andersherum eine Belastung für das Pflegepersonal. Die Broschüre nennt Demütigung, Medikamentenmissbrauch, natürlich auch tätliche Angriffe und sexuelle Gewalt als Erscheinungsformen.

    Sie erklärt Situationen und Rollen, durch die Gewalt entstehen kann, nicht nur in Pflegeheimen, sondern auch in anderen Betreuungssituationen. Sie vermittelt aber auch mögliche Vorgehensweisen nach Vorfällen und betont die Bedeutung von Gesprächen. Folgende Anlaufstellen werden in der Broschüre genannt:

    • Unabhängige Patientenberatung Bremen, Richard-Wagner-Straße 1a, 28209 Bremen, Telefon: 347 73 74.
    • Selbstbestimmt Leben, Beratungsstelle für behinderte Menschen, Ostertorsteinweg 98, 28203 Bremen, Telefon: 70 44 09.
    • Demenz Informations- und Koordinationsstelle, Beratungsstelle für Angehörige von Menschen mit Demenz, Auf den Häfen 30-32, 28203 Bremen, Telefon: 79 02 73.
    • Help-Line – das Telefon für pflegende Angehörige und ältere Menschen, Telefon: 7 94 84 98.
    • Angehörigenberatung im Klinikum Bremen-Mitte, Haus 31, St. Jürgen-Straße, 28203 Bremen, Telefon: 497 26 70.
    • Hilfswerk Bremen – Betreuungsverein, Vegesacker Str. 59, 28217 Bremen, Telefon: 396 77 34.
    • Heimaufsicht des Senators für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales, Bahnhofsplatz 29, 28195 Bremen, Telefon: 36 10.


    Fachtagung in Berlin
    Der Missbrauchsfall in einem Bremer Pflegeheim hat nicht nur das Thema Gewalt in der Pflege in den Fokus gerückt, sondern auch die Fragen zur Zukunft der Pflege, ihrer Ausgestaltung und nicht zuletzt Finanzierbarkeit. Unter dem Titel „,Weiter so’ geht nicht“ widmet sich ihnen heute in Berlin eine Tagung. Experten aus Bremen sind dabei, wenn Sozialpolitiker von Bund und Ländern, Vertreter aus Kommunen, von Trägern und Verbänden debattieren. Es geht unter anderem um Versorgungslücken, um Möglichkeiten für mehr Teilhabe in der Pflege, aber auch um zivilgesellschaftliche Fragen. Unter den Referenten und Podiumsgästen: Heinz Rothgang vom Bremer Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen, Alexander Künzel, Vorstandsvorsitzender der Bremer Heimstiftung und Sprecher des Netzwerks SONG (Soziales neu gestalten), das mit der Bertelsmann-Stiftung die Tagung veranstaltet, sowie Henning Scherf, ehemaliger Bürgermeister von Bremen.

    Die Selbsthilfe-Initiative „Heim-Mitwirkung“ ist unter der Nummer 33 65 91 20 erreichbar. Am zweiten Sonnabend eines Monats trifft sich die Gruppe um 15 Uhr im Netzwerk Selbsthilfe, Faulenstraße 31.
    Quelle: www.weser-kurier.de, 19.11.2012


    Titel: Ehemalige Pflegerin: Heimleitung hat von Gewalt gewußt ...
    Beitrag von: admin am 22. Dezember 2012, 03:23
    Eine nach eigenen Angaben ehemalige Pflegekraft aus dem Pflegeheim Forum Ellener Hof schildert, dass die Gewalt-Hinweise der Heimleitung lange bekannt waren:

    Zitat von: Radio Bremen TV, 13.12.2012
    ... Über Missstände nichts gewusst!!? Im Januar haben eine Kollegin und ich, die Heimleitung über einige Vorgänge informiert. Die Pflegekräfte haben mitbekommen, das ich es melden wollte, und in Windeseile eine Beschwerde über mich zusammengebastelt.

    Daraufhin sind wir zwangsversetzt worden, und sollten zeitversetzt arbeiten! Eventuell um auszuschliessen, das die Eine der Anderen was bezeugen kann. Ich habe daraufhin nach 12 1/2 Jahren dem Heim den Rücken gekehrt, meine Kündigung eingereicht! Das konnte ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren! ...
    Quelle: http://www.radiobremen.de/fernsehen/buten_un_binnen/video42650-popup.html


    Titel: Bremer Heimaufsicht und Prüfungen sollen verstärkt werden
    Beitrag von: admin am 22. Dezember 2012, 03:37
    Zitat von: Weser-Kurier, 19.12.2012
    Behörde will Heime stärker kontrollieren

    Gewalt in der Pflege: Aufsichtspersonal wird aufgestockt / Statistik zu Übergriffen und Vorwürfen


    VON SABINE DOLL

    Bremen. Nach dem Fall einer 85-jährigen Patientin, die im Pflegezentrum Forum Ellener Hof von einer Mitarbeiterin misshandelt worden ist, will die Sozialbehörde Gewalt in der Pflege stärker zum Thema machen. Mehrere Projekte sollen dazu ab dem nächsten Jahr angeschoben werden, kündigt Behördensprecher Bernd Schneider an.

    Danach sollen bei der jährlichen Kontrolle der Pflegeeinrichtungen durch die Heimaufsicht künftig die Konzepte zur Gewaltprävention detailliert abgefragt werden. Schneider: „Das ist dann keine Kann-Regel mehr, sondern ein Muss bei jedem Besuch.“ Zu diesen Konzepten gehörten unter anderem regelmäßige Fortbildungen der Mitarbeiter, eine entsprechende Arbeitsorganisation auf den Stationen sowie eine Anlaufstelle in der Einrichtung für Fälle drohender oder bereits entstandener Gewalt. Ebenso sollen bei jeder Begehung auch Patienten und Bewohnerbeiräte explizit nach Vorkommnissen befragt werden.

    Darüber hinaus soll künftig bei der Heimaufsicht eine Statistik geführt werden, ob, wie oft, wann, wo, unter welchen Bedingungen und in welchen Pflegeeinrichtungen es zu gewalttätigen Übergriffen oder Vorwürfen kommt. „Das Ziel ist, die Schwerpunkte zu identifizieren, um dann gezielt dagegen vorgehen zu können“, schildert Schneider. Die Heimaufsicht, die derzeit mit sieben Mitarbeitern ausgestattet ist, wird zwei weitere Kollegen für die Kontrollen dazu bekommen.

    Laut Schneider war dies bereits vor dem aktuellen Fall geplant. Hintergrund ist, dass neben Pflegeheimen neuerdings auch Wohngemeinschaften für pflegebedürftige Menschen in die Zuständigkeit der Aufsicht fallen. Zu den bislang rund 100 Heimen kommen für die Kontrolleure damit noch einmal rund 25 solcher Wohngruppen hinzu. Mindestens einmal im Jahr muss jedes Heim von den Experten inspiziert werden, ergeben sich daraus Verstöße oder treten Mängel auf, kann die Sozialbehörde Sanktionen einleiten.

    Bei der 85-jährigen Bewohnerin sind die Übergriffe bekannt geworden, nachdem der Sohn heimlich eine Kamera im Zimmer seiner Mutter installiert hatte. Das Video zeigt, wie die an Demenz leidende Frau von der Pflegerin geschubst, beschimpft und an den Haaren gezogen wurde. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen die Frau erhoben.

    Für Angehörige von Pflegeheim-Bewohnern war der Fall ein Schock. Nach Angaben des Behördensprechers haben sich seitdem mehr Menschen als sonst bei der Heimaufsicht gemeldet. Sie wollten wissen, an wen sie sich außer an die Heimaufsicht bei Informationsbedarf wenden können. Und wie man beim Verdacht auf Gewalt oder auch bei anderen Beschwerden vorgehen sollte.

    „Jede Pflegeeinrichtung ist gesetzlich dazu verpflichtet, einen sogenannten Bewohnerbeirat einzusetzen, der gewählt wird“, erläutert Schneider. Komme dieser! nicht zustande, werden von der Heimaufsicht sogenannte Bewohnerfürsprecher eingesetzt. „Wir verstehen uns als Bindeglied zwischen den Bewohnern und der Pflegedienstleitung“, sagt Birgit Maas. „Beirat und Fürsprecher haben klar definierte Mitwirkungsrechte in den Heimen.“ Konkret bedeutet das: Hausleitung und Träger sind dazu verpflichtet, zu bestimmten Themen die Stellungnahme der Interessenvertretung einzuholen – und das unaufgefordert. „Außerdem sind wir Ansprechpartner für Bewohner und Angehörige. Sie können sich auch anonym an uns wenden“, erklärt Maass.

    „Hinweise auf eine vermutete Misshandlung, Vernachlässigung oder Missachtung der Persönlichkeitsrechte eines Bewohners würden zu einer sofortigen Untersuchung der Vorfälle führen.“ Für Bewohner sei diese unabhängige Anlaufstelle vor allem deshalb wichtig, weil sich viele mit Be! schwerden – egal welcher Art – oft nicht trauten! , die Pf legedienstleitung anzusprechen. Maass: „Wir sind sehr darauf angewiesen, dass Angehörige die Bewohner darauf aufmerksam machen, dass sie uns jederzeit ansprechen können.“ Allerdings wüssten viele Angehörige oft nichts von dieser Möglichkeit. Dabei gebe es in den Heimen regelmäßige Sprechstunden, die von den Beiräten oder Fürsprechern abgehalten würden.
    Quelle: www.weser-kurier.de, 19.12.2012




    siehe dazu auch Bericht in der Nordsee-Zeitung schon am 28.01.2011:

    Zitat
    Mehr Gewalt in der Pflege

    Bremerhaven. Wegen zunehmender Überforderung der Pflegenden nimmt die Gewalt gegen Pflegebedürftige sowohl in Heimen als auch in der häuslichen Pflege zu. Das belegten Studien, sagt Reinhard Leopold vom Bremer Forum gegen Gewalt in Pflege und Betreuung.

    Von Denise von der Ahé

    Eine schriftliche Befragung von 500 ambulant tätigen Pflegekräften durch das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen ergab: 40 Prozent der Befragten haben sich innerhalb eines Jahres mindestens in einem Fall problematisch gegenüber einem Pflegebedürftigen verhalten. ...
     

    [GEWALT: Bremer Senat antwortet auf Große Anfrage der Grünen >>] (http://www.heimmitwirkung.de/smf/index.php?topic=1425.0)


    Titel: Nach Gewalt im Pflegeheim der Hansa-Gruppe: Viel geredet, nichts passiert!
    Beitrag von: admin am 02. Januar 2013, 12:49
    Zitat von: Weser-Kurier, 29.12.2012
    Sohn von Misshandlungsopfer ist frustriert

    VON ALEXANDER PITZ


    Bremen. Vor einigen Monaten hat Detlef Westphal mit seinem Bruder Andreas einen Skandal aufgedeckt, wie es ihn in Bremen zuvor wohl noch nie gegeben hat. Mit einer selbst installierten versteckten Kamera filmten sie im Juni dieses Jahres heimlich, wie eine Pflegerin im Seniorenheim Forum Ellener Hof die 85 Jahre alte demente Mutter der beiden misshandelte (wir berichteten).

    Als das Video an die Öffentlichkeit gelangte, löste dies einen Sturm der Empörung und Betroffenheit aus, der am Ende auch die Politik zum Handeln zwang. Die Sozialbehörde kündigte an, Gewalt in der Pflege stärker zum Thema zu machen und schob mehrere Projekte an, die im nächsten Jahr beginnen sollen. Unter anderem sind spezielle Konzepte zur Gewaltprävention und mehr Personal für die Heimaufsicht vorgesehen.
    Detlef Westphal ist dennoch frustriert. Zwar hat die Staatsanwaltschaft inzwischen Anklage gegen die Pflegerin erhoben, die seine Mutter misshandelte, ein Verhandlungstermin steht allerdings immer noch nicht fest. „Das ist eine Ungeheuerlichkeit“, sagt Westphal, der mit der Sache so schnell wie möglich abschließen will. Schließlich seien die Beweise doch eindeutig. „Ich will, dass mit einer Verurteilung ein Zeichen gesetzt wird, damit so etwas nicht noch einmal passiert“, so der 57-Jährige.

    Bis es dazu kommt, muss sich der Sohn der Misshandelten aber wohl noch längere Zeit gedulden. Ein Verhandlungstermin stehe noch nicht fest, heißt es auf Nachfrage beim Amtsgericht, das nun für den Fall zuständig ist. Pressesprecherin Katrin Gellinger empfiehlt, im Januar erneut nachzufragen. „Im Moment befindet sich die Angelegenheit noch im Zwischenverfahren.“ Auch darüber, ob die Anklage überhaupt zugelassen wird, sei bis zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht entschieden worden, so die Sprecherin.

    Detlef Westphal fühlt sich von der Justiz und anderen Behörden im Stich gelassen. „Bei mir hat sich niemand mehr gemeldet“, klagt er. Lediglich eine Anfrage aus der Senatskanzlei habe es gegeben, ob er nicht Lust auf ein Gespräch mit Sozialsenatorin Anja Stahmann habe. „Da wollte ich natürlich wissen, worum es in dem Gespräch gehen soll.“ Die Antwort habe gelautet, es sei ein lockerer Plausch mit der Senatorin geplant. Daraufhin habe er das Gesprächsangebot abgelehnt. Begründung: „Für so etwas ist mir meine Zeit einfach viel zu schade.“

    Und noch etwas betrübt Detlef Westphal: Bis zum heutigen Tage habe sich niemand bei ihm oder seinem Bruder entschuldigt – weder die Pflegerin selbst noch die Heimleitung. „Nur zu Weihnachten haben wir eine Glückwunschkarte bekommen, wie sie zu Tausenden verschickt wird. Das fanden wir eher traurig und makaber.“

    Auch mit den politischen Konsequenzen, die der von ihm öffentlich gemachte Skandal nach sich zog, ist der Sohn des Opfers unzufrieden: „Zwei zusätzliche Stellen für die Heimaufsicht – das kann es nicht gewesen sein“, sagt Westphal. Er sei zwar kein Fachmann, aber seiner Meinung nach müsse man vielmehr die Auswahl und die Bezahlung der Pflegekräfte in den Heimen verbessern. Pflegeheime sollten zwar wirtschaftlich arbeiten, dürften aber nicht wie gewöhnliche Unternehmen rein nach Gewinnmaximierung streben. „Da muss sich der Staat mehr einmischen“, verlangt Westphal. Sonst werde der steigende Kostendruck zu immer schlimmeren Verhältnissen in der Pflege führen.

    Dass der Fall seiner Mutter wirklich noch etwas zum Positiven verändert, diese Hoffnung hat Westphal längst aufgegeben: „Es wurde viel geredet, aber passiert ist am Ende so gut wie nichts.
    Quelle: www.weser-kurier.de, 29.12.2012



    siehe auch [Gewalt im Heim: Oft fehlen Beweise und Mut zur Anzeige >>] (http://www.heimmitwirkung.de/smf/index.php?topic=1858.0)


    Titel: NDR - Panorama 3 sucht Erfahrungen ...
    Beitrag von: admin am 05. Januar 2013, 18:21
    Spezielles Online-Formular, um einen neuen Fall zu melden:

    Ihre Erfahrungen mit Alten- und Pflegeheimen
    http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama_3/pflegemaengel109.html


    Titel: Amtsgericht in der Kritik: über Anklage gegen Pflegerin noch nicht entschieden
    Beitrag von: admin am 16. April 2013, 09:21
    Zitat
    Kritik am Vorgehen der Justiz

    VON ELKE HOESMANN

    Bremen. „Das dauert viel zu lange“ – Detlef Westphal, Sohn einer im Pflegeheim misshandelten 85-Jährigen, ärgert sich über die Bremer Justiz. Das Amtsgericht habe immer noch nicht entschieden, ob die Anklage der Staatsanwaltschaft vom November zugelassen wird. Im Sommer 2012 sorgte der Fall für einen Sturm der Empörung: Westphal hatte mit einer versteckten Kamera heimlich gefilmt, wie eine Pflegerin im Osterholzer Seniorenheim Forum Ellener Hof seine demente Mutter an den Haaren zog, beschimpfte und schubste.

    Das Amtsgericht teilte auf Anfrage mit, „in den nächsten Wochen“ werde über die Zulassung der Anklage entschieden. Ein Sprecher verwies auf die hohe Arbeitsbelastung der Richter. Die Staatsanwaltschaft wirft der Pflegerin Misshandlung von Schutzbefohlenen vor. Dies wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren geahndet. Eine Strafe von weniger als zwei Jahren kann zur Bewährung ausgesetzt werden.

    Unzufrieden ist auch Westphals Anwalt Hanno von Freyhold, der als Nebenkläger in einem Verfahren auftreten will. Er habe die Staatsanwaltschaft gebeten, ein vorläufiges Berufsverbot gegen die Pflegerin zu beantragen – und darauf keine Antwort bekommen. „Ich gehe davon aus, dass nichts passiert ist.“ Nun befürchten der Anwalt und Westphal, dass die Frau, die schon einmal von einer Patientin angezeigt worden sei, erneut hilfsbedürftige Menschen traktieren könnte. Die Pflegerin war nach dem Skandal in Osterholz entlassen worden und hatte gleich eine Stelle in einem anderen Altenheim gefunden. Dort musste sie gehen, nachdem ihre Vorgeschichte publik wurde.

    Anwalt von Freyhold bekommt derzeit keine Einsicht in die Akten, wie er berichtet. Nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen habe er Mitte März erneut Einsicht nehmen wollen und dies beim Amtsgericht beantragt. „Eigentlich ist das innerhalb weniger Tage möglich.“ Ihm sei aber mitgeteilt worden, dass die Akte wegen eines Kostenantrags zurzeit nicht zur Verfügung stehe.

    In einem möglichen Hauptverfahren müsste auch die Frage geklärt werden, ob die Videobilder aus dem Osterholzer Heim als Beweismaterial verwertet werden können. Die Aufnahmen seien zwar heimlich entstanden, aber nicht illegal, sagt von Freyhold. Zwei Rechtsgüter müssten gegeneinander abgewogen worden: Das Recht am eigenen Bild und das Recht auf körperliche Unversehrtheit – letzteres wiege schwerer. Schließlich habe es einen begründeten Verdacht auf Gefahr für Leib und Leben gegeben. Hinzu komme zusätzliches Belastungsmaterial, sagt der Anwalt. So habe die Pflegerin im Ermittlungsverfahren die Tat eingeräumt. Auch die Staatsanwaltschaft hatte im Vorfeld von einem weiteren Beweismittel gesprochen. Außerdem sei das Videomaterial nach Ansicht der Anklagebehörde „nicht vollkommen unverwertbar“, hatte eine Sprecherin betont.

    Das 85-jährige Misshandlungsopfer wohnt weiterhin im Forum Ellener Hof. Mit dem Personal dort sei man zufrieden, sagt Westphal, „die sind vorgewarnt“ – was aber nichts über die Lage in anderen Pflegeheimen aussage. Die Politik reagiere nur auf Skandale und unternehme generell zu wenig gegen Missstände und die Personalmisere in den Einrichtungen, kritisiert er.
    Quelle: www.weser-kurier.de, 15.04.2013


    Titel: Verfahren gegen gewalttätige Pflegerin in Bremen
    Beitrag von: admin am 28. August 2013, 23:17
    Zitat
    Altenpflege auf dem Prüfstand

    Heute beginnt am Amtsgericht Bremen der Prozess gegen eine Pflegekraft, die eine Bewohnerin im Altenheim mutmaßlich misshandelt haben soll. Als der Fall bekannt wurde, brach eine Debatte über Gewalt in der Pflege los. Hat sich seither etwas verändert?

    VON CHRISTINA SCHMIDT

    Bremen. Eine Pflegekraft soll eine demente Altenheimbewohnerin misshandelt haben – den Vorfall zeichnete der Sohn der Geschädigten heimlich auf Video auf, die Bilder sorgten für viel Aufruhr, nicht nur in Bremen. Behörden, Krankenkassen und Heimbetreiber kündigten an, ihr Personal nachzuschulen und Strukturen zu schaffen, in denen solche Fälle nicht mehr vorkommen können. Jetzt beginnt das Gerichtsverfahren gegen die Pflegekraft. Was hat sich seither verändert?

    Im Juni stellte die CDU-Bürgerschaftsfraktioneben jene Frage an die Sozialsenatorin. Die verwies in ihrer Antwort darauf, dass Gewaltprävention schon vor dem Vorfall im Zentrum von Kontrollen und Beratungen gestanden habe. „Wir versuchen überalldas Bewusstseinfür Notwendigkeit der Prävention zu schaffen“, sagt Bernd Schneider, Sprecher der zuständigen Sozialbehörde. Jeder solle stets erinnert werden, welche Handlungsmöglichkeiten er selbst habe. Bei regulären Kontrollen der Pflegeeinrichtungen durch die Heimaufsicht werde deshalb nun immer überprüft, ob Präventionsstrategien bestehen – Fortbildungsmöglichkeiten beispielsweise, aber auch Hilfestellungen in akuten Situationen. „Pflegekräfte brauchen Ausstiegssysteme“,sagt Schneider, also die Möglichkeit beispielsweise, die Betreuung eines schwierigen Bewohners an Kollegen abzugeben, wenn sie sich überfordert fühlen.

    Zusätzlich hat es auch innerhalb der Heimaufsicht kleinere Veränderungen gegeben – eine Software beispielsweise wurde angeschafft, mit der Beschwerdedaten erfasst werden können. Auch wurd weiteres Personal eingestellt, das bald die Arbeit aufnimmt. Die Heimaufsicht ist nicht nur kontrollierend tätig, sondern berät und vermittelt auch in konkreten Problemfällen.

    Josef Wobbe-Kallus leitet das Altenheim der Egestorff-Stiftung. Auch er verweist darauf, dass Krisenprävention und -intervention bereits vor dem Vorfall in einer anderen Bremer Einrichtung wichtige Themen waren. Regelmäßig gäbe es Schulungen für das Personal, und Supervisionsangebote, um einzelne Fälle zu besprechen.

    „Wir schaffen eine Kultur, in der Mitarbeiter auch mal sagen können, wenn sie mit etwas nicht umgehen können“, sagt Wobbe-Kallus. Auch die Hansa-Gruppe, zu der die Einrichtung gehört, in der es zu dem Vorfall im vergangenen Jahr gekommen sein soll, teilt mit, ihr Seminarangebot verstärkt zu haben, Mitarbeiter zu begutachten und Bewohner zu befragen.

    „Uns spiegeln die Angehörigen von Heimbewohnern ganz andere Situationen wider“, sagt Reinhard Leopold. Er leitet die Initiative „Heim-Mitwirkung“, eine Art Selbsthilfegruppe für Angehörige von Pflegebedürftigen. Zu ihm kämen Ratsuchende, die nicht immer von Gewalt, aber von anderen Missständen in Pflegeeinrichtungen berichten. „Ich habe nicht das Gefühl, dass sich etwas getan hat“, sagt er. Für ihn reicht es nicht aus, dass Personal sensibilisiert wird: „Was nützt die Aufklärung, wenn das Personal belastungsmäßig am Limit läuft?“

    Leopold spricht damit die Arbeitsbedingungen an, gegen die Pflegekräfte seit einigen Wochen auch öffentlich protestieren wir berichteten). Er berichtet von Fällen, in denen Heimbewohner nur noch Leitungswasser statt Mineralwasser bekämen, weil die Einrichtungen sparen müssten. Und von Bewohnern, denen wiederholt falsche Medikamente verabreicht würden. Leopold führt die Ursachen für solche Missstände auf die mangelnde finanzielle Ausstattung der Einrichtungen zurück.

    Darüber, was Pflegekräfte kosten dürfen, beraten die Kassen mit den Trägern, auch die Sozialbehörde ist involviert. Letztlich müssen aber auch Bewohner und ihre Angehörigen für einen Teil der Kosten aufkommen. „Wie viel darf uns Pflege kosten?“, fragt Josef Wobbe-Kallus, Geschäftsführer der Egestorff-Stiftung, „Diese Diskussion müssen wir als Gesellschaft führen.“
    Quelle: www.weser-kurier, 28.08.2013




    Quelle: http://www.youtube.com/watch?v=kGf_Cp_u3UQ


    Titel: Bremen: Gewalttätige Pflegerin zu Geldstrafe verurteilt
    Beitrag von: admin am 28. August 2013, 23:37
    Urteil am ersten Verhandlungstag

    Video als Beweismittel war ausschlaggebend

    Bremen, 28.08.2013 (eb) - Das Verfahren gegen die Pflegerin, die in einem Bremer Pflegeheim der Hansa-Gruppe Gewalt gegen eine demente Bewohnerin ausgeübt hatte, endet am ersten Verhandlungstag mit einer Geldstrafe: 130 Tagessätze zu je 16 Euro (2080 Euro + Verfahrenskosten). Damit ist die in einem anderen Heim bereits wieder tätige Pflegerin vorbestraft, wie der Richter ausführte. Die Berufung gegen das Urteil ist innerhalb einer Woche möglich.




    Prozess um Gewalt in der Pflege

    Mittwoch, 28. August 2013 - 130 Tagessätze je 16 Euro muss eine Pflegerin zahlen, die eine demente Frau misshandelt hatte. Der Sohn des Ofers hatte die Misshandlungen heimlich gefilmt. Das Amtsgericht Bremen ließ diese Aufnahmen als Beweismittel zu. Die Bilder hatten eine breite Diskussion über Gewalt in der Pflege ausgelöst. Ein Beitrag von Dennis Leiffels.




    Professor Stefan Görres im Interview (Video ab Minute 2:03 - 2:39)
    Der Bremer Pflegewissenschaftler Stefan Görres kennt solche Gewalttaten, spricht sogar von Normalität.

    Görres: "Was wir wissen ist, dass ungefähr zwanzig Prozent - vielleicht mehr, vielleicht einige Prozentpunkte weniger - der zu Pflegenden in Heimen Gewalt erfahren. Und wir wissen aus einer Studie, dass fast fünzig Prozent der pflegenden Angehörigen zugegeben haben, dass sie im Rahmen der Pflege ihres Angehörigen - mehr oder weniger einmal - gewalttätig - in der einen oder anderen Form - gewesen sind."

    Quelle: buten un binnen, Radio Bremen TV (http://www.radiobremen.de/politik/dossiers/altenpflege/amtsgericht-prozess-altenheim100.html) + http://www.youtube.com/watch?v=DTNoUlnE1fI&feature=share&list=UUP3r8XOq_eVBhDZaxojW4tw


    Titel: Re: Bremen: Gewalt im Pflegeheim der Hansa-Gruppe
    Beitrag von: admin am 29. August 2013, 11:09
    Zitat
    Missstände in der Pflege
    Videobeweis aus Zimmer 212


    28.08.2013 19:02 Uhr  -  von Eckhard Stengel

    Versteckte Kamera: Wie die Söhne einer Dementen eine gewalttätige Altenpflegerin vor Gericht brachten.

    Personalnot, Überstunden, anstrengende Klienten - da können Pflegekräfte schon mal die Nerven verlieren. Doch Gewalt in der Pflege wird nur selten bestraft, da sich Übergriffe schwer beweisen lassen. Umso ungewöhnlicher ein Fall, der am Mittwoch vor dem Amtsgericht Bremen verhandelt wurde. Eine Altenpflegerin hatte eine 84-Jährige so ruppig behandelt, dass sie von deren Söhnen angezeigt wurde. Leugnen zwecklos, denn: Es gibt einen Videobeweis. Die Söhne hatten in Zimmer 212 heimlich eine Kamera aufgestellt.

    An jenem Abend, so zeigt es das von Radio Bremen publik gemachte Video (http://www.youtube.com/watch?v=kAfXyNG-_9o), macht die Pflegekraft die Demenzkranke nachtfertig und herrscht sie dabei an: „Nimm doch mal die Flossen weg hier!“ Einmal zerrt sie an ihren Haaren: „Sitzen bleiben, Menschenskinder, ey!“ Kläglich protestiert die Alte: „Jedes Mal hauen Sie mich!“ Darauf die barsche Antwort: „Erzählen Sie noch ein paar Märchen.

    “Als endlich das Nachtzeug übergezogen ist, stößt die Pflegerin die Frau mit der flachen Hand vor die Stirn, um sie in Liegeposition zu bringen. „Das sah aus wie ein Judogriff - Kampfsport“, kommentierte einer der Söhne, 45, als Zeuge. Sein älterer Bruder, 58, glaubt, die Pflegerin habe schwere Verletzungen in Kauf genommen, denn die Wirbel der Mutter seien „wie ein Schwamm“, wegen Osteoporose.

    Die Staatsanwaltschaft erhob zunächst Anklage wegen Misshandlung Schutzbefohlener. Das Amtsgericht ließ allerdings nur den Vorwurf der einfachen Körperverletzung zu. Denn für den gravierenderen Straftatbestand schien dem Richter das Vorgehen nicht roh genug. Schon häufiger hatte die Demente geklagt: „Die schlägt mich immer.“ Aber die Söhne waren sich nicht sicher. War die gebrechliche Mutter vielleicht nur zu empfindlich? Oder wurde sie gar von Kriegserinnerungen gequält? Um Gewissheit zu erlangen, stellten sie schließlich eine als Uhr getarnte Videokamera mit Bewegungsauslöser auf einen Beistelltisch. Gleich am ersten Abend: Volltreffer.

    Die Verteidigerin kämpfte dafür, die Aufnahmen als illegal und nicht verwertbar einzustufen. Nur als letztes Mittel könnten heimliche Aufzeichnungen erlaubt sein; zunächst hätten die Söhne die Heimleitung einschalten müssen. Doch die Anklagevertreterin widersprach: „Das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die Würde des Menschen wiegen allemal schwerer als das Recht am eigenen Bild.“ Und dann sei da noch das „Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit“. So sah das auch Einzelrichter Fabian Schneider und begann mit der Vorführung auf dem Computer der Protokollantin.

    Die Angeklagte schaute sich das Video nicht an
    Die 42-jährige Angeklagte sah sich die Aufnahmen als einzige nicht an. Überhaupt folgte sie dem Prozess fast regungslos. Nur zu Beginn schaute die kräftige Frau in Pulli und Jeans einmal mit strengem Gesichtsausdruck in die Runde. Äußern wollte sie sich gar nicht, lediglich kurz zur Person: Sie sei Altenpflegerin, aber ursprünglich „Maschinist für Energetik“ gewesen - nach „Spiegel“-Informationen im DDR-Gaskombinat Schwarze Pumpe.

    Wie die Kripo ermittelte, arbeitete sie danach auf wechselnden Stellen in Westdeutschland. Schon hier fiel sie gelegentlich wegen Ruppigkeit auf. Sie sei „absolut ungeeignet“ und eine „sehr schwierige und uneinsichtige Person, die sich von der Welt benachteiligt fühlte“, hieß es vereinzelt. Aber immer wieder fand sie eine neue Stelle - selbst nach dem Vorfall in Bremen, der ihr eine sofortige Suspendierung einbrachte. Ihr befristeter Arbeitsvertrag sollte ohnehin kurz danach auslaufen, denn die Heimleitung wollte ihn wegen Beschwerden anderer Bewohner nicht verlängern.

    Bei dem Prozess hätte eigentlich das ganze Pflegesystem auf die Anklagebank gehört. Die Angeklagte, sagte ihre Verteidigerin, sei „physisch und psychisch am Ende“ gewesen, habe teils 13 Schichten nacheinander arbeiten müssen, „regelmäßig bis an den Rand der Erschöpfung“. Der Heimleiter bestätigte im Zeugenstand zumindest, dass das Personal „immer sehr knapp bemessen“ sei - manchmal nur zwei Kräfte für 26 Bewohner. Aber immer streng nach amtlichen Vorgaben. Der Leiter: „Das ist Pflegealltag.“

    „Das System Pflege ist krank“, urteilte auch die Verteidigerin in ihrem Plädoyer. Es sei „würdelos und menschenverachtend“. Allerdings sei das keine Rechtfertigung für die Übergriffe. Das Gericht solle eine Geldstrafe zu 90 Tagessätzen verhängen, nicht aber jene sechs Monate Haft auf Bewährung plus 1500 Euro Geldbuße, die von der Anklage gefordert wurden. Die meinte, die Angeklagte habe die Bewohnerin „wie ein Stück Vieh behandelt“.

    Richter Schneider blieb mit seinem Strafmaß in der Mitte: 130 Tagessätze à 16 Euro, also 2080 Euro Geldstrafe wegen Körperverletzung. Schwerwiegend sei die Tat nicht wegen des Haareziehens und des Schubsens an sich, sondern weil die Bewohnerin so wehrlos gewesen sei. Die Familie als Nebenklägerin hatte ursprünglich auch ein Berufsverbot erwirken wollen. Aber dafür, so der Richter, fehlten die rechtlichen Voraussetzungen. Falls das Urteil rechtskräftig wird, taucht es allerdings im Vorstrafenregister auf. Und damit wären künftige Arbeitgeber gewarnt vor der überforderten Pflegerin mit den ruppigen Manieren.
    Quelle: http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/missstaende-in-der-pflege-videobeweis-aus-zimmer-212/8708774.html - Mit freundl. Genehmigung des Autors



    Zitat
    Gewalt in der Pflege
    Frau T.‘s Umgang mit Menschen


    von Simone Schnase

    Das Amtsgericht verurteilt eine Altenpflegerin, weil sie eine 84-jährige Heimbewohnerin misshandelt hat. Die Heimleitung half bei der Aufklärung nicht mit.

    „Wie ein Stück Vieh“ habe sie die alte Frau im Bremer Pflegeheim Forum Ellener Hof behandelt, „erniedrigend und menschenverachtend“. Diese Worte richtete die Staatsanwältin gestern vorm Amtsgericht gegen Altenpflegerin Silke T. Die verweigerte die Aussage. Wegen Körperverletzung verantworten musste sie sich, weil ein Video im Juni vergangenen Jahres ans Tageslicht brachte, was ihr die demente Frau schon monatelang vorgeworfen hatte: „Die schlägt mich“, hatte sie ihren beiden Söhnen immer wieder gesagt.

    Und während die ihrer Mutter Glauben schenkten, taten andere das nicht: Die Beschuldigte erklärte auf Nachfrage der Söhne, die 84-Jährige sei aufgrund ihrer Osteoporose sehr schmerzempfindlich. Andere Altenpflegerinnen wollten nichts mitbekommen haben von Beschwerden oder Übergriffen.

    Lediglich die Zimmernachbarin der Mutter habe die Vorwürfe bestätigt, „aber die war schwer dement“, so einer der Söhne. Die Heimleitung hätten er und sein Bruder nicht informieren wollen, „um eventuelle Vertuschungen zu vermeiden, aber vor allem, um die Pflegerin nicht zu warnen und unsere Mutter nicht noch mehr zu gefährden.“

    Also griffen sie zu einem illegalen Mittel. Sie installierten am Bett der Mutter eine versteckte Kamera – und die lieferte direkt am Abend ihrer Inbetriebnahme ein Ergebnis: „Aber leider nicht das, was wir uns erhofft hatten – die Aufnahmen hätten ja auch zeigen können, dass an den Vorwürfen nichts dran ist“, so der zweite Sohn. „Meine Mutter hat aufgrund ihrer Demenz manchmal in der Vergangenheit gelebt – wir dachten, dass ihre Schilderungen von Gewalt vielleicht auch Kriegserinnerungen waren.“

    Zwei der vier Filme zeigen aber: Silke T. zieht der alten Frau an den Haaren, schmeißt sie brutal aufs Bett, beschimpft sie wie auf dem Kasernenhof: „Hinstellen! Festhalten! Hinsetzen!“, und auch: „Sie können mich mal!“ Den Antrag von T.’s Verteidigerin auf Nichtzulassung des Filmmaterials wies der Richter zurück: Das Strafverfolgungsinteresse und das Recht auf Unversehrtheit wögen höher als das Recht am eigenen Bild. Hier gelte eine Abwägung der Individualrechte, „ein solcher Fall ließe sich sonst kaum aufklären.“

    Es hätte gar nicht so weit kommen müssen. Denn Silke T. ist immer wieder auffällig geworden aufgrund ihres ruppigen Umgangs mit den ihr anvertrauten alten Menschen, wegen unentschuldigten Fehlens, wegen Unzuverlässigkeiten. In verschiedenen Altenpflege-Einrichtungen wurde sie bereits nach wenigen Monaten wieder gekündigt. Der ermittelnde Kriminal-Beamte berichtete von seinen Recherchen: „Jede Einrichtung konnte sich sofort an Frau T. erinnern, aber nur eine einzige Heimleiterin redete wirklich Klartext mit mir.“ Auch bei ihr seien entsprechende Beschuldigungen gegen T. vorgebracht worden, für die es aber keine konkreten Beweise gegeben habe. Frau T. sei absolut ungeeignet für die Pflege.

    Aber sie bekam immer wieder neue Jobs, auch im Forum Ellener Hof, trotz fehlender Zeugnisse und lückenhaftem Lebenslauf. Heimleiter Thomas Gerbert-Jansen räumte vor Gericht ein, dass es bereits während T.’s Probezeit Probleme aufgrund von Beschwerden gegeben habe: „Ihr Jahresvertrag sollte nicht verlängert werden.“ Als die Brüder ihm das Video präsentierten, wurde T. umgehend freigestellt, aber: „Herr Jansen hat uns als erstes gefragt, ob die Presse darüber informiert sei – das war seine größte Sorge“, erzählt einer der Söhne. „Er hat allerdings auch versprochen, Konsequenzen zu ziehen und die gesamte Institution überprüfen zu lassen.“

    Das sei jedoch nicht geschehen. Sie selbst hätten den Medizinischen Dienst der Krankenkassen eingeschaltet und seien schließlich, nach vier Monaten, mit dem Video an die Presse getreten: „Erst dadurch hat die Heimaufsicht von dem Vorfall erfahren – die Heimleitung wollte das einfach aussitzen.“

    Genauso wie bei der anderen Frau, die T. im Ellener Hof misshandelt haben soll. „Alle schoben die Behauptungen meiner Mutter auf ihre angebliche Demenz“, so ihre Tochter, die die Mutter auf eine andere Station verlegen lassen wollte.

    Heimleiter Jansen versprach ihr stattdessen, T. fortan nur noch in Begleitung einer Kollegin zu ihrer Mutter zu lassen. Als die Tochter T. dennoch alleine antraf, erstattete sie Anzeige – und die verlief im Sande, aus Mangel an Beweisen.

    Diesmal aber gab es welche. T.’s Verteidigerin berichtete von Arbeitsüberlastung und daraus resultierenden psychischen Problemen ihrer Mandantin, von chronischer Unterbesetzung in der Pflege-Einrichtung, von Überstunden – und forderte ein mildes Urteil, während die Staatsanwaltschaft sechs Monaten Haft, ausgesetzt auf Bewährung, beantragte. Das Urteil bewegte sich schließlich in der Mitte: Silke T. wurde wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen à 16 Euro – insgesamt also 2080 Euro – verurteilt. Ihren Beruf als Altenpflegerin darf sie weiter ausüben.
    Quelle: http://taz.de/Gewalt-in-der-Pflege/!122726/ - Mit freundl. Genehmigung der Autorin Simone Schnase



    Zitat
    Geldstrafe für Altenpflegerin

    Die Altenpflegerin, der vorgeworfen wurde, im vergangenen Jahr in einem Bremer Pflegeheim eine 84-jährige Bewohnerin misshandelt zu haben, ist gestern vor dem Amtsgericht wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 130 Tagessätzen à 16 Euro verurteilt worden. Damit gilt die Frau als vorbestraft.


    VON RALF MICHEL

    Bremen. Die Staatsanwaltschaft hatte der Mitarbeiterin des Pflegezentrums Ellener Hof vorgeworfen, im Juni 2012 eine 84-jährige demenzkranke Bewohnerin misshandelt zu haben. Sie habe die wehrlose Frau rüde aus dem Bett gezerrt, sie an den Haaren gezogen und schließlich mit einem Stoß gegen die Stirn wieder zurück ins Bett befördert. Staatsanwältin Monika Wollsdorf beantragte hierfür gestern eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung. Die Verteidigerin Jennifer Jakobi plädierte auf Geldstrafe, dem schloss sich Richter Fabian Schneider an.

    Schon lange vor der Verhandlung hatte der Fall deutschlandweit für Schlagzeilen gesorgt. Dazu trug nicht unwesentlich bei, wie die examinierte Altenpflegerin überführt wurde: Die Söhne des Opfers hatten im Zimmer ihrer Mutter eine als Uhr getarnte Videokamera installiert. „Wir wollten Gewissheit“, erklärte einer der Söhne als Zeuge vor dem Amtsgericht.

    Zuvor hatte die 84-Jährige bei Besuchen immer wieder eine bestimmte Pflegerin beschuldigt, sie zu schlagen. Man habe die Mitarbeiterin darauf angesprochen, aber die habe auf die große Schmerzempfindlichkeit der alten Frau bei Berührungen hingewiesen und das Ganze als Missverständnis dargestellt. „Das klang ganz plausibel“, so der Sohn, der einräumte, an den Angaben seiner unter zunehmender Demenz leidenden Mutter anfangs gezweifelt zu haben.

    Als diese ihre Klage jedoch bei jedem Besuch wiederholte und immer ängstlicher wirkte, habe er entschieden, die Kamera zu installieren, um Fakten zu schaffen. „Es hätte ja auch Entlastendes dabei herauskommen können.“ Doch das Gegenteil war der Fall: Gleich der erste Versuch ergab zwei dreiminütige Filmsequenzen, die die Misshandlungen dokumentierten. „Die hat unsere Mutter wie einen Sack Kartoffeln auf das Bett geschmissen.“

    Die Arbeit der Frau im Ellener Hof endete, nachdem dem Einrichtungsleiter die Videoaufnahmen gezeigt wurden. Er stellte die Pflegekraft sofort frei, allerdings wäre ihr befristeter Arbeitsvertrag ohnehin im selben Monat ausgelaufen. Und verlängert worden wäre er auch nicht – wegen Beschwerden mehrerer anderer Heimbewohner gegen sie.

    Inwieweit die Videoaufnahmen vor Gericht verwertet werden durften, sorgte gestern für eine juristische Auseinandersetzung. Die Verteidigerin sah durch die heimlichen Aufnahmen am Arbeitsplatz ihrer Mandantin deren Privatsphäre verletzt. Die Aufnahmen seien rechtswidrig und dürften nicht verwendet werden. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die Einhaltung einer würdevollen Behandlung sowie das erhebliche Interesse der Allgemeinheit an der Strafverfolgung eines solchen Falles wiege schwerer als das Recht aufs eigene Bild der Angeklagten, hielt die Staatsanwältin dagegen. So sah es auch der Richter und ließ die Aufnahmen als Beweis vor Gericht zu.

    Im Verlauf der achtstündigen Verhandlung wurde durch mehrere Zeugenaussagen belegt, dass es schon an einer ganzen Reihe von vorherigen Arbeitsplätzen Beschwerden gegen die Angeklagte gegeben hatte. Sie wurde als „unfreundlich“, „ruppig“ und „herzlos“ beschrieben. Die Vorwürfe betrafen allerdings jedes Mal ihren Ton gegenüber Heimbewohnern, von körperlichen Übergriffen war nicht die Rede.

    Dies alles habe jedoch nichts mit dem aktuellen Fall zu tun, betonte Richter Schneider bei der Urteilsverkündung. Hier ginge es lediglich um die eine angezeigte Körperverletzung. Die sei erwiesen, und es handele sich ohne Frage auch um einen schwerwiegenden Fall. Andererseits stehe die Frau zum ersten Mal vor Gericht – daher keine Freiheits-, sondern eine Geldstrafe. Die allerdings fiel so hoch aus, dass die Frau wegen Körperverletzung als vorbestraft gilt.


    Welche Auswirkungen dies für ihren weiteren Berufsweg haben wird, bleibt dahingestellt. Zur Zeit arbeitet sie wieder in Bremen – als Altenpflegerin in einem Heim.
    Quelle: www.weser-kurier.de, 29.08.2013


    Titel: Härtere Strafe für verurteilte Altenpflegerin gefordert
    Beitrag von: admin am 03. Oktober 2013, 01:40
    Zitat
    Urteil wird angefochten

    VON FRAUKE FISCHER

    Bremen.Der Fall von Körperverletzung an einer alten Frau ist mit der Entscheidung des Amtsgerichts von Ende August offenbar nicht beendet worden. Staatsanwaltschaft und Verteidigung legten Berufung gegen das Urteil ein, mit dem zu Lasten der angeklagten Altenpflegerin eine Geldstrafe festgesetzt wurde. Der Nebenkläger reichte eine Beschwerde ein. Das hat Katrin Gellinger bestätigt, Sprecherin des Amtsgerichts.

    Das Amtsgericht werde das Urteil, das am 28. August gesprochen worden war, schriftlich fixieren, dann gehe die Akte zum Landgericht, schildert die Amtsgerichtssprecherin den weiteren Ablauf. Dort werde das Berufungsverfahren laufen. Wenn es zu einer neuen Tatsachen-Verhandlung kommt, bedeutet das: Zeugen werden erneut gehört, das Video thematisiert, auf dem zu sehen ist, wie die Pflegerin mit der Seniorin umgegangen ist. In der Verhandlung des Amtsgerichts hatten Zeugen die Angeklagte als „ruppig“ und „herzlos“ beschrieben. Der Richter hatte jedoch in der Urteilsverkündung betont, dies habe nichts mit dem verhandelten Fall zu tun. Weil die Angeklagte erstmals vor Gericht stand, erhielt sie eine Geld- und keine Freiheitsstrafe. Die Geldstrafe fiel indes so hoch aus, dass die Frau nun wegen Körperverletzung als vorbestraft gilt.

    Die Söhne des Opfers hatten im vergangenen Jahr eine Kamera im Zimmer ihrer Mutter im Altenpflegeheim installiert, nachdem die Frau ihnen ihre Ängste geschildert hatte. Filmsequenzen zeigen, wie die Pflegerin die demenzkranke Frau aus dem Bett zerrt, schubst und an den Haaren zieht. Die Veröffentlichung der Aufnahmen hatte nicht nur die Anklage der Altenpflegerin und bundesweite Schlagzeilen zur Folge. Sie entfachte eine große Diskussion zur Arbeitssituation der Pflegekräfte und zum Umgang mit Pflegebedürftigen.
    Quelle: www.weser-kurier.de, 04.10.2013



    Staatsanwaltschaft will härtere Strafe

    Bremen (mic). Ende August verurteilte das Amtsgericht Bremen eine Altenpflegerin wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe. Die Frau hatte in einem Bremer Pflegeheim eine 84-jährige Bewohnerin misshandelt. Nun geht der Prozess in die nächste Runde: Die Staatsanwaltschaft hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. Sie will eine härtere Strafe, so gestern Gerichtssprecherin Katrin Gellinger.


    Quelle: www.weser-kurier.de, 02.10.2013


    Titel: Neues über die verurteilte Pflegerin - Hat sie auch Bewohner bestohlen?
    Beitrag von: admin am 07. Oktober 2013, 22:22
    Zitat von: BILD, 04.10.2013
    Wie kam Sie an die Senioren-Portemonnaies?


    Silke T. hinterließ sie mit einem Haufen Müll in ihrer Bremer Wohnung


    Von A. SIEVERT

    Osterholz – In einer Nacht- und Nebelaktion verschwand Silke T. (42) aus Bremen. Die Staatsanwaltschaft hatte Ermittlungen wegen Misshandlung einer alten Dame (84) in einem Pflegeheim aufgenommen.

    Die Horror-Pflegerin hängte den Schlüssel einfach an die Wohnungstür, machte sich aus dem Staub. Als der Hauseigentümer die Wohnung aufschloss, traf ihn fast der Schlag.

    Zu BILD: „Seit November hatte sie keine Miete gezahlt. Ihre Wohnung ließ sie vermüllt zurück. Doch das Schlimmste: In den Müll-Bergen versteckt tauchten immer mehr Portemonnaies auf. Viele habe ich weggeworfen. Doch einige aufbewahrt.“

    Die Fundstücke sind überwiegend Herren-Geldbörsen. Einige mit EC-Karten und Personalausweisen von Senioren ab Geburtsjahr 1923, auch der eines Jüngeren von 1959 ist dabei. Dazu Sozialversicherungs-Ausweise, Fotos. Von Geld fehlt jede Spur. Schein- und Münzfächer sind leer.

    Wie kam die Horror-Pflegerin an die Geldbörsen?
    Ein Polizist: „Das finden wir heraus, sobald wir sie erhalten haben. Dann nehmen wir neue Ermittlungen auf.“

    In der verdreckten Wohnung entdeckte der Vermieter auch Schreiben von Inkassofirmen, Gerichtsvollziehern und dem Amtsgericht. Privat-Insolvenz, Räumungsklage, Schulden. Der Eigentümer musste die Hinterlassenschaften einlagern. Dazu ist er verpflichtet.

    Der Eigentümer: „Ich brauchte vier Wochen zum Entrümpeln und Restaurieren. Doch was die Frau zurück ließ, muss ich noch auf eigene Kosten entsorgen lassen.“

    Silke T. muss bald für eine Neuauflage des Prozesses wieder in Bremen auftauchen. Sowohl die Altenpflegerin als auch die Staatsanwaltschaft gehen in Berufung.
    Quelle: http://www.bild.de/regional/bremen/altenpflegerin/stahl-geldboersen-32663064.bild.html


    Titel: Sechs Monate Haft auf Bewährung für Gewalt in der Pflege
    Beitrag von: admin am 29. Juli 2014, 19:12
    (http://www.heimmitwirkung.de/mkportal/images/zumSchwurgerichtssaal_140729_web150px.jpg)

    Bremer Gewaltfall in der Pflege

    Gericht verurteilt Altenpflegerin zu sechs Monaten - auf Bewährung


    Bremen, 29.07.2014 - In dem heutigen Revisionsverfahren vor dem Bremer Landgericht wurde das vorherige Geldstrafen-Urteil des Amtsgerichts vom 28.08.2013 gegen die gewalttätige Altenpflegerin deutlich verschärft. Sie erhält nun eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wird.

    Die angeklagte Altenpflegerin hatte eine damals 84-jährige demente, schmerzempfindliche Heimbewohnerin immer wieder aggressiv und brutal behandelt. Bewiesen wurde das von den Söhnen durch ein heimlich gedrehtes Video mit einer versteckten Kamera. Dafür bekam sie in erster Instanz eine Geldstrafe von knapp über 2000 Euro. Dagegen hatte die Verteidigung und auch die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt.

    Die jetztige Revisions-Verhandlung zog sich an dem schwülwarmen Sommertag über sieben Stunden, mit einigen Pausen, hin. Neben den Medien waren zahlreiche Zuschauer - so eine Altenpflege-Klasse - erschienen und verfolgten aufmerksam die Verhandlung.

    Der Richter machte gleich zu Beginn klar, dass das gefällte Urteil vom Amtsgericht im letzen Jahr Bestand hat und die Tat als solches nicht neu verhandelt wird. Lediglich das Strafmaß stand zur Debatte. Dazu wurden alle relevanten Details benannt, das von den Angehörigen gedrehte Beweis-Video gezeigt, Zeugen gehört bzw. deren Aussagen verlesen.

    In ihrem knappen, auf den Punkt gebrachten Schlußplädoyer forderte die Staatsanwältin eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung sowie ein Berufsverbot.

    Die Strafverteidigerin der Angeklagten Altenpflegerin stellte dagegen in ihrem langatmigen, sehr ausschweifenden Plädoyer fest, es sei in diesem Verfahren "verdammt einfach auf der richtigen Seite zu stehen" und beklagte insbesondere die von ihr als "Hetz-Kampagne" bezeichgnete Medienberichterstattung. Ihr Antrag, von einer weiteren Strafe abzusehen, alternativ eine "Verwarnungsstrafe" zu verhängen lief allerdings ins leere.

    Nach Würdigung aller zur Kenntnis gebrachten Fakten erkannte das Gericht, dass eine Geldstrafe aufgrund der Schwere der Tat nicht ausreiche. Die Körperverletzungen zu Lasten der pflegebedürftigen alten Frau seien zwar verhältnismäßig gering, das damit zugefügte Leid dagegen aber groß. Alte Menschen seien wie Kinder, die ebenfalls eines besonderen Schutzes bedürfen.

    Wenn in einer solchen Einrichtung, wie in einem Pflegeheim tätliche Übergriffe erfolgen, dann müsse auch präventiv darauf hingewiesen werden, dass dann mit Freiheitsstrafen zu rechnen ist.

    Auf ein Berufsverbot wurde verzichtet, da dieses der verhängten Bewährungsstrafe zuwider laufen würde.

    Quelle: eigener Bericht

    Medien berichten:
    - http://www.weser-kurier.de/bremen/vermischtes2_artikel,-Hohe-Huerden-fuer-Berufsverbot-_arid,912222.html
    - http://www.bild.de/regional/bremen/bremen-aktuell/knast-auf-bewaehrung-fuer-brutal-pflegerin-37027000.bild.html, 30.07.2014
    - http://epaper.weser-kurier.de/data/20140730/bilder/file6gdg2mmdm7o11zkusb9c.jpg, 30.07.2014
    - http://www.taz.de/Gewalt-in-der-Pflege/!143309/, 30.07.2014
    - http://www.radiobremen.de/fernsehen/buten_un_binnen/gewalt-altenpflegerin-neuverhandlung100.html, 29.07.2014
    - http://rtlnord.de/nachrichten/altenpflegerin-legt-berufung-ein.html, 29.07.2014



    KOMMENTAR:

    Pflege-Notstand in Deutschland:
    Gewalt in der Pflege – Wer ist verantwortlich?


    29.07.2014 • Die in Bremen im letzten Jahr bereits verurteilte Pflegerin, die von Angehörigen per Video der Gewalttätigkeit gegenüber deren dementen Mutter überführt wurde, steht erneut vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft fordert eine höhere Strafe. Die Hauptursache für die Straftat wird aber nicht verhandelt: Zu wenig Personal und zu wenig Zeit für die Bewohner und manchmal auch Personal, das besser einen anderen Beruf ergriffen hätte.

    Bereits in der ersten Gerichtsverhandlung drängte sich die Frage auf, ob die vor Gericht angeklagte Person für diesen schweren und psychisch belastenden Beruf wirklich geeignet ist. Dies war allerdings damals, genau wie heute, nicht das Thema vor Gericht.

    Politiker loben gerne unser Gesundheitssystem, „um das man uns in Europa beneidet“. Dabei unerwähnt bleibt, dass Deutschland Schlusslicht im Pflegebereich ist. Pro Schicht sind in Deutschland von einer Pflegekraft durchschnittlich dreizehn Patienten bzw. Bewohner zu versorgen. Nur Spanien ist auf gleich schlechtem Niveau. In Norwegen dagegen braucht sich eine Pflegekraft nur um fünf kranke Personen kümmern (Quelle: RN4CAST – Aiken et. al., 2012).

    Pflege braucht aber mehr für den Pflegeberuf geeignetes, gut ausgebildetes, motiviertes, nicht gestresstes Personal – sonst werden künftig immer mehr solcher Gerichtstermine stattfinden müssen.

    Der Pflegenotstand hat sich seit vielen Jahren angebahnt. Diverse Wissenschaftler haben immer wieder darauf hingewiesen, dass sich die Situation im Pflegebereich weiter zuspitzen wird. Auch das „Jahr der Pflege“ war leider nur ein Lippenbekenntnissen der Politik und hat keine wirklichen Verbesserungen gebracht.

    Gewalttätig gewordene Pflegekräfte zu verurteilen wird nichts am Pflegenotstand in Deutschland ändern. Politik und Pflegeanbieter müssen endlich sozialverantwortlich handeln und die Berufs- und Arbeitsbedingungen im Sinne einer menschenwürdigen Pflege anpassen. Und wir als Bevölkerung müssen uns die Frage stellen, wie wir selbst einmal im Alter behandelt werden wollen – und ob wir es uns leisten können, weiter wegzusehen.