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AKTUELLES / NEWS => Aktuelles aus den Medien => Thema gestartet von: admin am 30. März 2013, 23:46



Titel: Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD): "Dumpinglohnspirale schnell beenden"
Beitrag von: admin am 30. März 2013, 23:46
Zitat
Pflegekräfte sollen besser bezahlt werden

Bei der Bezahlung von Pflegekräften hinkt Niedersachsen kräftig hinterher. Die ohnehin schon knappen Helfer wandern ab oder suchen sich andere Jobs. Niedersachsens neue Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) will dies ändern. Die Krankenkassen werfen ihr deswegen Parteilichkeit vor.

VON PETER MLODOCH

Hannover. In einigen niedersächsischen Regionen, insbesondere auf dem Land, droht ein akuter Notstand bei der ambulanten Pflege zu Hause. „Ältere Pflegebedürftige müssen sich überlegen, ob sie in die Stadt ziehen“, warnt die neue Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) in einem Gespräch mit unserer Zeitung. „Das kann doch niemand wollen; wir müssen die Dumpinglohnspirale schnell beenden.“

Mehrere Problemgebiete hat die Ressortchefin ausgemacht. „Im Bereich Wolfsburg gibt es so gut wie keine Pflegekräfte mehr. Als ungelernte Arbeiter können sie bei VW am Band mehr verdienen.“ Ähnlich sehe es im Speckgürtel von Hamburg und im Grenzgebiet zu Nordrhein-Westfalen aus. Weil dort die Branchenlöhne höher seien, pendelten viele Pfleger zur Arbeit in die anderen Bundesländer 2er zögen gleich ganz dorthin.

Ursache sind die unterschiedlichen Pflegesätze und Pflegevergütungen, die in den Ländern Krankenkassen und Kommunen auf der einen Seite und Wohlfahrtsverbände und private Dienste auf der anderen Seite miteinander aushandeln.

Niedersachsen ist dabei Schlusslicht aller westdeutschen Flächenländer. Laut Sozialministerium liegen hier die Zuschüsse etwa für die Pflegestufe zwei bei 72,50 Euro pro Tag, in Baden-Württemberg aber bei 87 Euro und in Bayern bei 83 Euro. Mit ihrem Koalitionsvertrag hat sich die rot-grüne Landesregierung eine Anpassung für Niedersachsen auf die Fahnen geschrieben.

Ängste bei Kassen und Kommunen
Man werde die Aufsichtsmöglichkeiten konsequent nutzen. Im Landtag hat die Sozialministerin nachgelegt und eine genaue rechtliche Überprüfung der vereinbarten Vergütungen angekündigt. Das sorgt bei Kassen und Kommunen für Ängste. Sie sehen ihre Selbstverwaltung in Gefahr. Ihre Vertreter werfen Rundt Parteilichkeit vor. Sie agiere noch immer in ihrer alten Rolle als langjährige Chefin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Die Ministerin dagegen will sich den Mund nicht verbieten lassen. „Ich erlaube mir, eine Meinung zu haben.“ Nur um des lieben Frieden Willens werde sie nicht schweigen, betont Rundt mit einem Seitenhieb auf ihre CDU-Vorgängerinnen.

So mischt sich die SPD-Ministerin kräftig ein, auch in die Umsetzung des seit Anfang des Jahres geltenden „Pflege-Neuausrichtungsgesetzes“. Konnten Bedürftige bislang eine ambulante Pflegeleistung wie etwa die Morgentoilette nur als Komplex in Anspruch nehmen, können sie oder ihre Angehörigen künftig stattdessen auch eine feste Zeiteinheit wählen. Das soll den Besuch des Pflegedienstes entschleunigen und vielleicht sogar das Vorlesen der Zeitung oder das Singen eines Liedes ermöglichen. Aber eben um solche Zusatzleistungen wird in Niedersachsen heftig gerungen, und erst recht um die Vergütung der Zeiteinheiten. Der von den Krankenkassen angebotene Stundensatz von 25 Euro sei „deutlich zu niedrig“, hat Rundt zum Verdruss der Versicherungsträger unzweideutig festgestellt. Sie fordert zudem eine Abkehr von den starren Wegekosten-Pauschalen. Diese machten keinen Unterschied zwischen dünn besiedelten Regionen und den Großstädten, wo die Einsatzorte dicht beieinander lägen. Für private Anbieter würde sich ein Pflegedienst im ländlichen Raum kaum mehr lohnen. Die Ministerin mahnt die Beteiligten, endlich wie in anderen Bundesländern zu einer Einigung zu kommen. „Es macht doch keinen Sinn, dies vor den Gerichten auszufechten.“ Das sehen die Streithähne offenbar inzwischen auch so. Unter Moderation von Sozial-Staatssekretär und Ex-Landrat Jörg Röhmann (SPD) haben Kassen, Kommunen und Pflege-Anbieter ihre Verhandlungen wieder aufgenommen.
Quelle: weser-kurier.de, 30.03.2013