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AKTUELLES / NEWS => Aktuelles aus den Medien => Thema gestartet von: admin am 13. Januar 2008, 23:30



Titel: AUSLAND: Spanien - Viel Arbeit, wenige Seniorenheime
Beitrag von: admin am 13. Januar 2008, 23:30
SPANIEN - Viel Arbeit, wenige Seniorenheime

Die ganze Großfamilie habe, wenn auch beengt, in einem kleinen bescheidenen Heim am Stadtrand Madrids gelebt. Heute gehört die Witwe zu den 7,5 Millionen über 65-Jährigen in Spanien und muss sich damit abfinden, dass die spanische Gesellschaft nicht mehr so schön solidarisch funktioniert wie damals. "Keiner hat mehr Zeit, alle haben Stress. Und wir Senioren müssen gucken, wie wir allein klarkommen.

"Ihre drei Kinder, zwei Jungen, ein Mädchen, sind längst flügge geworden, haben geheiratet, eigenen Nachwuchs in die Welt gesetzt, sind ausgezogen. Sie wohnen zwar in der Nähe, wollen aber mit ihren jungen Familien ihre eigenen vier Wände. "Ich dachte eigentlich, wenn ich alt bin, können mir meine Kinder vielleicht ein bisschen zur Hand gehen", sinniert Ana Maria, deren Rücken durch eine Rheumaerkrankung leicht gekrümmt ist. Aber erstaunlicherweise ist sie es, die ihren großen Kindern immer noch zur Hand geht. "Wenn die am Wochenende mal ausgehen wollen, bringen die mir die Enkel vorbei." Immer mehr Großmütter in Spanien spielen im Auftrag ihrer Kinder Babysitter für ihre Enkel. Kostenlos natürlich. Und geduldig. "Ana Maria, kannst du nicht mal…?", laute die Standardfrage am Telefon. Zum Spielplatz. Mit den Kleinen zum Arzt, weil der Bauch wehtut. Oder Essen für die Kinder machen, weil die Erziehungsberechtigten wieder einmal nicht da sind, wenn die hungrigen Mäuler am Tisch sitzen.

Sie mache das ja eigentlich gerne, seufzt Ana Maria und streicht sich übers graue Haar. Und sie verstehe auch, dass ihre groß gewordenen Söhne und die Tochter um großmütterliche Unterstützung bitten. "Die haben es halt nicht einfach." Bei mittleren Bruttogehältern zwischen 1000 und 2000 Euro müssen in Spanien in der Regel beide Elternteile arbeiten. Und der Arbeitstag unter der spanischen Sonne nimmt samt Fahrtzeit und ausgedehnter Mittagspause gerne elf oder zwölf Stunden in Anspruch.

Langweilig wird es ihr also auf jeden Fall nicht. Ana Maria weiß, dass es vielen anderen Alten in Spanien ähnlich geht. "Solange wir noch können, sind wir für unsere Familien da", spricht sie für ihre Generation. Nur, wenn sie nicht mehr so können, wie sie wollen? "Was mache ich dann?", fragt sich Ana Maria. "Meine Kinder kann ich kaum mit mir belasten, die haben ja genug mit sich selbst zu tun." Aber Altenresidenzen und ambulante Pflegedienste sind in Spanien immer noch dünn gesät. Nur für vier von hundert Alten gibt es einen Platz im Seniorenheim.

Das ist das größte Problem für Spaniens Altengeneration: Die traditionellen Großfamilien lösen sich auf, und immer mehr gestrandete Alte wissen nicht wohin. Ganz abgesehen davon, dass mit 750 Euro Durchschnittsrente professionelle Hilfe oft nicht bezahlbar ist."Gott wird es schon richten", sagt Ana Maria, die den Glauben an das Gute nicht aufgegeben hat. Und bald würden auch ihre Enkel größer. Dann könnten diese ja schon fast für sich selber sorgen. Und vielleicht auch mal der Großmutter zur Hand gehen.

Quelle: weser-kurier.de, 13.01.2008