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Autor Thema: LEIHARBEIT: Lohndumping durch "Christliche Gewerkschaften"  (Gelesen 10999 mal)
admin
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« Antworten #4 am: 09. März 2011, 12:11 »

ZDF-Magazin "Frontal 21" - 08.03.2011:
Unchristlicher Handel mit Leiharbeitern


Die Christliche Gewerkschaft hat sich jahrelang von Zeitarbeitsfirmen Leiharbeiter als Mitglieder zuführen lassen. Viele dieser Leiharbeiter wussten gar nicht, dass sie Mitglied sind. mehr auf zdf.de / heute.de

[TV-Beitrag anschauen in ZDF-Mediathek >>]

[Professor Peter Schüren im Interview mit Frontal21 >>]

[Interview mit einem Leiharbeiter >>]

Quelle: http://frontal21.zdf.de



Frontal21: Arbeitgeber führten Christlichen Gewerkschaften Mitglieder zu
Experten: Gewerkschaften vom Gegner finanziert/Verdacht des gewerbsmäßigen Betrugs


Berlin.- Die Artos-Unternehmensgruppe mit Sitz in Dortmund hat den Christlichen Gewerkschaften jahrelang Leiharbeiter als Mitglieder zugeführt – häufig ohne Wissen der Betroffenen. Dem ZDF-Magazin Frontal21 liegt eine Mitgliederliste der Christlichen Gewerkschaften mit rund 1.500 Leiharbeitern aus dem Ruhrgebiet vor.

Bei einer Stichprobe stellten Frontal21-Reporter fest: von 100 Befragten wussten nur vier von ihrer Mitgliedschaft. „Offensichtlich hat sich das Unternehmen mit den künstlichen Gewerkschaftsmitgliedern den Haustarifvertrag zahlen lassen“, urteilte
Professor Peter Schüren, Arbeitsrechtler an der Universität Münster, gegenüber Frontal21. Die Artos-Unternehmensgruppe ist an mehreren Zeitarbeitsfirmen beteiligt und hat 2004 einen Haustarifvertrag mit den Christlichen Gewerkschaften abgeschlossen, der Dumping-Stundenlöhne von 4,81 Euro ermöglichte.
 
Außerdem wurde den Leiharbeitern monatlich ein Gewerkschaftsbeitrag vom Lohn abgezogen – auch das war den meisten in der Stichprobe Befragten nicht bekannt. „Das bedeutet, dass die Gewerkschaft Gegner-finanziert ist“, so Professor Schüren weiter. „Wenn eine Gewerkschaft Gegner-finanziert ist, ist sie nicht tariffähig.“
 
Nach Aussage mehrerer ehemaliger Mitarbeiter der Artos-Unternehmensgruppe mussten alle Bewerber und Mitarbeiter die Beitrittserklärung zu den Christlichen Gewerkschaften unterschreiben. Die Leiharbeiter hätten bei Einstellung zwölf bis fünfzehn Unterschriften leisten müssen – da sei die Unterschrift unter der Beitrittserklärung oftmals gar nicht aufgefallen. „Wir haben am laufenden Band Beitrittserklärungen produziert“, so ein Insider, der anonym bleiben möchte. Zu den Vorwürfen wollte sich die Artos-Unternehmensgruppe nicht äußern.

Nach Einschätzung des Fachanwalts für Strafrecht, Professor Tido Park aus Dortmund, besteht der Verdacht des „gewerbsmäßigen Betrugs“ seitens des Zeitarbeitsunternehmens. „Und Gewerkschaftsfunktionäre, die sich wissentlich daran beteiligen, begehen eine Beihilfe zum gewerbsmäßigen Betrug“, so Park gegenüber Frontal21.
 
Für die Christlichen Gewerkschaften bestritt Vorstandsmitglied Detlef Lutz gegenüber Frontal21 die Vorwürfe: „Wir sind keine Betrüger. Ich bestreite, dass wir Menschen hier als Mitglieder führen oder geführt haben, die davon nichts wussten.“ Gleichzeitig räumte er ein, dass bei der Artos-Unternehmensgruppe „irgendwas nicht mit rechten Dingen läuft.“ Deshalb habe man alle von der Artos-Gruppe vermittelten Mitglieder angeschrieben, ob ihnen die Mitgliedschaft bekannt sei. Wie groß die Zahl der Rückmeldungen war und ob Beiträge zurück erstattet wurden, wollte Lutz nicht sagen.

Quelle: FRONTAL21 Pressemitteilung zur Sendung am 08.03.2011, 21.00 Uhr im ZDF
« Letzte Änderung: 12. November 2011, 00:42 von admin » Gespeichert

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« Antworten #3 am: 18. Januar 2011, 17:05 »

ZDF-Magazin "Frontal 21":
Leiharbeiter mit Anspruch auf höheren Lohn
Nach Urteil des Bundesarbeitsgerichts Nachforderungen in Milliardenhöhe


Mainz (ots) - Leiharbeiter haben rückwirkend Anspruch auf höheren Lohn. Das könnte Arbeitgeber in Deutschland Milliarden von Euro kosten, erklärt Professor Peter Schüren, Direktor des Instituts für Arbeitsrecht an der Universität Münster, gegenüber "Frontal 21" (Sendung am 18. Februar 2011, 21.00 Uhr). "Die Chancen stehen gut, dass Hunderttausende von Leiharbeitern nachträglich mehr Lohn bekommen, wenn sie jetzt vor ein Arbeitsgericht ziehen."

Hintergrund ist ein Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom Dezember 2010, nach dem die christliche Tarifgemeinschaft CGZP nicht tariffähig ist. Leiharbeiter, die nach dem für die Arbeitgeber besonders niedrigen CGZP-Tarif bezahlt worden seien, könnten jetzt rückwirkend auf denselben Lohn klagen, den ein Stamm-Arbeitnehmer am gleichen Arbeitsplatz erhalten hat, so Schüren weiter.

Dadurch ergäben sich Nachforderungen von 1,9 Milliarden Euro pro Jahr, errechnet Dierk Hirschel, Chefökonom der Gewerkschaft verdi. So groß sei insgesamt die Differenz zwischen gezahltem Billiglohn der CGZP und dem höheren Lohn der Stamm-Arbeitnehmer. Knapp 40 Prozent aller Arbeitsverträge in der Leiharbeitsbranche wurden bisher nach CGZP-Flächentarifverträgen oder nach noch schlechteren CGZP-Haustarifverträgen abgeschlossen.

Nach Ansicht von Schüren können die Leiharbeiter ihren Anspruch rückwirkend bis 2003 geltend machen: "Lohnansprüche von Leiharbeitnehmern, die zu den Dumpingkonditionen der CGZP gearbeitet haben, sind bisher nicht verjährt, und zwar unabhängig davon, ob das 2003, 2004 oder später war." Zwar verjährten Lohnansprüche normalerweise in drei Jahren, nicht aber in diesem konkreten Fall. Da die Rechtslage bis vor kurzem völlig unklar war, sei die Verjährung gehemmt worden, so der Arbeitsrechtsexperte.

Quelle: http://www.presseportal.de/pm/7840/1750269/zdf, Pressemitteilung 18.01.2011
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« Antworten #2 am: 15. Dezember 2010, 15:31 »

Leiharbeit:
Bundesarbeitsgericht setzt Signal gegen Lohndumping


Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften darf keine Tarifverträge schließen, hat gestern das Bundesarbeitsgericht entschieden. Die Folge könnten hohe Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen sein. Sind die Zeitarbeitsfirmen dazu nicht fähig, können gegebenenfalls die entleihenden Firmen zur Kasse gebeten werden.

Die Chancen Zehntausender Leiharbeiter auf eine bessere Bezahlung sind mit dem Urteil gestiegen. Nach einem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 14.12. darf die Spitzenorganisation der Christlichen Zeitarbeitsgewerkschaften, der Billigverträge vorgeworfen wurden, künftig keine Tarifverträge mehr abschließen (1 ABR 19/10). Die obersten Arbeitsrichter sprachen der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) die Tariffähigkeit ab.

Zur Gültigkeit bestehender CGZP-Verträge machte der Erste Senat zunächst keine Angaben.

Leiharbeiter können höhere Löhne einklagen
Die Justiziarin der Gewerkschaft Verdi, Martina Trümner, vertrat die Ansicht, dass Leiharbeiter jetzt höhere Lohnansprüche für vergangene Jahre einklagen könnten. Der Vorsitzende der CGZP, Gunter Smits, hingegen bezweifelte, dass mit dem BAG-Urteil bestehende Tarifverträge hinfällig werden. Er schloss den Gang seiner Organisation vor das Bundesverfassungsgericht nicht aus.

Jetzt gilt der „Equal-Pay-Grundsatz“
Rechtlich ist es so, dass Leiharbeiter, für die es keinen gültigen Tarifvertrag gibt, Anspruch auf gleiche Bezahlung wie die Stammbelegschaften in den entleihenden Unternehmen haben. Das "Equal-Pay-Prinzip" ist gesetzlich geregelt.

Entleihende Firmen müssen für Sozialversicherungsbeiträge bürgen
Entleihfirmen sind von dem Urteil nicht direkt betroffen. Sie haften jedoch nachrangig für die Sozial- und Unfallversicherungsbeiträge des Zeitarbeitsunternehmens.

Wird der Verleiher insolvent und bezahlt nach Mahnung und Fristsetzung den restlichen Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil aus dem neuen Arbeitslohn nicht, so können diese gegenüber der Entleiherfirma geltend gemacht werden - inklusive Zinsen und Säumniszuschlägen. Auf Unternehmen, die häufig Leiharbeitnehmer einsetzen, kann ein stolzer Betrag zukommen, vor allem da die Ansprüche erst nach vier Jahren verjähren.

Drohen 500 Millionen Euro Sozial-Nachzahlungen?

Fachleute gehen dabei von einem Volumen möglicher Sozial-Nachzahlungen von einer halben Milliarde Euro pro Jahr aus. Rückforderungen seien für die vergangenen 4 Jahre möglich, hieß es in Fachkreisen. Tarife der Christlichen Spitzenorganisation sollen nach Schätzungen für etwa 200.000 der bis zu 900.000 Zeitarbeiter in Deutschland abgeschlossen worden sein.

Quelle: http://www.haufe.de/personal - Mit freundl. Genehmigung ;-)




Weitere Pressestimmen:
http://www.google.de/search?q=lohndumping+christliche+gewerkschaft&hl=de



Hintergrundinfos: www.wikipedia.de:

Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen

Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und PersonalService-Agenturen (CGZP) ist ein Zusammenschluss von ursprünglich sechs Gewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB). Laut Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Dezember 2010 ist die Tarifgemeinschaft nicht tariffähig.

Geschichte, Struktur und Abschlüsse
Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen (CGZP) wurde im Herbst 2002 von ursprünglich sechs Gewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB) gegründet. Heute gehören ihr noch drei CGB-Mitgliedsgewerkschaften an:

   * Christliche Gewerkschaft Metall (CGM)
    * DHV – Die Berufsgewerkschaft (DHV)
    * Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen (GÖD)


Die CGB-Mitgliedsgewerkschaften Verband Deutscher Techniker (VDT) und der Bund der Hotel-, Restaurant- und Cafeangestellten - Union Ganymed haben die Tarifgemeinschaft zwischenzeitlich verlassen. Mitte 2009 ist auch die Christliche Gewerkschaft Postservice und Telekommunikation (CGPT) aus der Tarifgemeinschaft ausgetreten. Ihre früheren Mitgliedschaften wirken sich aber auf vor ihrem Austritt geschlossene Tarifverträge noch aus. ...

[Mehr über "Christliche Gewerkschaften" => http://de.wikipedia.org]
« Letzte Änderung: 12. November 2011, 00:38 von admin » Gespeichert

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« Antworten #1 am: 19. Dezember 2007, 16:31 »

TV-Sendung "Report Mainz", Das Erste vom 10.12.2007, 21.45 Uhr

Dumpinglohn nach Tarif
Was sich hinter den christlichen Gewerkschaften verbirgt


Leiharbeit – damit haben wir uns schon des öfteren befasst. Und die Bedingungen, unter denen mehr als eine halbe Million Menschen in Deutschland arbeiten, sie werden auch in Zukunft ein Thema für uns bleiben. Auch wenn es hinterher wieder böse Briefe gibt von denen, die von der Leiharbeit profitieren.

Heute haben wir uns mal angesehen, wer eigentlich die Tarifverträge ausgehandelt hat zwischen den Leiharbeitsfirmen und den Arbeitnehmern. Denn, das muss man sich vorstellen, da wurden zum Teil Stundenlöhne von unter fünf Euro festgeschrieben.

Siehe da, vor allem eine sogenannte Christliche Gewerkschaft ist da als Tarifpartner am Werk. Wie bitte? Hungerlöhne und christlich? Wie passt das zusammen, haben sich Thomas Dauser und Beate Klein gefragt und ihre Recherchen bei einer Leiharbeiterin begonnen.

Bericht:
Fatma Dogu macht Abendessen. Für ihre Kinder sorgt sie allein, geht ganztags arbeiten. Aber es wird immer schwerer, für ihre Familie genug Geld zu verdienen.

O-Ton, Fatma Dogu, Leiharbeiterin:
»Es ist nicht mehr wie früher: Heute findest du Arbeit und gehst am nächsten Tag arbeiten. Es geht alles nur noch über Leihfirmen.«


Frage:
Und verdienen Sie weniger als früher?

O-Ton, Fatma Dogu, Leiharbeiterin:»Viel weniger.«
Als Leiharbeiterin hat Fatma Dogu in einer Fabrik gearbeitet. Anders als die Stammbelegschaft verdiente sie nur 4,81 Euro die Stunde. Ihre Leihfirma hat diesen Hungerlohn mit einer Gewerkschaft vereinbart, der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit.

Eigentlich müssen Leiharbeiter wie Fatma Dogu laut Gesetz das gleiche Geld bekommen wie Stammmitarbeiter. Das Gesetz hat aber eine Lücke. Ein Tarifvertrag kann abweichende Regelungen zulassen, also weniger Lohn festschreiben.

Und so arbeiten Hunderttausende Leiharbeiter wie Fatma Dogu zu Tariflöhnen, die die christlichen Gewerkschaften vereinbart haben. Aber warum unterschreibt ein Gewerkschafter solche Niedrigtarifverträge? Das fragen wir Gunter Smits. Er ist Vorsitzender der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit.


Frage:
Sind Bruttostundenlöhne von 4,80 – 4,88 Euro christlich?

O-Ton, Gunter Smits, Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit:
»Ich weiß nicht, woher sie diese Zahlen haben.«


Frage:
Das ist ein Haustarifvertrag, den Sie zum Beispiel abgeschlossen haben offensichtlich mit ToBe TEAM, die sich berufen auf einen Haustarifvertrag mit der Christlichen Gewerkschaft?

O-Ton, Gunter Smits, Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit:
»Dazu gebe ich hier keine Auskunft.«


Frage:
4,80 Euro, ist hier vermerkt...

O-Ton, Gunter Smits, Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit:
»Dazu gebe ich hier keine Auskunft.«


Er beschäftigt sich seit langem mit dieser Gewerkschaft, Arbeitsrechtler Professor Schüren, einer der Experten für Leiharbeit. Auf wessen Seite stehen Gewerkschaften, wenn bei Tarifverhandlungen Löhne von unter fünf Euro herauskommen?

O-Ton, Prof. Peter Schüren, Universität Münster:
»Unter dem Deckmantel eines Tarifvertrages wird der Billigstlohn realisiert. Mehr nicht. Eine solche Vergütung kann eigentlich nur dann entstehen, wenn Arbeitgeberträume auf der Stelle erfüllt werden.«


Eine Gewerkschaft als Erfüllungsgehilfe der Arbeitgeber? Merkwürdig. Doch es gibt viele solcher Merkwürdigkeiten.

Auch ihr Arbeitgeber hatte sich einen Haustarifvertrag bei den Christlichen besorgt. Lisa jobbte über eine Leiharbeitsfirma in einer Fabrik. Sie verdiente mit 6 Euro nur halb so viel wie die Stammbelegschaft. Lisa klagte deswegen. Was sie überraschte: Ihr Arbeitgeber knickte schnell ein.

O-Ton, Lisa, Studentin:
»Ich habe letztendlich fast denselben Lohn erhalten, den die Festangestellten in der Fabrik auch bekommen haben.«


Lisas Leiharbeitsfirma zahlte lieber. Und so machen es fast alle Leiharbeitsfirmen mit einem Tarifvertrag der Christlichen, wenn es vor Gericht geht. Rund 200 Fälle wie Lisa gibt es.

Professor Schüren hat für eine Studie erstmals alle deutschen Arbeitsgerichte danach abgefragt. Sein Fazit:

O-Ton, Prof. Peter Schüren, Universität Münster:

»Wer heute in Deutschland als Leiharbeitnehmer mit der Aussage: ‚Ich bin mit einem christlichen Tarifvertrag um meine gesetzlichen Ansprüche geprellt worden’, vor das Arbeitsgericht zieht, wird, selbst wenn er sich nur vergleicht, deutlich mehr bekommen, als er vorher gehabt hat.«


Firmen zahlen klagende Leiharbeiter wie Lisa also offenbar lieber aus. Und verhindern damit, dass ein Gericht grundsätzlich prüft: Wie sind die über 150 Haus- und Flächentarifverträge der Christlichen in der Leiharbeitsbranche zustande gekommen. Haben die Christlichen Gewerkschaften wirklich Mitglieder, die solche Tarifverträge wollen?

Die Gewerkschaft schweigt darüber, wie viele Leiharbeiter bei ihr Mitglied sind. Fatma Dogu war Mitglied. Aber nicht ganz freiwillig. Bei ihrer Einstellung wurde ihr dieser Zettel zum Unterschreiben vorgelegt. Sie kam zur Christlichen Gewerkschaft, weil ihr Arbeitgeber, die Firma Gens, sie angeworben hat.

Frage:
Gibt es denn Zwangsmitgliedschaften bei Ihnen?

O-Ton, Gunter Smits, Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit:
»Nein.«


Frage:
Und wie bewerten Sie das, wenn der Arbeitgeber die Mitgliederwerbung für Sie übernimmt?

O-Ton, Gunter Smits, Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit:
»Es findet nicht statt.«


Frage:
In dem Fall ist es genau so gelaufen offensichtlich...

O-Ton, Gunter Smits, Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit:
»Es ist eine Aussage dieser Dame.«


Frage:
Nein, das ist hier auch vermerkt. Gens GmbH, der Mitgliedsbeitrag wurde direkt abgezogen auch vom Lohn, den die Frau erzielt hat.

O-Ton, Gunter Smits, Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit:
»Ich kann Ihnen zu dieser Praxis hier keine Auskunft geben.«


Eine Gewerkschaft, die sich vom Arbeitgeber neue Mitglieder besorgen lässt, die Tariflöhne abschließt, die nur dem Arbeitgeber gefallen können. Firmen, die sich vor Gericht freikaufen. Das sieht nicht nach einer Gewerkschaft aus, die Arbeitnehmerinteressen vertritt. Professor Schüren zieht in seiner Studie ein klares Fazit:

Zitat:
»Die Arbeitsgerichte in Deutschland bezweifeln seit 2003 nahezu ausnahmslos die Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit.«


Aber noch gibt es dazu keinen rechtskräftigen Beschluss. Was sich jetzt ändern könnte. Am Arbeitsgericht Berlin beginnt am Donnerstag ein Verfahren gegen die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit. Es entscheidet erstmals grundsätzlich, ob sie überhaupt Tarifverträge abschließen darf. Ein Verfahren, das Fatma Dogu nachträglich einen gerechten Lohn bescheren könnte. Auch sie klagt inzwischen gegen ihre Leiharbeitsfirma.

Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit hat dafür gesorgt, dass Hunderttausende von Leiharbeitern für Hungerlöhne arbeiten müssen. Dieses Geschäftsmodell wackelt. Endlich.

Abmoderation Fritz Frey:
Um es klar zu sagen, Deutschland hat sich beim Thema Leiharbeit bislang nicht mit Ruhm bekleckert. Auch nicht in Europa. Letzte Woche erst forderte die Europäische Kommission, dass Leiharbeiter bereits nach sechs Wochen in einem Betrieb den gleichen Lohn wie die Festangestellten erhalten sollen. Wer stand auf der Bremse, als es um die Interessen der deutschen Leiharbeiter ging? Unser neuer Arbeitsminister Olaf Scholz. Neuer Besen? Nix ist´s gewesen!


Quelle: http://www.swr.de/report/-/id=233454/nid=233454/did=2769040/vs2ba/index.html

© SWR 2007 - Der SWR ist Mitglied der ARD
(Mit freundlicher Genehmigung durch den Mitautor Thomas Josef Dauser)


[zum Originalbeitrag als Video >> (6:58 min)]
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« am: 07. August 2007, 18:13 »

Süddeutsche Zeitung: "Wohlfahrt ohne Gnade"

Wie karitative Verbände ihre Mitarbeiter behandeln


In der Ausgabe vom 12.07.2007 der Süddeutschen Zeitung schildert der Autor, wie einige der Wohlfahrtverbände - aber auch die Arbeiterwohlfahrt (AWO) mit Pflegekräften umgehen und damit Kostendruck am Markt begegnen.

Der Artikel wurde uns freundlicherweise von Dritten zugeleitet.


Siehe auch:
[PERSONAL: Pflege zu Discount-Preisen?!!! >>]
[Staatsanwalt ermittelt gegen Lilienthals AWO-Vorsitzenden >>]

* SZ_20070712_Wohfahrt_ohne_Gnade.pdf (77.69 KB - runtergeladen 790 Mal.)
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