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Autor Thema: WHISTLEBLOWING: „Auch Schwache können mächtig sein“  (Gelesen 19074 mal)
admin
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« Antworten #8 am: 14. Januar 2016, 12:56 »

Zitat
Die Geschichte im Überblick

Wer ins Pflegeheim muss - heute spricht man von "Seniorenheim" - , ist in der Regel abgemeldet oder 'abgeschoben'. Die arbeitsteilige Gesellschaft, in der mehrköpfige Familien bereits Probleme haben, gemeinsame Essenstermine zu organisieren, hat weder räumlich noch zeitlich oder gar mental 'Platz' für Alte oder Pflegebedürftige. Aus diesen Gründen ist inzwischen eine riesige Dienstleistungs-Industrie entstanden. Finanziert wird Sie über eine vergleichsweise neu eingeführte Pflegeversicherung, die immer mehr Geld verschlingt, das hinten und vorne nicht reicht. Gleichzeitig steigt die Zahl derer, die ins "Heim" müssen, unaufhörlich.

Dieses 'Outsourcing' von pflegebedürftigen Familienmitgliedern oder Verwandten zeitigt viele Probleme. Das größte besteht darin, dass jene, die ausgelagert wurden, sich nicht mehr wirklich wehren können gegen das, was sie vorfinden:

- gegen die Uniformität der Lebensbedingungen (Frühstück für alle um 7 Uhr)
- gegen das wenig originell produzierte (Einheits-)Essen
- gegen schlechte Pflege (einmal Duschen oder Baden in der Woche ist die Ausnahme)
- dagegen, dass Ärzte oder gar Fachärzte erst dann kommen, wenn sich genügend "Fälle" angesammelt haben ...

[vollständigen Beitrag ansehen >>]
Quelle: http://www.anstageslicht.de/nc/whistleblower/...
« Letzte Änderung: 14. Januar 2016, 12:56 von admin » Gespeichert

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« Antworten #7 am: 03. August 2012, 00:50 »

"Whistleblower"-Prozess
Gefeuerte Altenpflegerin bekommt Abfindung

Eine Altenpflegerin zeigt ihren Arbeitgeber wegen Pflegemissständen an - und wird dafür gekündigt. Der Prozess schlägt Wellen bis nach Straßburg - und muss dann noch einmal in Berlin verhandelt werden. Das Finale im Gerichtssaal ist dramatisch.

... "Es gibt wenige Menschen, die einen solchen Kampf durchhalten", sagt Anwalt Hopmann später. "Das ist bewundernswert." Der Satz, auf den Brigitte Heinisch jahrelang gewartet hat, fällt beinahe nebenbei. "2004 gab es Probleme. Das bestreiten wir nicht", sagt einer der Vivantes-Anwälte.

Quelle: http://www.sueddeutsche.de/karriere/whistleblower-prozess-gefeuerte-altenpflegerin-bekommt-abfindung-1.1366171, 24.05.2012



Erfolg für Brigitte Heinisch:
Altenpflegerin erhält 90.000 Euro

Brigitte Heinisch, Altenpflegerin in einer Berliner Einrichtung, war gefeuert worden, nachdem sie Missstände beim Arbeitgeber angeprangert hatte. Es folgte ein jahrelanger Rechtsstreit. Nun gab es einen Vergleich und einen zweiten Sieg für Heinisch. ...

Quelle: http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/erfolg-fuer-brigitte-heinisch-altenpflegerin-erhaelt-90-000euro-/6672302.html



Abfindung für Whistleblowing
Doch noch ein "wohlwollendes Zeugnis"


Der Rechtsstreit zwischen einer Altenpflegerin und Vivantes endet mit einem Vergleich. Die Frau hatte auf Missstände aufmerksam macht und dafür die Kündigung erhalten. ...

Quelle: http://www.taz.de/!94026/



URTEIL:  Rechtssache H. gegen DEUTSCHLAND
(Beschwerde Nr. 28274/08)

Verletzung von Artikel 10 EMRK (Freiheit der Meinungsäußerung), Kündigung nach Whistleblowing. ...

STRASSBURG, 21. Juli 2011

Quelle: http://www.bmj.de/SharedDocs/EGMR/DE/20110721_28274_08.html
« Letzte Änderung: 31. Juli 2013, 15:23 von admin » Gespeichert

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« Antworten #6 am: 28. Oktober 2011, 15:46 »

Kein besserer Schutz von Arbeitnehmern
Schonzeit für korrupte Chefs


Die Bundesregierung spielt auf Zeit. Vorerst wird der Schutz von Arbeitnehmern, die ihre Firma anzeigen, nicht verbessert. SPD und Grüne erarbeiten eigene Gesetzesvorlagen. ...

Quelle: http://www.taz.de/Kein-besserer-Schutz-von-Arbeitnehmern/!80738/, 27.10.2011



Revision
Streit über Entschädigung im Fall der Vivantes-Pflegerin Heinisch

Der Klinikkonzern Vivantes will den Fall der gekündigten Altenpflegerin Brigitte Heinisch ohne Ärger abschließen. Neben einer Wiedereinstellung seien Heinisch per 10. Oktober 70 000 Euro brutto angeboten worden, um alle Ansprüche aus den vergangenen sechseinhalb Jahren abzugleichen. ...

Quelle: http://www.morgenpost.de/printarchiv/berlin/
« Letzte Änderung: 03. August 2012, 00:52 von admin » Gespeichert

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« Antworten #5 am: 22. Juli 2011, 11:23 »

Über Pflegemängel darf bei einem herausragenden Interesse öffentlich informiert werden

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat den Whistleblowerschutz gestärkt

Über Pflegemängel in einer Pflegeeinrichtung darf bei einem Interesse, das gegenüber dem Interesse des Unternehmens am Schutz seines Rufes und seiner Geschäftsinteressen überwiegt, öffentlich informiert werden. Das entschied heute, 21.07.2011, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in einem Streitverfahren zu Gunsten von Frau Brigitte Heinisch. Frau Heinisch erhielt eine Entschädigung von 15.000 Euro zugesprochen. Bei der Urteilsfindung war sicherlich bedeutsam, dass die von Frau Heinisch beklagten Missstände vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) im Wesentlichen bestätigt worden waren.

Das Urteil des EGMR ist noch nicht rechtskräftig. Die Bundesregierung hat drei Monate Zeit, um Einspruch einzulegen und die Verweisung an die Große Kammer des Gerichtshofs zu beantragen.

Obwohl der Entscheidung des EGMR richtungsweisenden Charakter zukommt, sollten ArbeiternehmerInnen bei Mitteilungen / Anzeigen über Pflegemängel die allgemein geltenden Regeln über betriebliche Beschwerden nicht außer Acht lassen. Solange nämlich nicht entsprechend den seit Jahren erhobenen Forderungen von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk eine arbeitnehmerfreundliche Novellierung des § 612a Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) aufgegriffen ist, bleiben bei einer Öffentlichmachung von Mangelsituationen Risiken. Solche Risiken hat auch das Urteil des EGMR, das sich auf einen ganz konkreten Einzelfall bezieht, nicht vollständig beseitigen können.

Es kann daher nur empfohlen werden, den in der im Juni 2011 vorgelegten Buchveröffentlichung "100 Fragen zum Umgang mit Mängeln in Pflegeeinrichtungen" (ISBN 978-3-89993-767-1, Kunz Verlag, Buchreihe der Schlüterschen, Hannover) aufgezeigten Handlungsanleitungen Aufmerksamkeit zu schenken.

Werner Schell
Dozent für Pflegerecht und Vorstand von Pro Pflege- Selbsthilfenetzwerk

Zitat
Pflegemängel - schnelle Hilfe für den Notfall

Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk befasst sich seit Jahren mit Pflegemängeln und wird immer von Pflegekräften und Angehörigen um Rat gefragt, wie damit umgegangen werden soll. Oftmals wird couragiertes Vorgehen der Pflegekräfte gefordert. Arbeitsrechtlich gibt es aber insoweit vieles zu bedenken (z.B. Loyalitäts- und Schweigepflichten der Arbeitnehmer), weil nicht sorgsam bedachtes Verhalten bei der Benennung von Mangelsituationen für Pflegekräfte schnell in der Arbeitslosigkeit enden kann. Umso wichtiger ist es, dass Pflegekräfte wissen, was sie tun müssen, wenn gefährliche Situationen auftreten; dass sie ihre Rechte kennen und adäquat vertreten.



Werner Schell, Vorstand von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hat im Mai 2011 im Brigitte Kunz Verlag (Buchreihe der Schlüterschen, Hannover) ein Buch mit dem Titel "100 Fragen zum Umgang mit Mängeln in Pflegeeinrichtungen" herausgebracht (ISBN 978-3-89993-767-1), das vor allem Pflegekräften zeigt, was sie tun können oder müssen, wenn sie mit Mängeln in ihren Pflegeeinrichtungen konfrontiert werden. Dabei müssen sie bei jedem Vorgehen beachten, dass sie fast ausnahmslos gegen Strukturen ankämpfen, die sie selbst nicht beeinflussen können. Umso wichtiger ist es, die maßgeblichen Verhaltensregeln zu beachten. Welche das sind, wie man konkret bei Pflegemängeln vorgeht, das verraten die 100 Tipps dieses Buches, kompakt, sachlich und leicht verständlich formuliert. Dieser Ratgeber zum Patienten-, Pflege-, Haftungs- und Beschwerderecht gehört in jedes Büro und auf jede Station.
Quelle: Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk, Pressemitteilung
« Letzte Änderung: 22. Juli 2011, 11:40 von admin » Gespeichert

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« Antworten #4 am: 22. Juli 2011, 02:24 »

Transparency begrüßt Urteil des Europäischen Gerichthofes für Menschenrechte zur Stärkung von Hinweisgebern

Hinweisgeberschutz in Deutschland muss weiter verbessert werden


Berlin, 22.07.2011 – Die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland begrüßt das Urteil des Europäischen Gerichthofes für Menschenrechte (EGMR) im Fall Heinisch gegen Deutschland als wichtigen Schritt zur Stärkung von Hinweisgebern. Die Kündigung einer Altenpflegerin, die ihren Arbeitgeber auf Missstände im eigenen Unternehmen hingewiesen hatte, verstößt laut EGMR gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.

Peter Hammacher, Leiter der Arbeitsgruppe Hinweisgeber bei Transparency Deutschland: „Nicht selten werden Hinweisgeber zu Opfern ihres Mutes, wenn sie auf wahrgenommene Missstände aufmerksam machen. In Deutschland haben wir die verquere Lage, dass Arbeitnehmer das Risiko tragen, dass ihre Hinweise von den Vorgesetzten als Angriff auf die eigene Person oder das Unternehmen verstanden werden.“

Im Rahmen des G20-Aktionsplans gegen Korruption hat sich Deutschland verpflichtet, bis Ende 2012 gesetzliche Regeln zum Schutz von Hinweisgebern einzuführen. Das jüngste Urteil des EGMR bestätigt, dass hier weiter Handlungsbedarf besteht. Transparency Deutschland fordert seit Jahren, dass der Schutz von Hinweisgebern vor Sanktionen in Deutschland verbessert werden muss.

In Deutschland werden zwei Drittel aller Wirtschaftsstraftaten durch Zufall aufgedeckt. Interne Kontrollsysteme greifen wesentlich seltener. Jedes Unternehmen und jede Behörde sollte daher Hinweisgebersysteme einrichten. Sie geben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit, qualifiziert über wahrgenommene Missstände zu berichten, ohne dass ihnen hieraus ein Nachteil erwächst.

„Hinweisgebersysteme müssen von ausgebildeten Personen betrieben und betreut werden, die die Spreu von Weizen trennen können. Nur so kann dem Missbrauch von Hinweisgebersystemen vorgebeugt und ihre Akzeptanz gestärkt werden“, so Hammacher.

Der EGMR in Straßburg gibt in seiner Entscheidung vom 21.07.2011 im Fall Heinisch gegen Deutschland einer deutschen Altenpflegerin Recht, der fristlos gekündigt wurde. Sie hatte darauf hingewiesen, dass ihrer Ansicht nach in dem Pflegeheim zu wenig Personal zur Verfügung stehe, um die Bewohner des Pflegeheims adäquat zu betreuen. Die Arbeitsgerichte hielten die Kündigung für gerechtfertigt. Der EGMR ist hingegen der Auffassung, dass die deutschen Gerichte nicht gerecht zwischen dem Recht der Arbeitgeberin, ihren Ruf zu schützen, und dem Recht der Altenpflegerin auf freie Meinungsäußerung abgewogen und dadurch Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt haben.

Quelle: Transparency International, Deutschland, Pressemitteilung vom 22.07.2011



Urteil des Gerichtshofs bestätigt ethische Verantwortung von Pflegenden

Berlin, 21.07.2011

Mit großer Freude und Erleichterung begrüßt der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) das heutige Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zugunsten der Berliner Altenpflegerin Brigitte Heinisch. „Dieses Urteil ist ein großartiges Signal und unterstützt diejenigen, die ihre professionelle Verantwortung für hilfebedürftige Menschen ernst nehmen“, sagt DBfK-Präsidentin Gudrun Gille.

„Pflegefachpersonen tragen eine individuelle Verantwortlichkeit für ihr Handeln und Unterlassen. Sie orientieren sich damit am Ethikkodex des Weltverbandes der Pflegeberufe. Zu dieser professionellen Haltung im Pflegeberuf gehört auch, auf strukturelle und organisatorische Ursachen von Minder- oder Fehlversorgung zu reagieren und diese adäquat und an zuständiger Stelle deutlich zu machen. Nur so ist der Schutz der anvertrauten Menschen zu gewährleisten.“

Unternehmen seien gut beraten, mit solch konstruktiver Kritik sachlich und offen umzugehen. Meldungen von Mängeln und Fehlern dürften keine Schuldzuweisungen und Repressalien zur Folge haben, sondern müssten als Chance zur Optimierung gesehen werden. Gutes Management, Wertschätzung von Mitarbeitern und eine von Vertrauen geprägte Unternehmenskultur seien unabdingbare Voraussetzungen für eine gute und sichere pflegerische Versorgung, so Gille.

Brigitte Heinisch wurde im Januar 2005 fristlos gekündigt, weil sie sich zunächst intern bei ihrem Arbeitgeber, dann aber auch öffentlich für menschenwürdige Pflegebedingungen einsetzte. Die Kündigung erfolgte ungeachtet der auch vom MDK bestätigten Mängel. In den folgenden Gerichtsverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht und dem Bundesverfassungsgericht wurde ihre Klage abgewiesen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrecht hat in seinem heutigen Urteil die Kündigung für unrechtmäßig erklärt.

Der DBfK hat bereits im Januar 2010 in einem Positionspapier die Auswirkungen des Mangels an Pflege dargestellt und politische Forderungen formuliert. Das Positionspapier zum aktuellen Pflegepersonalmangel kann als Download unter [www.dbfk.de/download/download/positionspapier_web.pdf] herunter geladen werden.

Quelle: http://www.dbfk.de, Pressemitteilung vom 21.07.2011
« Letzte Änderung: 26. September 2011, 11:11 von admin » Gespeichert

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« Antworten #3 am: 22. Juli 2011, 02:17 »

Zitat
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitstreiter,

nachstehend das Urteil vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Fall der Pflegekraft Brigitte Heinisch.

Wir beglückwünschen Brigitte Heinisch zu ihrem Erfolg beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Wir bewundern ihren Mut, mit dem sie für die Rechte der Heimbewohner und für ihr eigenes Recht gekämpft hat. Bei einer konkreten Gefährdung von Heimbewohnern muß es möglich sein, daß eine Pflegekraft sich an die Öffentlichkeit wendet, wenn die Heimleitung und die Heimaufsicht die Missstände nicht beseitigen.

Im Jahre 2001 und auf  Grund der Initiative von Christiane Lüst und den Mitgliedern des Forum Pflege aktuell hat im Mai 2011 ein Ausschuss für Menschenrechte der UNO auf die Missstände in Pflegeheimen hingewiesen und die Bundesregierung zur sofortigen Verbesserung der Situation aufgefordert.

Durch dieses Urteil wird es schwerer, Missstände in Heimen zu vertuschen. Es ist blamabel für die Bundesregierung, daß nicht sie sondern der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Pflegeheimbewohner und das Personal schützen muß.


Mit freundlichen Grüßen

Roswitha Hiefinger
Mitglied im Forum Pflege aktuell
Arbeitskreis gegen Menschenrechtsverletzungen an Pflegebedürftigen
www.forum-pflege-aktuell.de Mail: forum@forum-pflege-aktuell.de

Postanschrift: Ickstattstr. 9, 80469 München, Tel. 089-313 30 28

In Würde alt werden - Wir kämpfen dafür!

[UN kritisiert Missstände in deutschen Pflegeheimen >>]
« Letzte Änderung: 22. Juli 2011, 02:31 von admin » Gespeichert

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« Antworten #2 am: 22. Juli 2011, 02:12 »

Whistleblowing - Arbeitnehmerrecht auf Meinungsfreiheit
Altenpflegerin Brigitte Heinisch bekommt Recht vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte


Zivilcourage lohnt sich: Die Berliner Altenpflegerin und ver.dianerin Brigitte Heinisch machte die Missstände in einem Pflegeheim nicht nur öffentlich, sondern zeigte den Klinikbetreiber Vivantes wegen Betrugs an. Vivantes könne aus Mangel an Personal  keine ausreichende Versorgung der Pflegeheim-Bewohner mehr gewährleisten. Ihr Arbeitgeber kündigte ihr daraufhin fristlos. Am21. Juli 2011 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dass der fristlose Rauswurf gegen die Menschenrechtskonvention verstößt. Damit schützt das Gericht "Wistleblower"-Arbeitnehmer, die bei ihrem Arbeitgeber Missstände oder Gefahren für Mensch und Umwelt nicht länger hinnehmen und öffentlich machen.

[Zum vollständigen Bericht auf der Nachrichtenseite von ver.di >>]



Gerichtshof schützt Meinungsfreiheit von ArbeitnehmerInnen

ver.di begrüßt Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum Whistleblowing


Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR), wonach die fristlose Kündigung einer Beschäftigten wegen der Veröffentlichung von Missständen gegen Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt. Demnach gilt die Meinungsfreiheit von Beschäftigten auch im Arbeitsverhältnis: „Jetzt können sich Beschäftigte endlich ohne Angst vor Kündigung an die Strafverfolgungsbehörden wenden, wenn sie gravierende Missstände in ihren Unternehmen feststellen. Das bestätigt unsere Auffassung voll und ganz: Beschäftigte müssen sich an Behörden wenden dürfen, wenn sie von Gefahren für die Belegschaft, Verbraucher oder Patienten Kenntnis erlangen und der Arbeitgeber nichts unternimmt, um diese Gefahren zu beseitigen“, stellte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Gerd Herzberg fest.

[Hier zur ver.di Presseerklärung vom 21.07.2011 >>]

Quelle: ver.di Bundesverwaltung, Ressort 9, Fachbereich 3
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« Antworten #1 am: 22. Juli 2011, 02:03 »

Missstände kritisiert und entlassen
Brigitte Heinisch kämpft seit Jahren gegen ihre Kündigung

Brisant | 20.07.2011 | 17:15 Uhr

Zu wenige Pflegekräfte, Heimbewohner, die nicht gewaschen und schlecht ernährt werden - das sind Zustände, vor denen sich viele fürchten. Die Altenpflegerin Brigitte Heinisch hat auf solche Missstände hingewiesen - und dafür ihren Job verloren. Die deutschen Gerichte sahen die Kündigung als rechtens an. Jetzt entscheidet der Straßburger Menschenrechtsgerichtshof.
...

Quelle: http://www.mdr.de/brisant/heinisch100.html
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« am: 22. Juli 2011, 01:52 »

    Berliner Altenpflegerin bekommt Recht vor dem Europäischen Gerichtshof im Streit um ihre Kündigung

    Berlin - Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im französischen Straßburg hat Beschäftigten den Rücken gestärkt, die wegen interner Missstände öffentlich ihren Arbeitgeber kritisieren.
    ....

    Quelle: http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/auch-schwache-koennen-maechtig-sein/4419776.html



    Urteil des EGMR: Whistleblowing von Meinungsfreiheit geschützt

    Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat heute (21.07.2011) entschieden: Die fristlose Kündigung von Brigitte Heinisch, Berliner Altenpflegerin und Whistleblower-Preisträgerin 2007, und die Weigerung der deutschen Gerichte diese Kündigung aufzuheben, verstößt gegen das Recht auf Meinungsfreiheit, das in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechts-Konvention garantiert wird.

    Der Sachverhalt
    Anfang 2005 war Heinisch von ihrem Arbeitgeber, dem landeseigenen Berliner Konzern Vivantes fristlos gekündigt worden, weil sie im Dezember 2004 eine Strafanzeige gegen Vivantes wegen des Verdachts auf Betrug und weitere Straftaten gestellt hatte. Hintergrund war die Besorgnis von Heinisch um erhebliche Personal- und Qualitätsmängel in der Pflege. Hierauf hatte sie, teilweise auch gemeinsam mit Kolleginnen, zuvor schon mehrfach intern hingewiesen. Auch der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) hatte mehrfach Pflegemängel festgestellt. Aber weder Heinischs Hinweise noch die Feststellungen des MDK hatten zu einer Verbesserung der Situation geführt.

    Die heutige Entscheidung des EGMR
    In seiner Entscheidung (Volltext als HTML in Englisch / Pressemitteilung als PDF in Deutsch) benennt der EGMR das Verhalten von Frau Heinisch explizit als Whistleblowing und verweist auch auf die jüngste Entschließung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats zum Thema Whistleblowing.

    Im Kern der Entscheidung des EGMR geht es um die Frage, ob die Kündigung der Frau Heinisch eine in einem demokratischen Rechtsstaat notwendige und verhältnismäßige Einschränkung der Meinungs- und Informationsverbreitungsfreiheit darstellte. Hierzu nimmt das Gericht eine Einzelfallabwägung vor. Dabei stellt es jenen Grundrechten auf der einen Seite die vom Gericht explizit anerkannte Verpflichtung von Beschäftigten gegenüber ihrem Arbeitgeber zur Loyalität, Zurückhaltung und Diskretion auf der anderen Seite gegenüber.

    Ausgangspunkt des Gerichts ist der Grundsatz, dass Beschäftigte regelmäßig zunächst ihren Vorgesetzten oder andere kompetente Stellen über mögliche Missstände am Arbeitsplatz informieren sollten. Nur falls dies offensichtlich unpraktikabel sei, komme als letzter Ausweg der Gang an die Öffentlichkeit in Betracht. Es komme also darauf an, ob dem Beschäftigten andere effektive Wege zur Abstellung des Missstandes zur Verfügung standen. Der EGMR verweist dabei auf die Entschließung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, nach welcher dort, wo ein ordnungsgemäßes Funktionieren interner Whistleblowing-Kanäle nicht erwartet werden kann, der Arbeitgeber Missstände und Rechtsbrüche also trotz Hinweis nicht abstellt, externes Whistleblowing geschützt sein muss. Das Gericht betont dabei auch durchaus kritisch, dass das deutsche Recht keinen Rechtsanspruch des Whistleblowers auf interne Ermittlungen und Korrekturmaßnahmen vorsieht. Der von Frau Heinisch gewählte Weg, mehrfacher – erfolgloser – interner Beschwerden, gefolgt von einer unter anwaltlicher Beratung erstellten Strafanzeige war demnach nicht zu beanstanden, auch deshalb, weil Heinisch es zunächst auch bei einer bloßen Strafanzeige bewenden ließ und sich eben nicht direkt offensiv an die Medien wandte.

    In seine Abwägungsentscheidung bezieht das Gericht aber noch zahlreiche weitere Kriterien ein:

    • Der EGMR betont ausdrücklich das öffentliche Interesse an der Bekämpfung des Missstandes, bei dessen Vorhandensein der Spielraum für Beschränkungen der öffentlichen Debatte sehr eng sein muss. Dieses Interesse wurde vorliegend angesichts der hohen gesellschaftlichen Relevanz einer bestmöglichen Altenpflege bejaht.

    • Das Gericht sieht ein Interesse an der Vermeidung von diffamierenden und böswilligen Anschuldigungen ohne jegliche faktische Substanz. Dabei betont das Gericht zwar, der Whistleblower habe eine Verantwortung, die Richtigkeit seines Vorbringens in einer den Umständen angemessenen Art und Weise zu überprüfen. Zugleich macht der EGMR aber auch deutlich, dass das Anstellen von Ermittlungen Aufgabe der Staatsanwaltschaft sei, vom Whistleblower also nicht erwartet werden könne, dass er deren Resultat voraussieht. Im Ergebnis stellt der EGMR somit im wesentlichen – wie schon das Bundesverfassungsgericht im Jahre 2001 – darauf ab, ob die Anzeige unter Angabe bewusst falscher Fakten oder leichtfertig ohne Faktenbasis gestellt wurde. Im Fall Heinisch verneint der EGMR jenen Ausschlussgrund vor allem unter Verweis auf die entsprechenden Feststellungen des MDK. Auch betont das Gericht, dass selbst gewisse Übertreibungen und Generalisierungen insoweit unschädlich seien, da jedenfalls keine bloßen Behauptungen ohne Faktengrundlage ins Blaue hinein aufgestellt worden seien, sondern der Anzeige vor allem eine Beschreibung der Pflegemängel zu Grunde lag.

    • Auch die Motive des Whistleblowers bezieht der EGMR in seine Abwägungsentscheidung mit ein. Allerdings können diese wohl nur in Ausnahmefällen zu Einschränkungen führen, solange der Whistleblower insgesamt gutgläubig ist, also daran glaubt, dass die von ihm vorgebrachte Information wahr ist (selbst wenn sich dies hinterher als Irrtum herausstellen sollte). Im konkreten Fall von Frau Heinisch hat das Gericht diese Gutgläubigkeit bejaht und darüber hinaus deutlich gemacht, dass es unerheblich ist, ob ihr Handeln zusätzlich auch noch davon motiviert wurde, ihre eigenen Arbeitsbedingungen zu verbessern.

    • Weiterhin ist auch der Schaden für den betroffenen Arbeitgeber ein Kriterium, welches der EGMR im Rahmen seiner Abwägung heranzieht. Der Schutz vor Rufschädigung und Schutz von wirtschaftlichen Interessen seien von der Rechtsordnung anerkannt, sowohl im Interesse des Betroffenen als auch im Gemeinschaftsinteresse an einer funktionierenden Ökonomie. Zugleich bestehe aber gerade bei öffentlichen Arbeitgebern und Unternehmen in öffentlicher Hand auch ein Interesse daran, die Qualität der Dienstleistungen sicherzustellen und möglicherweise bestehende Defizite im Rahmen einer Untersuchung und einer öffentlichen Debatte aufzuklären. Gerade im Falle von Pflegeleistungen durch Unternehmen in öffentlicher Hand überwiege daher das öffentliche Informationsinteresse die Interessen des Unternehmens an der Sicherung seines Rufs und seiner Geschäftsinteressen.

    • Schließlich berücksichtigt der EGMR auch noch die Schwere des Grundrechtseingriffs und sieht die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses insoweit als maximale Sanktion an. Dabei stellt das Gericht nicht nur auf die massiven Auswirkungen für die betroffene Frau Heinisch ab, sondern auch auf die von der Kündigung ausgehende Abschreckungswirkung für andere Mitarbeiter. So sei es möglich, dass nicht nur Mitarbeiter von Vivantes, sondern auch andere in der Pflege Beschäftigte zum Schaden der Gesellschaft als Ganzer davon abgeschreckt werden könnten, auf Missstände hinzuweisen. Gerade in einem Bereich, in dem es um alte und kranke Menschen gehe, die ihre Rechte oft selbst nicht mehr wahrnehmen könnten, seien aber die Mitarbeiter am besten geeignet, ihren Arbeitgeber und die Öffentlichkeit insgesamt auf Missstände hinzuweisen. Das EGMR sah daher die Kündigung von Frau Heinisch auch unter diesem Aspekt als unverhältnismäßig an.

      Im Ergebnis stellte das Gericht somit einen Verstoß der Bundesrepublik Deutschland gegen Artikel 10 EMRK fest. Die deutschen Gerichte hätten es versäumt, eine faire Abwägung zwischen dem Ruf und den Rechten des Arbeitgebers und dem Recht der Beschäftigten auf Meinungsfreiheit herzustellen. Der EGMR sprach Frau Heinisch neben einer Kostenerstattung in Höhe von 5.000 EUR auch einen Schadensersatz für den erlittenen immateriellen Schaden in Höhe von 10.000 EUR zu, lehnte aber weitergehende Schadensersatzforderungen von Frau Heinisch ebenso ab wie ihr Vorbringen, dass zugleich auch das Recht auf ein faires Verfahren ausArtikel 6 EMRK verletzt worden sei. Hierzu stellt der EGMR nur knapp fest, dass Beweislastfragen Sache der nationalen Rechtsordnungen seien und Frau Heinisch die Möglichkeit hatte, vor den nationalen Gerichten ihre Position vorzutragen. Damit sei Artikel 6 Absatz 1 EMRK genügt worden.


    Die Folgen des Urteils für Frau Heinisch

    Das EGMR-Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Bundesregierung kann innerhalb von 3 Monaten gegen die heutige, einstimmig getroffene Kammerentscheidung Einspruch einlegen und die Verweisung an die Große Kammer des EGMR beantragen. Selbst mit der Rechtskraft der Entscheidung des EGMR würde das Arbeitsverhältnis der Frau Heinisch aber keineswegs automatisch fortbestehen. Dem stehen mehrere rechtskräftige Urteile deutscher Gerichte entgegen. Frau Heinisch hat jedoch die Möglichkeit, unter Berufung auf die Entscheidung des EGMR ein Restitutionsverfahren in Deutschland zu betreiben. Inwieweit sie damit, auch vor dem Hintergrund parallel erfolgter fristgemäßer krankheitsbedingter Kündigungen, Erfolg haben kann und eventuell sogar einen Ersatz des ihr entstandenen materiellen Schadens wird erreichen können, ist aber heute kaum absehbar.

    Eine erste Einschätzung des Urteils

    Das Urteil ist eine sehr positive Entscheidung. Das Whistleblower-Netzwerk freut sich sehr für und mit unserem Vorstandsmitglied Brigitte Heinisch. Wir beglückwünschen sie zu ihrer Rehabilitierung, bewundern die Energie, mit der sie das Urteil erstritten hat und wünschen ihr, dass sie diese auch noch haben wird, wenn es nun darum geht, ihren Weg weiterzuverfolgen und die Aufhebung der deutschen Fehlurteile zu erreichen. Dank gebührt auch ver.di und allen anderen Unterstützerinnen und Unterstützern von Brigitte Heinisch.

    Was die Übertragbarkeit des Urteils auf andere Fälle angeht: Wir sehen durch das Urteil eine deutlichen Stärkung der Position und Chancen von Whistleblowern vor Gerichten in Deutschland und Europa. Dies gilt aber leider bestenfalls für noch anhängige und zukünftige Gerichtsverfahren. Wir fordern daher nach wie vor, all jene ebenfalls zu rehabilitieren, denen, ähnlich wie Frau Heinisch, der Schutz von Gerichten bisher versagt wurde. Hier ist die Politik gefordert.

    Politischer Handlungsbedarf besteht aber nicht nur mit Blick auf Altfälle. Der Ruf nach einer gesetzlichen Regelung zum effektiven Schutz von Whistleblowern in Deutschland und Europa sollte nach dem heutigen Urteil des EGMR keineswegs verstummen, sondern umso kräftiger vorgebracht werden. Das Urteil hat zu Recht auf die Bedeutung von Whistleblowing in einer demokratischen Gesellschaft hingewiesen, aber auch darauf, dass in Deutschland Whistleblower kein Recht auf Aufklärung haben und der EGMR ihnen dieses ebenfalls nicht gewähren kann. Eine demokratische Gesellschaft aber braucht genau dieses Recht auf Aufklärung!

    Auch unter Schutzaspekten ist die bloße Korrektur von Teilen der bei Whistleblowern eingetretenen Schäden am Ende von äußerst langwierigen Gerichtsverfahren über viele Instanzen nicht ausreichend. Der EGMR konnte nur durch Auslegung ganz allgemeiner Rechtsprinzipien ein – von seiner Wirkung her zunächst auch großteils nur symbolisches – Urteil in einem Einzelfall herstellen und damit den von ihm selbst beschriebenen Abschreckungseffekt, dem sich potenzielle Whistleblower gegenübersehen, etwas abmildern. Es kommt aber darauf an, diesen Abschreckungseffekt zu beseitigen und Menschen positiv zu ermutigen, Missstände nicht nur in der Altenpflege sondern auch in vielen anderen Bereichen offen anzusprechen und auf Änderungen zu dringen. Hierfür ist das vorliegende Urteil mit all seinen differenzierten Formulierungen und Abwägungskriterien leider nur bedingt geeignet. In diesen Kriterien sind immer noch zu viele Unwägbarkeiten vorhanden. Betroffenen kann kurz nach Feststellung vermeintlicher Missstände daher in vielen Fällen nach wie vor nicht dazu geraten werden, sich an Behörden oder gar an die Öffentlichkeit zu wenden. Ist das Urteil auch auf Lebensmittelfälle, Korruption, Steuerhinterziehung oder auf Umweltvergehen und Datenschutzverstöße direkt übertragbar? Was gilt, wenn der Arbeitgeber Abhilfe verspricht – wie lange muss ein Arbeitnehmer dann abwarten, dass auch wirklich etwas passiert? Was gilt, wenn der Arbeitgeber zwar nicht kündigt, aber Karrieren blockiert, Whistleblower in leere Büros oder abgelegene Filialen versetzt oder sich sonstiger Mobbingtechniken bedient? Gilt diese Rechtsprechung auch bei anonymen Meldungen oder greift hier weiter die Meinung des Bundesarbeitsgerichts, dass die anonyme Wahrnehmung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit nicht möglich ist?

    Diese und viele weitere Fragen sind auch nach dem heutigen Urteil noch offen, offen für eine durch das Urteil hoffentlich beförderte Diskussion der Kernfrage: Wie viel Kenntnis über Missstände in Organisationen, wie viel behördliche und öffentliche Kontrolle und Diskussion will unsere Gesellschaft, und welchen Schutz und welche Anreize will sie Insidern dafür bieten, dass sie dies ermöglichen? Mit Spannung warten wir auch darauf, wie sich die Parteien bei der im Herbst anstehenden Debatte um gesetzlichen Whistleblowerschutz positionieren werden. Wir jedenfalls fühlen uns durch das heutige Urteil bestärkt, es stellt unserer Auffassung nach immerhin einen gewichtigen Schritt in die richtige Richtung dar.

    Quelle:© Whistleblower-Netzwerk e.V., Presseerkllärung vom 21.07.2011
    « Letzte Änderung: 22. Juli 2011, 02:02 von admin » Gespeichert

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     was wir tun, sondern auch für das,
    was wir nicht tun" (Jean Molière)
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