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Autor Thema: Tabletten-Blister, Medikamenten-Blister etc.  (Gelesen 91618 mal)
admin
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« Antworten #8 am: 14. August 2006, 08:32 »

Lohnt sich die Verblisterung für die Apotheke?

In Blister abgepackte Medikamente sollen vor allem in der Heimversorgung dazu beitragen, dass Heimbewohner ihre Arzneimittel patientengerecht mit Einnahmezeitpunkten verabreicht bekommen. Wesentliches Ziel ist also, die Therapietreue kranker Menschen zu erhöhen. Um das Heimpersonal zu entlasten, kann die Apotheke anbieten, für Patienten individuell zu verblistern. Da Verblistern jedoch mit einem mehr oder weniger großen Aufwand verbunden ist, stellt sich die Frage, ob bzw. in welchem Umfang dieser Aufwand von tatsächlichem und wirtschaftlichem Nutzen ist. Der folgende Beitrag soll dem Apotheker wesentliche Aspekte zu dieser Thematik vermitteln und ihm eine Nutzenbetrachtung für seine eigene Apotheke ermöglichen.  

Stichwort „Non-Compliance“: Absicht oder Vergesslichkeit?
Die ersten zentralen Überlegungen bei der Nutzenbetrachtung setzen bei dem Ziel der Verbesserung der Therapietreue an.  
 
Welchen Einfluss die Verblisterung auf die Non-Compliance von Patienten überhaupt hat, veranschaulicht Prof. Dr. Eberhard Wille, Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, in dem kürzlich vorgestellten ausführlichen Gutachten „Neuverblisterung von Arzneimitteln“ von Wille/Wolff anhand eines Baum-Diagramms.  
 
So müsse unterschieden werden, ob die Non-Compliance von Patienten aus Absicht (bei 50 Prozent), Vergesslichkeit bzw. Missverständnis (bei 30 Prozent) oder aus körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen (bei 20 Prozent) resultiere.  
 
Die Verblisterung könne nur die versehentliche Non-Compliance mindern. Nach Schätzungen von Wille sind das maximal 16 Prozent der Patienten. „Es gibt allerdings ein Selektionsproblem, da man es den Patienten nicht ansieht, ob sie non-compliant sind“, räumt Wille ein.  
 
Für eine erfolgreiche Verblisterung sei zudem erforderlich, dass Patienten ihre Arzneien eigenverantwortlich und höchstens viermal am Tag einnehmen. Ebenso müsse eine Aut-Idem-Abgabe bei Teilsortimenten zu zehn Prozent möglich sein.  
 
Dass Verblisterung die Therapietreue bei Patienten tatsächlich verbessert, hängt laut Wille von weiteren Voraussetzungen ab. Unerlässlich sei, dass die Gesamtmedikation überwiegend aus festen, oralen Arzneimitteln bestehe, einen großen Umfang aufweise sowie über längere Zeiträume konstant bleibe. Bei einer Dauermedikation sollten außerdem kaum Bedarfs- oder Akutmedikamente hinzukommen.
 
Zwangsläufig ungeeignet für die Verblisterung sind Säfte, Tropfen sowie Salben, die nur in der Original­packung an Patienten abgegeben werden können. Grundsätzlich kämen daher nur etwa 80 Prozent der verschriebenen Medikamente für das Verblistern in Betracht. Ein „Springen“ in den Verordnungen muss möglichst unterbleiben.  

Nutzen- und Kostenaspekte
Ein wichtiger Vorteil von verblisterten Arzneimitteln ist, dass Dosierungs- und Einnahmefehler minimiert werden können. Ggf. entstehen deshalb geringere Kosten durch vermiedene oder geminderte Komplikationen. Ebenso werden Doppelbestellungen und -rezeptanforderungen so gut wie ausgeschlossen. Eine Verblisterung kann sich für Apotheker möglicherweise sogar in höheren Umsätzen niederschlagen, da besonders umsatzstarke Patienten intensiver an die Apotheke gebunden werden.  
 
Die Sicht der Apotheke  
Auf der Ebene der Apotheke steht zunächst die Frage an, ob selbst verblistert wird, oder aber eine Verblisterung außer Haus infrage kommt.  
 
Nur relativ wenige „Großversorger“ verblistern selbst. Die konkrete Rechnung ist auch hier nicht einfach, da viele Faktoren einwirken. Die erwähnten Großversorger müssten eigentlich beinahe wie ein kleines Herstellunternehmen kalkulieren.  
 
Als Hauptkostenfaktor erweist sich dabei neben allfälligen Investitionen der tägliche Aufwand der manuellen bzw. teilautomatisierten Verblisterung. Dinge wie Erfassung der Patienten, die Datenverwaltung oder die EDV treten dahinter zurück, da bei einer ernsthaften Belieferung die Patienten ohnehin als „Karteikarte“ angelegt werden müssen.  
 
Größer kann dagegen schon der Abstimmungsaufwand mit den Ärzten werden, denn nur ein begrenzter Teil der Arzneimittel eignet sich zur Verblisterung. Überhaupt setzt die Verblisterung ein reibungslos funktionierendes Dreiecksverhältnis zwischen den Patienten (bzw. dem Pflegeheim), dem Arzt und dem Apotheker voraus. Bei Dosierungsänderungen muss entweder der Arzt, der Patient oder das Pflegeheim umgehend die Apotheke kontaktieren. Diese muss ihrerseits Arzneimittel zur Verfügung stellen und die Blister-Zusammensetzung verändern.  
 
Zudem macht das Konzept nur Sinn, wenn der weit überwiegende, idealerweise gesamte Bedarf eines Patienten geblistert angedient wird. Wenn drei Präparate in individuellen Blistern und vier weitere klassisch in Fertigpackungen (mit Handhabung wie bisher) beim Patienten erscheinen, ist das System schon ad absurdum geführt.  
 
Das Gutachten von Wille/Wolff schätzt die Gesamtkosten der Herstellung auf rund 18 bis 22 Euro je Blister. Um beispielsweise ein Pflegeheim durchschnittlicher Größe mit 67 Blistern zu versorgen, sei ein zeitlicher Aufwand von etwa zwei Arbeitstagen durchaus realistisch – das entspricht einen durchschnittlichen Aufwand von sechs Minuten je Blister zuzüglich Vorbereitung und Kontrolle durch das Vier-Augen-Prinzip.  
 
Die Werte können sich ggf. erhöhen, wenn verhältnismäßig hohe Investitionen und hohe Personalintensität auf eine schlechte Auslastung stoßen, weil eben nur wenige Streifen pro Tag hergestellt werden.  
 
Für gut ausgelastete „Profi-Verblisterer“, die viele hundert Betten versorgen, dürften die Vollkosten jedoch erheblich niedriger, vielleicht im Bereich einiger weniger Euro je Wochenblister liegen. Es sind jedoch stets Zusatzkosten, die in aller Regel nicht entsprechend honoriert werden.  
 
Doch ist es für eine solche Logistik-Apotheke ab einer gewissen Größenordnung fast eine unumgängliche Notwendigkeit, einen solchen Service zu bieten, auch wenn er sich für sich betrachtet kaum rechnet. In der Mischkalkulation mit der Abgabe von immer noch zahlreichen Fertigpackungen kann dennoch ein Gewinn stehen, das heißt, die Belieferung des Heimes kann an sich lohnenswert sein.  
 
Volkswirtschaftlicher Nutzen?  
Selbst wenn sich das System für einen Beteiligten nicht oder wenig rechnet, kann unter dem Strich trotzdem ein Plus stehen. Der entscheidende Aspekt dürfte dabei der Patientennutzen sein, der sich in einer Verbesserung der Therapie niederschlägt und die Sicherheit erhöht.  
 
Eine konkrete Aussage zu gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen ist jedoch schwierig zu treffen. Insgesamt handelt es sich nur um eine Verlagerung der Tätigkeit des Auseinzelns von den Pflegekräften bzw. den Patienten selbst auf ein relativ aufwändiges, teilmaschinelles System mit zusätzlichem Kontroll- und Logistikaufwand, ohne dass den Arzneien an sich ein Mehrwert hinzugefügt würde. Letztlich bedeutet das eine gewisse Verkomplizierung – an sich kein guter wirtschaftlicher Effekt.  

Pharmazeutische Qualitätssicherung ohne Verblisterung
Alternativ zur Verblisterung bieten sich für die Apotheke verschiedene Maßnahmen an, um die Arzneimittelversorgung der Heimbewohner zu optimieren und sicher zu gestalten:  

    * Vertiefte Schulung des Pflegepersonals
    * Verstärkte Kontrolle der Arzneimittelvorräte der Patienten
    * Pharmazeutische Betreuung der Bewohner insbesondere hinsichtlich der Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Arzneien

 
Quelle: http://www.heimversorger.de/lohnt-sich-die-verblisterung-f%C3%BCr-die-apotheke
« Letzte Änderung: 13. September 2016, 13:06 von admin » Gespeichert

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« Antworten #7 am: 10. August 2006, 02:40 »

Neuverblistern von Arzneimitteln kostet viel und bringt wenig

27.06.2006 - Berlin (VFA). "Nutzen nur für wenige, schwer identifizierbare Patienten, aber per Saldo keine erkennbaren ökonomischen Vorteile" - das ist das Resumée eines Gutachtens über den Sinn des industriellen Neuverblisterns von Medikamenten für chronisch kranke Patienten. Heute stellte Prof. Dr. Eberhard Wille vom Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre der Universität Mannheim das im Auftrag des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller erarbeitete Gutachten in Berlin vor.

Ein chronisch Kranker muss oft mehrmals täglich mehrere Medikamente einnehmen. Das brachte Unternehmen darauf, für Patienten individuelle Wochenblister anzufertigen, die für jeden Einnahmezeitpunkt die richtigen Tabletten oder Kapseln verschiedener Hersteller zusammengepackt enthalten. Ihrer Meinung nach brächte das nicht nur eine Erleichterung für den Patienten, sondern auch Vorteile für das Gesundheitssystem, da so die Therapietreue (Compliance) gefördert und Folgekosten aufgrund unregelmäßig durchgeführter und deshalb weniger wirksamer Therapien vermieden werden könnten.

Wille, der auch Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen ist, hält demgegenüber fest: "Die Neuverblisterung ist gegenüber der herkömmlichen Arzneimittelversorgung von vorn herein mit einigen Nachteilen behaftet." So ist vom Kostenaufwand her für die industrielle Fertigung eines Blisters ca. 1,50 Euro anzusetzen (noch mehr bei Fertigung in einer Apotheke), und für die Abgabe an den Patienten durch die Apotheke weitere 1,50 Euro. Mindestens soviel müssten also die Kassen pro Blister im Falle einer Kostenerstattung an anderer Stelle wieder einsparen, damit sich das Verblistern tatsächlich rechnet.

Zum zweiten brächte die Versorgung mit Wochenblistern für Patienten eine massive Einschränkung der ihm zur Verfügung stehenden Arzneimittel mit sich; denn kein Anbieter für Neuverblisterung wäre imstande, alle zugelassenen Arzneimittel in seine Fertigungsstraßen einzubeziehen. Ein Anbieter hat beispielsweise angekündigt, sich auf nur 400 Arzneimittel - von rund 15.000 nach Hersteller, Wirkstoff, Dosis und Darreichungsform unterschiedlichen Präparaten - zu beschränken. Dies bedeutet im Umkehrschluss für den Arzt, dass er künftig aus einer engen Positivliste verordnen müsste. Die Neuverblisterung ist auch für viele Arzneimittel prinzipiell nicht anwendbar. So lassen sich beispielsweise injektionspflichtige Arzneimittel nicht in die Blister einbeziehen.

Die behaupteten Vorteile können diese Nachteile nicht aufwiegen, denn, so Wille: "Mangelhafte Therapietreue ist nur in einem kleineren Teil der Fällen durch Verblisterung überwindbar." Oft sind andere Gründe - beispielsweise Angst vor Nebenwirkungen - ausschlaggebend, wenn Patienten ihre Medikamente nicht oder unregelmäßig einnehmen; das lässt sich jedoch durch Verblistern nicht überwinden. "Man könnte als Ausweg daran denken, nur solche Patienten mit neu verblisterten Medikamenten zu versorgen, bei denen Compliance-Vorteile zu erwarten sind", erläuterte Wille, "doch scheitert das daran, dass sich Ärzte nicht imstande sehen, diese Patienten zu identifizieren."

Auch für einzelne Subgruppen, etwa Patienten in Disease Management Programmen, konnte Wille keinen relevanten Nutzen der Neuverblisterung erkennen. Bei diesen Patienten ist die Therapietreue ohnehin hoch.

So ist die Bilanz zum Neuverblistern eindeutig negativ, die herkömmliche Form der Abgabe von Medikamenten im ambulanten Bereich bleibt überlegen. "Und für die Stärkung der Therapietreue wäre mit anderen, preiswerteren Maßnahmen wahrscheinlich mehr zu erreichen", so Wille abschließend.

Das Gutachten kann heruntergeladen werden unter: http://www.vfa.de/pm20060627

Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA) ist der Wirtschaftsverband der forschenden Arzneimittelhersteller in Deutschland. Er vertritt die Interessen von 39 weltweit führenden Herstellern und ihren über 100 Tochter- und Schwesterfirmen in der Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik. Die Mitglieder des VFA repräsentieren rund zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes und beschäftigen in Deutschland rund 86.000 Mitarbeiter, darunter mehr als 14.500 in Forschung und Entwicklung.

Quelle: www.vfa.de - Pressemitteilung 024/2006

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Dass ein industrielles Verblistern noch viele weitere Fragen aufwerfen kann, machte VFA-Geschäftsführer Dr. Ullrich Vorderwülbecke deutlich. So müsse man sich fragen, wie künftige Arzneimittelrückrufe vonstatten gehen sollten und ob Patienteninformationen wie die Packungsbeilage verzichtbar seien. Nicht auszuschließen sei zudem, dass die verschiedenen Arzneimittel untereinander in ihrem Blisterfach reagieren. "Wer sollte dann bei arzneimittelbedingten Problemen haften - Hersteller, Verblisterer oder Apotheker?"

Quelle: http://www.pharmazeutische-zeitung.de
« Letzte Änderung: 13. September 2016, 12:56 von admin » Gespeichert

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« Antworten #6 am: 10. August 2006, 01:39 »

Zitat:
"Es fragt sich, wie die individuelle Verblisterung arzneimittel-, apotheken- und sozialrechtlich zu bewerten ist. Insbesondere entzündet sich der Streit dort, wo Apotheker die Verblisterungsleistung von anderen Unternehmen professionell durchführen lassen. ...

... Die Bedenken gegen die industrielle Herstellung von Individualblistern sind gravierender, als die gegen die Induvidualverblisterung durch Apotheken. Insbesondere stellt sich die Frage, wie bei der Verblisterung durch Unternehmen die Arzneimittelsicherheit noch gewährleistet werden kann."

- RA Dr. Susanne Götting -
- Florian Meyer -

gefunden hier:
http://www.graefe-portal.de
« Letzte Änderung: 13. September 2016, 12:56 von admin » Gespeichert

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« Antworten #5 am: 09. August 2006, 23:22 »

Es liegen uns inzwischen Hinweise auf konkrete Probleme in Heimen vor, in denen die Medikamentenstellung durch Apotheken erfolgt.

An dieser Stelle möchten wir einen Erfahrungsaustausch zur personenbezogenen Verblisterung und Lieferung durch Apotheken anregen. Bitte schildern Sie Ihre persönlichen Erfahrungen - ohne Namen zu nennen oder persönlich bzw. polemisch zu werden.

Wir möchten hier niemanden an den "Pranger" stellen, sondern zum offenen Dialog aufrufen, um mögliche Fehlentwicklungen aufzeigen und ggf. beenden zu können.

Es sind ausdrücklich auch Pflegekräfte zum Dialog aufgerufen.
« Letzte Änderung: 13. September 2016, 12:56 von admin » Gespeichert

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« Antworten #4 am: 04. August 2006, 16:36 »

Verblisterungs-Service zulässig aber problematisch

Gerade habe ich erneut einen Hinweis auf Zulässigkeit von Verblisterungs-Service durch Apotheken (s.u.). Es ist also unter bestimmten Voraussetzungen die personen- und taggenaue Verblisterung und Lieferung der Arzeimittel durch Apotheken zulässig.

Die Umsetzung halte ich allerdings für kaum praktikabel. Folgende Fakten sprechen gegen diesen "gut" gemeinten Service der Apotheken und haben m.E. nur die Bindung des Heims an die Apotheke als Sinn:

  • kurzfristige Med-Änderungen problematisch
  • Chargen-Nr., Verfalldatum, Beipackzettel nicht vorhanden
  • Pflegekräfte verlieren den Bezug zur Dosierung der Medikamente
  • Pflegekräfte verlieren Verantwortungsbewußtsein ("Verantwortung liegt ja bei Apotheken")
  • Pflegekräfte wissen nicht mehr wer was an Med. erhält
  • Pflegekräfte können Auswirkungen der Med. nicht mehr "reflektieren"
  • Pflegekräfte sind so keine verläßlichen Gesprächspartner für Ärzte

und rechtlich gesehen:
  • für den/die Betroffene(n) gibt es keine freie Wahl der Apotheke mehr!

Aber auch bei der Medikamentenstellung durch das Pflegepersonal gab / gibt es immer wieder Probleme. Es kommt immer wieder zu häufig zu Schwierigkeiten, die auf Schwachstellen im System hinweisen:

  • Medikamente werden falsch zusammengestellt
  • Medikamente werden werden nach Zusammenstellung vertauscht
  • Medikamente werden an falsche Person ausgegeben
  • Medikamentengabe wird nicht kontrolliert (hat er/sie auch "geschluckt"?)
  • Werden die Medikamente vom Patienten/Bewohner wieder ausgespuckt?


Daraus lassen sich die folgenden Qualitäts-Forderungen ableiten:
  • => Medikamenten-Zusammenstellung von einer Person
  • => am besten Kontrolle von einer zweiten ...
  • => Zusammenstellung direkt in Tages-Schiebeblister
  • => möglichst kein Umfülllen der Med aus Schiebeblister in "Med-Hütchen"
         (oder nur direkt bei der Med-Verabreichung)
  • => Einnahme "kontrollieren" (Mund leer / Med geschluckt?)

Wäre schön, wenn sich Andere mit ihren Erfahrungen hier auch äußern würden  Zwinkernd
« Letzte Änderung: 13. September 2016, 12:55 von admin » Gespeichert

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« Antworten #3 am: 04. August 2006, 15:48 »

Die Versandapotheke Sanicare darf Arzneimittel für Heimbewohner individuell portionieren und verpacken.

Dieses Urteil (Az.: 3 A 89/04) hat jetzt das Oberverwaltungsgericht Lüneburg gefällt. Hintergrund war ein Rechtsstreit zwischen dem Unternehmen aus Bad Laer und der Bezirksregierung Weser Ems sowie der Niedersächsischen Apothekerkammer, berichtete die Ärzte-Zeitung. Bezirksregierung und Apothekerkammer hatten das Verblistern für unzulässig erklärt. Eine Apotheke benötige hierfür nach dem Arzneimittelgesetz eine Herstellungserlaubnis. Ungeachtet dessen will das Unternehmen Sanicare das Verblistern nun auf den ambulanten Bereich ausdehnen.

Quelle: Altenheim 08/2006
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« Antworten #2 am: 23. Juni 2006, 10:06 »

Der genaue Wortlaut des Gesetzes kann nachgelesen werden:

Änderung des Apothekengesetzes vom 21.08.2002 [Download]

Quelle: http://www.gesundheitspolitik.net/f_home_html.html
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« Antworten #1 am: 23. Juni 2006, 09:47 »

Alten- und Pflegeheimversorgung

Seit 28.08.2003 gilt die Regelung des § 12a Apothekengesetz (ApoG), wonach die Arzneimittelversorgung der Bewohner von Alten- und Pflegeheimen durch Abschluss eines Versorgungsvertrages mit den Heimen sichergestellt wird. Diese Verträge sind genehmigungspflichtig.

[mehr >> bei Landesapothekenkammer Baden-Würtemberg]
« Letzte Änderung: 13. September 2016, 12:54 von admin » Gespeichert

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« am: 08. Juni 2006, 13:23 »

Versorgungsverträge zwischen Heim und Apotheke

Am 27.08.2002 wurde das Gesetz zur Änderung des Apothekengesetzes verkündet. Die Neufassung des Apothekengesetzes (ApoG) sieht in ihrem § 12a vor, dass die Inhaber von öffentlichen Apotheken verpflichtet sind, mit den Trägern von Heimen schriftliche Verträge zur Versorgung der Bewohner mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten zu schließen.

Ziel dieser Regelung, welche erst ein Jahr nach Verkündung in Kraft tritt, ist es, die Arzneimittelsicherheit in Heimen zu erhöhen. Art und Umfang der Versorgung, das Zutrittsrecht zum Heim und die Pflichten des Apothekers zur Überprüfung der ordnungsgemäßen Aufbewahrung der von ihm gelieferten Produkte sowie deren Dokumentation sind in diesen Verträgen genauso zu regeln wie die Pflichten des Apothekers zur Information und Beratung der zuständigen Beschäftigten des Heimes.

Der Vertrag bedarf zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung der auf Landesebene für das Apothekengesetz zuständigen Behörde (z. B. in Hessen das Regierungspräsidium).

Zwar darf der Vertrag die freie Apothekenwahl der Heimbewohner nicht einschränken und auch keine Ausschließlichkeitsbindung zu Gunsten einer Apotheke enthalten, doch wird die Praxis anders aussehen.

Viele Apotheken wittern in der Pflegeheim-Belieferung daher ein gutes Geschäft und stehen schon in den Startlöchern. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände (ABDA) hat bereits einen Mustervertrag entworfen und diesen dem BMG zur Prüfung der generellen Genehmigungsfähigkeit vorgelegt. Es liegt auf der Hand, dass in diesem Mustervertrag vor allem die Interessen der Apotheken, nicht so sehr die der Heime, Berücksichtigung finden.

Die neuen Kooperationsvereinbarungen eröffnen den Heimen jedoch auch die Chance, verschiedene eigene Verpflichtungen, z. B. aus dem HeimG, in kompetente Hände weiterzugeben. So könnte es z. B. den Apotheken übertragen werden, sicherzustellen, dass Arzneimittel bewohnerbezogen und ordnungsgemäß aufbewahrt und die in der Pflege tätigen Mitarbeiter mindestens einmal im Jahr über den sachgemäßen Umgang mit Arzneimitteln beraten werden (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 10 HeimG).

Auch ist es anzuraten, die Verpflichtung zur Dokumentation von Erhalt, Aufbewahrung und Verabreichung von Arzneimitteln einschließlich der pharmazeutischen Überprüfung der Arzneimittelvorräte (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 5 HeimG) vertraglich der Apotheke zu übertragen. Die Apotheken haften in diesem Fall für die ordnungsgemäße Durchführung. Schließlich könnte es auch im Interesse des Heimträgers sein, die Verblisterung (Verteilen der Medikamente in die Tagesdispensoren) in den Verträgen nach § 12a ApoG zu regeln.

Quelle: Informationsblatt RAe Iffland & Wischnewski
« Letzte Änderung: 13. September 2016, 12:55 von admin » Gespeichert

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