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Autor Thema: Bremen: Gerichtsurteil im Fall von Gewalt im Pflegeheim der Hansa-Gruppe  (Gelesen 106987 mal)
admin
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« Antworten #16 am: 16. November 2012, 13:38 »

Siehe dazu auch:

Lkr. Lüneburg/Hildesheim:
Sozialhilfeempfänger sollen in Billigheime[>>]
« Letzte Änderung: 16. November 2012, 13:42 von admin » Gespeichert

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« Antworten #15 am: 16. November 2012, 13:18 »

Zitat von: Weser-Kurier, 16.11.2012
Anklage gegen Pflegerin

Gegen eine Mitarbeiterin des Pflegezentrums Forum Ellener Hof hat die Staatsanwaltschaft jetzt Anklage erhoben. Ihr wird die Misshandlung einer 85-jährigen Patientin vorgeworfen. Der Sohn der an Demenz leidenden Frau hatte die Übergriffe heimlich mit einer Kamera dokumentiert. Das Video wird voraussichtlich das Hauptbeweismittel in dem Verfahren sein – trotz des Vorwurfs, es sei illegal entstanden. Der Anwalt des Sohnes sieht seinen Mandanten im Recht.

VON SÖNKE MÖHL UND HELGE DICKAU

Bremen. Der Fall einer 85 Jahre alten Frau, die im Pflegezentrum Forum Ellener Hof misshandelt worden ist, geht jetzt vor Gericht. Gegen die beschuldigte Pflegerin ist jetzt Anklage erhoben worden, der Vorwurf lautet: Misshandlung von Schutzbefohlenen. Einen Verhandlungstermin hat das Amtsgericht Bremen noch nicht festgelegt. „Die Anklage ist am 10. November erhoben und der Angeklagten dann zugestellt worden“, sagt Claudia Kück, Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Wie berichtet, war der Fall ans Licht gekommen, nachdem Detlef Westphal, der Sohn der an Demenz leidenden Frau, eine Kamera in deren Zimmer im Altenheim installiert hatte. Zuvor hatte seine Mutter sich wiederholt darüber beklagt, dass eine Pflegerin sie schlage und misshandle. Die Kamera-Aufnahmen zeigen, wie die Frau von ihrer Pflegerin gestoßen und an den Haaren gezogen wird. Der Vorfall hat sich nach Angaben des Heimbetreibers, der Hansa-Gruppe mit Sitz in Oldenburg, bereits im Juni ereignet. Nachdem die Heimleitung mit den Bildern konfrontiert wurde, entließ sie die Pflegerin sofort.

Die Krux an der Sache: Die Videoaufnahmen sind heimlich entstanden. Das sei zwar im Grunde nicht erlaubt, aber auch nicht illegal, betont Hanno von Freyhold, der Anwalt Westphals. Denn in diesem Fall habe ein begründeter Verdacht bestanden, der die Aufnahmen rechtfertige. Zudem müssten Rechtsgüter abgewogen werden: Der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Pflegerin mittels des Videos gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit der Patientin. „Letzteres wiegt schwerer“, sagt der Anwalt.

„Wir sind uns der Problematik bewusst“, sagt Claudia Kück von der Staatsanwaltschaft. „Es ist zu diskutieren, ob das Video zu verwerten ist.“ Die Staatsanwaltschaft sei aber der Meinung, dass es „nicht vollkommen unverwertbar“ sei und verweist ebenfalls auf die Rechtsgüterabwägung. Zudem gebe es noch ein weiteres Beweismittel, sagt Kück. Worum es sich dabei handelt, könne sie aber vor der Verhandlung nicht preisgeben. In Paragraf 225 des Strafgesetzbuches ist festgelegt, dass die Misshandlung von Schutzbefohlenen mit einer Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren geahndet wird.

Der aktuelle Fall ist laut Kück der erste in Bremen, in dem Gewalt in der Pflege mit Videoaufnahmen belegt wird. Verfahren zu Gewalt in der Pflege gab es allerdings immer wieder. Auch die Pflegerin, gegen die jetzt Anklage erhoben wird, sei schon vorher einmal von einer anderen Patientin angezeigt worden, sagt Hanno von Freyhold. Dieses Verfahren, in dem Aussage gegen Aussage stand, sei aber eingestellt worden. Diesmal wiegt die Beweislast schwerer. „Der Knackpunkt in diesem Verfahren wird wohl die Schuldzumessung werden“, vermutet der Anwalt. „Die Pflegerin wird sich wahrscheinlich auf Überlastung oder Ähnliches berufen.“

Der Heimaufsicht in Bremen würden jedes Jahr etwa 500 Meldungen gemacht, sagte der Sprecher des Sozialressorts, Bernd Schneider. Bei einem geringen Teil gehe es um Gewalt. Er geht jedoch von weit mehr Fällen aus, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen. In Bremen gibt es 100 Altenpflegeheime mit 7800 Plätzen. Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) hatte erschüttert auf den Fall reagiert. Die Bilder dokumentierten einen extrem rohen und würdelosen Umgang mit einem pflegebedürftigen Menschen. „Eine solche Behandlung Schutzbedürftiger ist durch nichts zu rechtfertigen“, sagte sie den Mitgliedern der Sozialdeputation.

Die Hansa-Gruppe startete inzwischen mit der Entwicklung des Projekts „Halt vor Gewalt“ und reagiert damit auf den Vorfall in ihrer Einrichtung. Ähnliche Projekte anderer Betreiber hätten gute Ergebnisse gezeigt, sagte die Sprecherin des Unternehmens, Sigrid Laffin-Hommes. Was an konkreten Maßnahmen dahinter steckt, wollte sie gestern nicht sagen und verwies auf eine geplante Pressekonferenz in der kommenden Woche, bei der alle Fragen zu dem aktuellen Fall und zum Projekt „Halt vor Gewalt“ beantwortet würden. Bislang hat es laut Laffin-Hommes bei der Hansa-Gruppe noch keine Projekte dieser Art gegeben. Für die Hansa-Gruppe sei der respektvolle und würdevolle Umgang mit den hilfebedürftigen Menschen ein Leitmotiv. „Sollte es dennoch einmal zum Fehlverhalten eines Mitarbeiters kommen, wird diesem mit den Mitteln des Arbeitsrechts konsequent entgegengetreten“, so das Unternehmen.
Quelle: www.weser-kurier.de, 16.11.2012
« Letzte Änderung: 20. November 2012, 19:08 von admin » Gespeichert

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« Antworten #14 am: 16. November 2012, 13:10 »

Radio Bremen-TV / buten un binnen

Anklage gegen Altenpflegerin

Die Staatsanwaltschaft Bremen hat eine Altenpflegerin wegen Misshandlung angeklagt. Der Fall kam ans Licht, weil der Sohn des Opfers mit versteckter Kamera die Übergriffe gefilmt hatte. Der Sohn war es auch, der Anzeige erstattet hatte. Die Pflegerin hat die Taten mittlerweile eingeräumt.

Autor(in):        Sebastian Manz
Länge:            2:01
Datum:           Donnerstag, 15. November 2012
Sendereihe:     buten un binnen Magazin | RB TV
Stichwörter:    Versteckte Kamera, Altenheim, Übergriff, Misshandlung, Frank Passade, Staatsanwaltschaft, Amtsgericht Bremen, Pflegerin
Permalink:       http://www.radiobremen.de/mediathek/index.html?id=79107

Quelle: buten un binnen Magazin | RBTV - 15.11.2012



„Wertewandel ist nötig“
Stefan Görres im ZDF-Interview


Für den Umgang mit älteren Menschen sind ein geändertes Bewusstsein und ein Wertewandel in der Gesellschaft nötig, erklärte Prof. Dr. Stefan Görres, Direktor des Instituts für Public Health und Pflegeforschung (IPP) der Uni Bremen in einem ZDF-Interview. Anlass für das Gespräch, das am 14.11.2012 im ZDF heute journal ausgestrahlt wurde, war ein kürzlich bekannt gewordener Vorfall in einem Bremer Pflegeheim, durch den das Thema Gewalt in der Pflege in das öffentliche Bewusstsein gerückt ist.

Sehen Sie den ZDF-Beitrag „Gewalt im Pflegeheim“ im ZDF heute journal vom 14.11.2012 um 23:04 Uhr in der ZDF-Mediathek unter:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1774992/ZDF-heute-journal-14-November-2012

Sehen Sie das Interview mit Prof. Dr. Stefan Görres unter:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1775038/Stefan-Görres:-Wertewandel-ist-nötig

Quelle: http://www.ipp.uni-bremen.de/pages/abteilung3/aktuell.php?abtId=3
« Letzte Änderung: 24. November 2012, 00:13 von admin » Gespeichert

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« Antworten #13 am: 14. November 2012, 23:39 »

Zitat von: Deutschlandfunk
Gewalt im Pflegeheim - Einzelfall oder an der Tagesordnung?

Sendezeit: 14.11.2012 05:18
Autor: Selzer, Christina
Programm: Deutschlandfunk
Sendung: Informationen am Morgen
Länge: 03:31 Minuten [>>]

Zitat von: Deutschlandfunk
Interview mit Rolf Hirsch, Vors. Krisenberatungsstelle Handeln statt Misshandel

Sendezeit: 14.11.2012 08:15
Autor: Barenberg, Jasper
Programm: Deutschlandfunk
Sendung: Informationen am Morgen
Länge: 07:11 Minuten [>>]

Text zum Beitrag:
"Ich möchte, dass der alte Mensch vor Ort in Würde behandelt und gepflegt wird"

Zitat von: Deutschlandfunk
Ein erschütterndes Beispiel aus Bremen - Gewalt in Pflegeheim

Sendezeit: 14.11.2012 14:23
Autor: Selzer, Christina
Programm: Deutschlandfunk
Sendung: Deutschland heute
Länge: 04:37 Minuten [>>]
Quelle: http://www.dradio.de/dlf/



ZDF - Volle-Kanne Top-Thema  |  14.11.2012 - 9:05 Uhr

Pflegenotstand im Altenheim
Trotz Missständen eine gute Einrichtung finden


Gestresste Pfleger, mangelhafte Therapien, kaltes Essen: Kaum ein Pflegebedürftiger weiß wirklich, was ihn im Pflegeheim erwartet. Wenn Senioren nicht mehr allein in ihrer Wohnung leben können, ist das Pflegeheim oft der letzte Ausweg. Für die Angehörigen ist die Suche nach einer passenden Einrichtung nicht leicht. Schließlich sind Nachrichten über Missstände an der Tagesordnung. ...

[vollen Beitrag lesen >>]

[Video ansehen:  Missstände im Altenheim >>]

Quelle: http://www.zdf.de/ZDF/zdfportal/web/ZDF.de/Volle-Kanne/




ZDF - drehscheibe Deutschland | 14.11.2012 - 12:10 - 13:00 Uhr

u.a.
Empörtes Bremen
Gewalt im Altenpflegeheim


[TV-Beitrag ansehen (Minuten 36:55 - 40:10) >>]

Quelle: http://drehscheibe.zdf.de/ZDF/zdfportal



ZDF - heute-journal | 14.11.2012 - 23:05 - 23:32 Uhr

u.a.
Schläge statt Betreuung
Gewalt im Pflegeheim


[TV-Beitrag ansehen >>]

Quelle: http://www.heute.de/ZDF/zdfportal/web/heute-Nachrichten/4672/25255240/4177e3/Demenzkranke-Mutter-im-Heim-misshandelt.html
« Letzte Änderung: 15. November 2012, 02:22 von admin » Gespeichert

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« Antworten #12 am: 10. November 2012, 15:52 »

Zitat von: Weser-Kurier, 10.11.2012
Heimpersonal warnt vor pauschaler Kritik

Bremen (fis). Im Fall der von einer Pflegekraft misshandelten Frau haben nun die Mitarbeiter des betroffenen Heims „Forum Ellener Hof“ reagiert. Die Beschäftigten verwahren sich in einem Brief gegen eine pauschale Verurteilung der Heimmitarbeiter. „Es kann und darf nicht sein, dass alle über einen Kamm geschoren werden“, heißt es in ihrer Stellungnahme. Die „gute und professionelle Arbeit“, die von vielen im Heim geleistet werde, dürfe durch den Fall nicht in Misskredit geraten. Man sei indes froh, dass durch die Videoaufnahmen die Misshandlung öffentlich wurde, auch wenn „das Mittel der Videoaufnahme nicht gerade der richtige Weg gewesen“ sei. Die Beschäftigten verurteilen das Vorgehen ihrer Ex-Kollegin, die nach Bekanntwerden des Vorfalls sofort entlassen worden war. „Es gibt nach unserer Ansicht keine Rechtfertigung oder Erklärung für ein solches Verhalten“, so die Mitarbeiter.

Zitat von: Weser-Kurier, 10.11.2012
Was tun gegen Gewalt in der Pflege?

VON MATTHIAS SANDER

Bremen. Der aktuelle Fall von Gewalt einer Pflegerin gegen eine pflegebedürftige Frau war gestern Thema in der Seniorenvertretung. Der Vorstandsvorsitzende der Bremer Heimstiftung, Alexander Künzel, forderte neue Kriterien zur Kontrolle und Bewertung von Pflegeheimen.„Wie sieht die Prävention gegen Gewalt aus? Wie deeskalieren Pflegekräfte in brenzligen Situationen?“ – diese Fragen müsse die Heimaufsicht stellen, so Künzel. Gute Heimträger gäben derartige Auskünfte bereits freiwillig, „aus Fürsorge für die Mitarbeiter“. Bei privaten, profitorientierten Trägern sei das nicht immer so.

Gewalt in der Pflege verhindere man am besten mit einer kommunikativen Personalführung, sagte Künzel. „Wenn der Stil autoritär ist, wenn die Mitarbeiter einen Maulkorb bekommen, dann ist Gewalt eher möglich.“ Pflegekräfte müssten Missstände ohne Nennung ihres Namens melden können.

Künzel berichtete von einer starken Zunahme der Fälle, in denen sich Mitarbeiter der Heimstiftung wegen psychischer Probleme und Burnouts an die interne Sozialberatung wenden. Der Druck auf die Pflegekräfte werde weiter zunehmen. „Wir müssen sparen. Wir werden weder höhere Pflegesätze noch mehr Personal bekommen“, sagte Künzel. Vielmehr werde es in Zukunft weniger Pflegekräfte für mehr Pflegebedürftige geben, auch weil zu wenige Pfleger vorhanden seien.

Klaus Krancke, Leiter des Referats für ältere Menschen in der Sozialbehörde, sagte, der aktuelle Fall von Gewalt gegen eine Heimbewohnerin wäre nicht mit mehr Personal oder mehr Kontrollen verhinderbar gewesen. Er forderte ein „Klima der Offenheit gegenüber Themen wie der Arbeitsbelastung von Pflegern“. Zudem müssten in den Heimen extern lebende Menschen, etwa Nachbarn und Ehrenamtliche, „ein- und ausgehen, um Schlimmes hinter verschlossenen Türen zu verhindern“.

Margot Schulz, Mitglied der Seniorenvertretung und Ehrenamtliche in mehreren Heimen, erklärte hingegen: „Wir sind nicht in allen Heimen gerne gesehen. Da heißt es: ,Die kommen wieder schnüffeln’.“ Ein weiteres Mitglied der Seniorenvertretung, Reinhard Werner, sagte, dass es nicht immer die für Kritik nötige offene Gesprächskultur gebe: „Viele Pflegebedürftige und auch Angehörige fürchten eine schlechtere Behandlung, wenn sie etwas kritisieren.“ Einig schien sich die Seniorenvertretung jedoch darin, dass die allermeisten Pflegekräfte gewissenhaft arbeiteten.
Quelle: www.weser-kurier.de, 10.11.2012
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« Antworten #11 am: 10. November 2012, 00:36 »

Interview zu Gewalt in der Pflege

Die meisten Guten bleiben nicht lange

In einem Bremer Seniorenheim ist eine demente Bewohnerin misshandelt worden. Ihre Pflegerin wurde daraufhin entlassen, hat aber schon wieder einen neuen Job in einem anderen Pflegeheim. In unserem Online-Interview schildert ein 47-jähriger Altenpfleger anonym seinen beruflichen Alltag. Er sagt: Aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen bleiben die guten Pflegekräfte nicht lange. Die Heime müssen jeden nehmen, den sie bekommen können.

Pfleger mit einer Patientin [Quelle: Radio Bremen]

Oft müssen die Patienten lange auf Betreung warten, weil die Pfleger total überlastet sind, moniert unser Interviewpartner.

Radio Bremen: Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrem Arbeitsalltag mit Gewalt in der Pflege gemacht - bekommt man das überhaupt mit, wenn das bei Kollegen passiert?

Altenpfleger: Persönlich habe ich noch keinen Fall gesehen, wo das jemandem angetan wurde.

Eine Pflegerin reißt eine ältere Frau an den Haaren [Quelle: Westphal]
Quelle: Westphal
zoom

Diese Szene hat der Sohn der alten Dame heimlich gefilmt: Die Pflegerin reißt den Kopf der Frau an den Haaren hin und her.

Im Gegenteil: Unter dem Pflegepersonal gibt es wirklich gute Leute! Die sind sehr engagiert und bemüht und geben alles. Aber es ist sehr schade, dass die meisten Guten nicht lange bleiben. Sie gehen weg, machen andere Jobs. Denn sie kommen mit anderen Vorstellungen in den Beruf, wollen Gutes tun, sind dann aber konfrontiert mit schlechter Bezahlung und extrem schweren Bedingungen. Deswegen suchen sie sich neue Jobs.

Ob ein pflegebedürftiger Mensch misshandelt wurde, kann man aber ganz gut erkennen. Man sieht die blauen Flecken. Alte Menschen bekommen zwar sehr schnell Flecken, aber es lässt sich relativ gut unterscheiden, wo die herkommen - ob durch Misshandlungen oder Fehler in der Pflege.

Wie oft kommt das vor?

Wie gesagt, ich selbst habe es noch nie erlebt. Wenn mir jemals Misshandlung in der Pflege auffallen würde, würde ich die Person sofort anzeigen! Problematischer finde ich die Vernachlässigung in der Pflege: Die Patienten müssen manchmal lange warten, bis das Pflegepersonal Zeit hat, wieder im Zimmer vorbei zu schauen und zu kontrollieren. Dann liegen die Menschen häufig in ihren Exkrementen und warten, bis jemand kommt.

Warum entwickeln Pflegekräfte Aggressionen gegenüber ihren Patienten? Kennen Sie das auch - dass man irgendwann wütend wird?

Demente Patienten sind wirklich schwierige Fälle - sie können jeden Menschen aus der Fassung bringen.

Vor allem, wenn man unter Druck arbeitet, ihnen zum Beispiel Essen gibt und sie alles wieder ausspucken. Schluck-Störungen sind extrem häufig bei alten und dementen Personen. Das ist gefährlich, denn dann geht das Essen in die Lunge. Deshalb braucht man hier extrem viel Zeit und man muss wissen, was man tut, wie der Körper funktioniert, wie man die Patienten halten und drehen muss.


Das kann schon mal eine Stunde dauern. Diese große Verantwortung und der extreme Druck, das kann einem mürbe machen.

Hat man Sie in der Ausbildung darauf vorbereitet, dass Sie mit solchen Situationen konfrontiert werden?

Ich hatte großes Glück: Ich habe viele Profi-Pfleger getroffen, zum Beispiel eine Lehrerin aus Russland, die schon zwanzig Jahre in der Pflegeschule gelehrt hatte. Außerdem habe ich mit vielen wirklich talentierten Leute zusammengearbeitet -  aber wie gesagt: Viele gehen weg. Andere Kollegen haben in ihrer Ausbildung nicht so viel Glück gehabt.

Insgesamt stört mich an der Ausbildung, dass zu viel Theorie gelehrt wird; Fächer wie "Beschäftigungstherapie" oder "lernen zu lernen", aber viel zu wenig Anatomie, Physiologie und Krankheits- und Arzneimittellehre. Das wird meiner Meinung nach vernachlässigt. Denn im Gegensatz zu Krankenschwestern haben wir nicht immer einen Arzt in der Nähe, der beurteilen kann, wie schlecht es den alten Leuten wirklich geht.

Warum wollen so wenige Leute in der Altenpflege arbeiten?

Der Status des Pflegepersonals ist schlecht, der Berufsstand wird nicht hoch geschätzt, die Menschen verdienen zu wenig. Im Prinzip müssten aber Altenpfleger in der Hierarchie die gleiche Stellung haben wie Krankenschwestern aus der Intensivpflege oder der Palliativmedizin.

Eine Broschüre zum Thema Gewalt in der Pflege [Quelle: Radio Bremen] zoom

Das Thema Gewalt ist auch den Pflegeeinrichtungen bekannt. Sie versuchen aufzuklären.

In unserem Bereich arbeiten hauptsächlich Frauen, sehr häufig alleinerziehende Mütter. Die arbeiten Vollzeit, können aber davon nicht leben. Die Arbeitsbedingungen sind schlecht, wir haben viel zu viele Patienten und zu wenig Zeit. Ich sage immer: Wenn Krankenschwestern diesen Job machen müssten, würden sie nach einem Monat in die Knie gehen. Die Belastungen sind extrem: körperlich, aber auch psychisch.

Trotzdem muss man aber sagen, dass es viele sehr gute Menschen im Pflegebereich gibt und wir sollten alles daransetzen, um sie zu behalten, damit sie nicht auch noch abwandern.

Wieviele Kollegen mehr bräuchten Sie, um vernünftig arbeiten zu können?

Mindestens 25 Prozent mehr Leute, ab sofort. Das Krankheitsbild der Pflegebedürftigen verschlechtert sich immer mehr. Vor 20 Jahren waren die Patienten in Altenheimen noch mobiler, man konnte mit ihnen herumlaufen, spazieren gehen, sie waren insgesamt selbständiger.

Heute geht man nur ins Pflegeheim, wenn es wirklich gar nicht mehr anders geht. Deshalb sind die alten Leute heute öfter schwer krank als früher, ein großer Teil ist komplett bettlägerig. Man kann sich kaum vorstellen, in welchem Zustand sich diese Leute manchmal befinden, die brauchen eigentlich eine 24-Stunden-Betreuung. Das macht mehr Arbeit, während aber das Personal abgebaut wird.

In dem Fall, über den "buten un binnen" berichtet hat, wurde die gewalttätige Pflegekraft sofort wieder von einem anderen Arbeitgeber eingestellt - offenbar weil es so schwer ist, Fachkräfte zu finden: Sind die Pflegeheime wirklich so verzweifelt?

Es ist so! Die Pflegeheime haben keine andere Wahl, sie nehmen fast jeden, den sie bekommen können! Es herrscht absoluter Notstand überall. Examinierte Pflegerinnen - und vor allem männliche Pfleger - sind Mangelware.

Im Ausland nach Pflegekräften zu suchen, halte ich für Unsinn. Es gibt genügend Menschen in Deutschland, die nach Arbeit suchen. Würden die Konditionen stimmen, gäbe es auch den Mangel nicht. Die Sprachschwierigkeiten ausländischer Pfleger erzeugen eine große Hürde. Bis jemand kompetent in einer völlig fremden Sprache leben und arbeiten kann, vergehen doch Jahre. Und auch die kulturellen Unterschiede können vielfältige Probleme verursachen.

Wie kann man die Situation verbessern?

Wir brauchen mehr Anerkennung, bessere Löhne, adäquatere Ausbildung, bessere personelle Ausstattung der Pflegeheime, anständige Arbeitsbedingungen. Ich kenne Fälle, da arbeiten Kolleginnen 10 Tage durch. Aber man braucht nach einer Woche mindestens einen Tag Pause.

Eine Altenpflegerin am Bett einer Pflegebedürftigen [Quelle: Radio Bremen] zoom

Die Krankenpflege braucht mehr examinierstes Fachpersonal.

Wir brauchen mehr examinierte und gut ausgebildete Kollegen. Die intensive Betreuung benötigt sehr viel Personal. Wir arbeiten unter enormem Stress, aber wer schnell arbeitet, läuft Gefahr mehr Fehler zu machen. Falsche Bewegungen können bei älteren Leuten zum Beispiel irreparable Verletzungen an den Gelenken verursachen. "Schnell, schnell" funktioniert hier einfach nicht.

Warum machen Sie diesen Job unter diesen Bedingungen noch?

Das frage ich mich machmal auch. Aber ich mache es mit Herz. Ich möchte den Menschen helfen, arbeite oft länger, ohne dafür mehr bezahlt zu bekommen. Außerdem habe ich als ausgebildeter männlicher Pfleger gute Chancen auf einen sicheren Job, obwohl ich einen Migrationshintergrund habe.

Quelle: http://www.radiobremen.de/politik/themen/gewalt-pflege100.html
« Letzte Änderung: 10. November 2012, 01:47 von admin » Gespeichert

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« Antworten #10 am: 09. November 2012, 23:41 »

Gewalt in der Pflege – Sozialsenatorin zeigt sich erschüttert über Video-Bilder

08.11.2012, Erschüttert reagierte Anja Stahmann, Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen, auf Video-Aufnahmen, die ein Angehöriger heimlich in einem Bremer Altenpflegeheim aufgenommen hat: „Die Bilder dokumentieren einen extrem rohen und würdelosen Umgang mit einem pflegebedürftigen Menschen“, sagte sie. „Eine solche Behandlung Schutzbedürftiger ist durch nichts zu rechtfertigen.“ Die Pflege sei einer der Lebensbereiche, in denen die Menschen am stärksten ausgeliefert seien. „Entsprechend hoch müssen die Standards in der pflegerischen Arbeit sowie die Sensibilität im Umgang mit den Pflegebedürftigen und ihren Gefühlen sein.“

Die Senatorin hatte sich unmittelbar nach ihrer Rückkehr aus dem Herbsturlaub den Vorfall von Vertretern der Wohn- und Betreuungsaufsicht („Heimaufsicht“) schildern lassen und sie gebeten, die Möglichkeiten und Grenzen ihrer Arbeit in der Deputation am heutigen Donnerstag (8. November 2012) darzustellen. „Gewalt in der Pflege wird nie vollständig zu verhindern sein“, sagte Anja Stahmann. Menschen in der ambulanten und stationären Pflege arbeiteten teils unter sehr belastenden Bedingungen in einem schwierigen und herausfordernden Beruf. Dabei seien zwischenmenschliche Spannungen – auch im Verhältnis zu den pflegebedürftigen Menschen – eine unvermeidbare Begleiterscheinung. „Worauf es ankommt, ist ein professioneller Umgang mit solchen Konflikten, mit Wut, Aggression und Hilflosigkeit, die auf beiden Seiten auftreten können“, sagte Anja Stahmann weiter. Wichtig sei auch eine Arbeitsatmosphäre, in der es zulässig ist, offen über solche Probleme zu reden und gemeinsam nach Abhilfe zu suchen.

Die Senatorin warnte gleichzeitig davor, diesen Fall zu verallgemeinern: „Wir alle wissen, dass in den Pflegeberufen mit viel Hingabe und großer Aufopferungsbereitschaft gearbeitet wird, die großen Respekt verdient.“ Dabei gingen viele Pflegekräfte weit über das hinaus, was man von ihnen erwarten kann. „Diesen Beschäftigten dürfen wir nun nicht mit allgemeinem Misstrauen begegnen.“

Gleichwohl zeige der Fall, wie wichtig eine „Kultur des Hinschauens“ sei. Angehörigen von Pflegebedürftigen rät die Senatorin, sich bei Zweifeln frühzeitig an die Heimleitung und in einem zweiten Schritt auch an die Heimaufsicht zu wenden. Die Heimaufsicht geht allen Beschwerden unverzüglich nach und drängt auf Abhilfe. Das kann bis hin zur Entlassung einzelner Pflegekräfte führen und nach einer Verurteilung auch zum Entzug der staatlichen Anerkennung. Die Heimaufsicht kann – im Extremfall –auch Einrichtungen schließen. Auf die Existenz der Heimaufsicht nebst Kontaktdaten werde in allen Verträgen der Pflegebedürftigen mit den Trägern ausdrücklich hingewiesen.

Die Senatorin ermunterte Angehörige, die Heimaufsicht früher über einen bestehenden Verdacht zu informieren: „Es müssen nicht erst Beweise vorgelegt werden“, betonte Anja Stahmann, „es genügt, wenn Angehörige ein ungutes Gefühl haben und der Auffassung sind, dass sie in Gesprächen mit der Heimleitung nicht weiterkommen.“ Der Besuch bei der Heimaufsicht sei das gute Recht jedes Angehörigen, niemand müsse deshalb Nachteile für den pflegebedürftigen Menschen im Heim fürchten. Während die Heimaufsicht Betreuungsaufsicht in stationären Pflegeeinrichtungen berät und prüft, sind die Pflegekassen und der Medizinische Dienst der Krankenkassen Ansprechpartner für den Bereich der häuslichen Pflege.

Nach dem neuen Bremischen Wohn- und Betreuungsgesetz müssen Straftaten und andere Vorkommnisse, bei denen Bewohnerinnen und Bewohner zu Schaden kommen, der Heimaufsicht angezeigt werden. Diese hat in vielen Fällen frühzeitiger als sonst von entsprechenden Vorkommnissen erfahren und konnte entsprechend frühzeitiger in die Aufklärung und Beratung eintreten. Der Entwurf für eine neue Heimpersonalverordnung sieht zudem erweiterte Pflichten zur Vorlage eines Führungszeugnisses vor. Es soll künftig von allen Pflegekräften vorgelegt werden. Bislang wird es nur von Leitungskräften verlangt.

Quelle: http://www.senatspressestelle.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen146.c.57658.de
« Letzte Änderung: 10. November 2012, 00:27 von admin » Gespeichert

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« Antworten #9 am: 09. November 2012, 11:49 »

Zitat von: Weser-Kurier.de, 09.11.2012
Pflege auf dem Prüfstand

Von Frauke Fischer

Bremen. Die Bilder einer alten Dame, die von ihrer Pflegerin misshandelt wird, haben gestern die Sitzung der Deputation für Kinder, Jugend und Soziales bestimmt. Ein Einzelfall oder kein Einzelfall?

Die Frage beschäftigte Deputierte und Vertreter von Verbänden ebenso wie die Überlegungen zur Vermeidung von Gewalt in der Pflege. Sie setzen auf mehr Transparenz, bessere Ausbildung und mehr Personal in Heimen.

Martin Stöver war am Donnerstag ein gefragter Mann. Der Chef der Heimaufsicht in der Sozialbehörde stand den Mitgliedern der Sozialdeputation Rede und Antwort zu dem jüngst bekannt gewordenen Vorfall von Misshandlung einer alten Dame durch eine Pflegerin sowie zu den Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten, die seine Abteilung hat. Sein Fazit, mit dem er dem Vorwurf eines möglichen Versagens entgegentrat: "Dabei dürfen wir das Entstehen von Gewalt nicht immer auf die Strukturen schieben. Wir können nicht ausschließen, dass Menschen in dem Beruf arbeiten, die dafür nicht geeignet sind." Immerhin 18000 Pflegende gibt es in Bremen. Wird ein Fall strafrechtlich verfolgt und die Pflegekraft verurteilt, kann es ein Beschäftigungsverbot geben.

Stöver musste aber auch zugeben: Etwa zwölf Beschwerden von Angehörigen gehen pro Woche bei den sieben Mitarbeitern in seiner Abteilung ein. Dabei geht es allerdings nicht immer um Gewaltvorwürfe, sondern häufig auch um zu wenig Personal, um nicht korrekte oder missverständliche Abrechnungen sowie um mangelhafte Essensversorgung der Heiminsassen.

Reinhard Leopold, der 2006 die Selbsthilfe-Initiative Heim-Mitwirkung betroffener Angehöriger und Ehrenamtlicher gründete, gehörte gestern zu den Interessenvertretern, die als Gäste zur Deputationssitzung ins Haus der Bürgerschaft gekommen waren. Seiner Meinung und Erfahrung nach hätten viele Heiminsassen und ihre Angehörigen Angst, sich über Missstände zu beschweren, weil sie weitere Repressalien fürchteten. Um die Rechte der Betroffenen zu stärken, appellierte er an mehr Zusammenarbeit untereinander. Auch sollten Selbsthilfegruppen wie die der Heim-Mitwirkung und andere Beratungsstellen als niedrigschwellige Anlaufstellen für Angehörige bekannter gemacht werden.

Ein "Netzwerk auf vertrauensvoller Basis", das Angehörige ermutige und stärke, wünschte sich auch der Landesbehindertenbeauftragte Joachim Steinbrück. Er verwies im Zusammenhang mit dem Thema Gewalt in der Pflege auf eine Studie zur Gewalt gegen Frauen und Männer mit Behinderungen. Demnach seien besonders Frauen mit Behinderungen "einem hohen Maß an Gewalt ausgesetzt", so Steinbrück. Er regte eine Fachveranstaltung zur Gewalt in der Pflege an.

Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) hält Öffentlichkeit für ein gutes Mittel, Gewalt in der Pflege zu begegnen. Sie zeigte sich erschüttert über die Bilder aus dem Bremer Altenpflegeheim, die ein Angehöriger heimlich aufgenommen hatte, nachdem seine Mutter mehrfach geschildert hatte, dass sie von einer bestimmten Pflegerin misshandelt werde. "Gewalt in der Pflege wird nie vollständig zu verhindern sein", meinte Stahmann. Menschen in der stationären und ambulanten Pflege arbeiteten "in einem schwierigen und herausfordernden Beruf", so die Senatorin. Ein professioneller Umgang mit Konflikten, Aggressionen und Wut sei dabei wichtig.

So setzen sowohl Stahmann als auch Stöver auf Fortbildung in den Bereichen Stressbewältigung und Deeskalationsstrategien. Auch Supervision sei wichtig. "Pflegende müssen über ihre Aggressionen sprechen können", sagte Stöver. Die Arbeitsorganisation in den Heimen müsse entsprechend gestaltet werden.

In der Verurteilung des Falls und bei der Unterstützung möglicher Maßnahmen gegen Gewalt in der Pflege waren sich die Deputierten der verschiedenen Parteien einig. Klaus Möhle, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion und Sprecher der Deputation, warnte in der lebhaften Aussprache davor, die Verantwortung wegzuschieben. "Wenn alle alles richtig gemacht hätten, hätten wir diesen Fall nicht", sagte er. Das Ziel müsse die Verhinderung künftiger Gewalt-Fälle sein. "Wir müssen die Beschwerden von Angehörigen ernster nehmen", verlangte er von allen, die sich mit dem Thema auch weiterhin beschäftigen.

Dass Strukturveränderungen, mehr Qualität und Personal in Heimen auch mehr Geld kosten, führte Peter Erlanson, Abgeordneter der Linken, ins Feld. "Wir müssen uns die Frage stellen: Was sind uns Altern in Würde und Gesundheit wert?"

"Wir dürfen keine Dämonisierung von Pflegekräften vornehmen", warnte Claas Rohmeyer, sozialpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Er forderte "eine Versachlichung der Debatte". Und er betonte die Verantwortung von Heimleitungen. "Sie müssen sich sofort alarmiert fühlen, wenn Vorwürfe von Gewalt von Angehörigen kommen", sagte Rohmeyer. Das Verantwortungsgefühl müsse gelebt werden. Dabei stellte der CDU-Politiker auch die Rolle der Pflegekassen heraus. Auch dürften alte Menschen ohne Angehörige vor Ort nicht schutzlos sein. "Wir können den Faktor Mensch im System nicht ausklammern, aber wir können Übergriffsmöglichkeiten minimieren", betonte er.

"Wo Öffentlichkeit ist, ist das Risiko geringer, dass sich solche Fälle wiederholen", äußerte sich Dirk Schmidtmann von den Grünen ähnlich wie die Sozialsenatorin. Er verwies in dem Zusammenhang auch auf die Schwierigkeiten des Pflegeberufs, der anstrengend, schlecht bezahlt und gesellschaftlich wenig anerkannt sei.

Eine Lanze für die Pflegenden brach Martina kleine Bornhorst vom Caritasverband: "Misstrauen darf nicht Grundlage unseres Handelns sein", betonte sie. Die Suche nach Ursachen für Gewalt sei enorm wichtig, die "Gespräche auf Augenhöhe" auch. Aber: "Durch mehr Kontrolle gibt es nicht mehr Qualität." Vielmehr müssten Qualitätsmaßnahmen wie Supervisionen auch refinanziert werden.
Quelle: www.weser-kurier.de, 09.11.2012
« Letzte Änderung: 09. November 2012, 11:51 von admin » Gespeichert

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« Antworten #8 am: 09. November 2012, 00:54 »

Radio Bremen-TV / buten un binnen

Sozialdeputation diskutiert Vorfall in Altenheim

Vor einer Woche hat buten un binnen gezeigt, wie eine 85-jährige Frau in einem Bremer Altenheim grob von ihrer Pflegerin angefasst wird. Seitdem ist der Vorfall Stadtgespräch. In der Sozialdeputation kam das Thema heute ganz oben auf die Tagesordnung. Die Abgeordneten der verschiedenen Parteien hatten viele Fragen und wollten Antworten. Anschließend zu Gast im Studio: Andrea Hugo, Krankenpflegerin und Unternehmerin.


Video-Quelle: http://www.youtube.com/watch?v=wqM5uHdJAWQ


Quelle: buten un binnen Magazin | RBTV - 08.11.2012
« Letzte Änderung: 09. November 2012, 11:37 von admin » Gespeichert

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« Antworten #7 am: 09. November 2012, 00:35 »

Zitat von: Weser-Kurier, 08.11.2012
„Ich war unglaublich wütend“

Weil er den Verdacht hatte, dass seine demente, im Pflegezentrum Forum Ellener Hof lebende Mutter von ihrer Pflegerin misshandelt wird, entschloss sich Detlef Westphal gemeinsam mit seinem Bruder, eine Videokamera im Zimmer der 85-Jährigen zu installieren. Die Aufnahmen bestätigten den Verdacht. Die Pflegerin wurde entlassen. Nun sucht Westphal den Weg in die Öffentlichkeit. Sein Ziel: Anderen Heimbewohnern in Bremen und umzu soll erspart bleiben, was seine Mutter erleiden musste. Mit dem 57-Jährigen sprach Alexander Pitz. ...

... Haben Sie sich mit der Bremer Heimaufsicht in Verbindung gesetzt?
 Nein, wir wussten gar nicht, dass es eine solche Behörde gibt. ...

... Bei den Ermittlungen kam zutage, dass sie bereits wegen eines ähnlichen Falls im vergangenen Jahr angezeigt worden war. Doch die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren am Ende eingestellt. ...

... Ich empfehle, allen Hinweisen nachzugehen. Auch wenn jemand dement ist, sollte man ihn ernst nehmen. ... Ich befürchte, so etwas kommt öfter vor. ...
Quelle: www.weser-kurier.de, 08.11.2012


* Ich war unglaublich wütend_wk121108.jpg (210.58 KB, 800x1277 - angeschaut 1602 Mal.)
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« Antworten #6 am: 08. November 2012, 20:48 »

Bremer Fall löst eine neue Debatte aus
Von Simone Schnase

BREMEN, Hätte der Sohn einer 85 Jahre alten Bewohnerin eines Bremer Pflegezentrums nicht illegal gehandelt – die Altenpflegerin, die seine Mutter gequält hat, würde wohl noch heute hier arbeiten.

Er hatte der demenzkranken Frau lange keinen Glauben geschenkt, als sie mehrfach erzählte, sie würde im Heim geschlagen. Dann installierte er eine versteckte Kamera, und die zeichnete auf, wie die Pflegerin seine Mutter anschrie und an den Haaren zog.

Wie oft es zu gewälttätigen Übergriffen kommt, weiß niemand genau. Die Dunkelziffer ist hoch. Ein Grund dafür ist, dass gerade Demenzkranken oft zu wenig Glauben geschenkt wird: „Das ist ein riesengroßes Problem“, sagt Arnold Knigge, Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (LAG FW). „Angehörige sollten jeden noch so kleinen Hinweis ernstnehmen und das Gespräch mit der Heimleitung suchen“, sagt der ehemalige Sozial-Staatsrat. Daneben gebe es Beratungsstellen – in Bremen seien das die Demenz-Informations- und Koordinationsstelle (DIKS) und die Unabhängige Patientenberatung Bremen (UPB). „Eine versteckte Kamera kann keine Lösung sein“, so Knigge. „Da muss es andere Wege geben.“

Die kennen viele Angehörige jedoch nicht, und auch bei der LAG scheint man nicht so ganz auf dem neuesten Stand zu sein: „Wir haben mit dem Thema Pflege eigentlich gar nichts mehr zu tun“, sagt Adele Ihnen von der UPB. „Dafür sind seit 2009 die Pflegestützpunkte zuständig.“ Sigrid Hartmann arbeitet beim Bremer Stützpunkt und empfiehlt, bei einem Verdacht die Heimaufsicht, die Pflegekassen und den medizinischen Dienst der Krankenkasse zu kontaktieren: „Ich möchte aber ganz klar sagen, dass wir wirklich tolle Pflegeheime haben und dieser schreckliche Fall als Einzelfall betrachtet werden muss.“ Unter der dadurch losgetretenen Debatte würden nun alle Heime leiden.

Das sieht Heinz Küpper anders. Er arbeitet bei der „Help-Line“, einer bei der DIKS angesiedelten Telefon-Beratung für pflegende Angehörige. Obwohl ihm persönlich kein Fall von Gewalt in der Pflege bekannt ist, sei ihm bewusst, dass es sie gebe, nicht nur in Heimen. „Die Strukturen sind vergleichbar mit denen bei Kindesmisshandlungen: Da stehen sich ein mächtiger und ein ausgelieferter Mensch gegenüber. Und die ausgelieferten verraten den Täter oft nicht.“

Alle sind sich einig: Es gibt zu wenig Pflegekräfte, von denen zu viele zu schlecht qualifiziert sind. Das führe zur Überlastung und zur Überforderung – und zu gewalttätigen Übergriffen. Alle sind sich auch einig, dass das Problem vielschichtiger und eine Verstärkung der Heimaufsicht keine Lösung ist.

„Es fehlt an präventiven Maßnahmen, an besserer Kommunikation, an regelmäßigen Fortbildungen und an der Sensibilisierung in der Ausbildung“, sagt Knigge.

Küpper wünscht sich eine Stärkung der ambulanten Pflege und Fürsorge: „Heim bedeutet immer: Institution und Abhängigkeit.“

Quelle: Kreiszeitung Syke, 08.11.2012
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« Antworten #5 am: 07. November 2012, 10:21 »

Gewalt in der Pflege: Schweigen ist üblich, reden ist Gold

Viele, die Menschen in Pflegeheimen pflegen und versorgen, begleiten und besuchen, nehmen Missstände wahr - schweigen aber lieber darüber.  Warum?

Nichtbetroffene können das kaum verstehen: Warum zeigen Angehörige, Pflegekräfte und andere, die in Heimen ein- und ausgehen, nicht einfach die Missstände in der Pflege an? Claus Fussek, der vielzitierte Pflegekritiker der Nation, schiebt gar einen Teil der Schuld an Pflegemissständen den Angehörigen selbst in die Schuhe, weil sie wahrgenommene Gewalt und Pflegemängel nicht anzeigen. Leider lässt er dabei die besonderen Umstände und Abhängigkeiten völlig außer acht!

Wer seine Angehörigen in Heimen begleitet und so manches Negative dabei erlebt, der fragt sich, wie er damit umgehen soll. Den meisten fehlen die Beweise - und der Mut. Jedoch braucht man ohne Beweise auch keinen Mut!  

Zudem gibt es jede Menge Zweifel, die einem Betroffenen durch den Kopf gehen, wenn er von Gewalt oder Missbrauch hört. Es ist schwierig zu beurteilen: Wie glaubwürdig sind Aussagen von verwirrten, alten Menschen oder geistig behinderten und psychisch beeinträchtigten Menschen?

Hinzu kommt, dass Angehörige meist Angst davor haben, dass ihre Pflegebedürftigen darunter zu leiden haben, wenn sie negativ Erlebtes gegenüber Pflegepersonal und Heimleitung ansprechen. Oft möchten die Heimbewohner sogar selbst nicht, dass ihre Probleme thematisiert werden, weil sie erst recht Angst vor Repressalien haben. Ein weiterer Grund ist, dass Heimbewohner großes Verständnis für die Situationen der Pflegekräfte haben und sie ihre Angehörigen nicht damit  behelligen wollen. Sie erleben täglich, dass zu wenig Personal zur Verfügung steht und die Pflegekräfte unter extremen Zeitdruck ihre Arbeit nicht schaffen können. Sie verstehen, dass die Pflegekräfte oft weit über ihre Belastbarkeit hinaus die Arbeit verrichten. Sie verstehen, dass diese gestresst sind und dadurch leichter gereizt reagieren. Sie verstehen, dass Pflegekräfte, die zu Hungerlöhnen Schwerstarbeit verrichten müssen, nicht 100% motiviert sein können.

Und die Pflegekräfte selbst? Warum zeigen sie nicht einfach ihre Kollegen an? Auch sie bräuchten Beweise. Aber Gewalt in der Pflege findet in der Regel im Verborgenen statt - und ohne dass Zeugen dabei sind! Außerdem haben auch Pflegekräfte Angst! Angst vor den eigenen Kollegen, vor Mobbing und Schikane, Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes und so weiter.

Und warum melden sich Ärzte, Friseure, Fußpfleger und andere Dienstleister nicht zu Wort, wenn sie problematische Pflege wahrnehmen? Auch hier gibt es die Beweisnot - und auch Angst davor, als Dienstleister das Pflegeheim als lukrativen Kunden zu verlieren ...

Nein, eine einfache Lösung gibt es leider nicht. Die Lösung liegt eben nicht in der Schuldzuweisung, sondern in der Ermittlung der wahren Hintergründe, mehr Aufklärung und Unterstützung der Betroffenen. Fakt ist, dass der Pflegeberuf immer unattraktiver geworden ist: harte Knochenarbeit, schlechte Bezahlung, befristete Arbeitsverträge. Besonders attraktiv war der Beruf aber noch nie: für relativ wenig Lohn alte, kranke, verwirrte, inkontinente Menschen, die sich teils auch noch wehren oder aggressiv sind, im Minutentakt versorgen ... da kann eigentlich kein Mensch besondere Motivation, Liebe und Fürsorglichkeit erwarten.

Dennoch gibt es sie, die vielen Pflegekräfte, die trotz der negativen Umstände versuchen ihre Arbeit zu schaffen. Und viele von ihnen fahren jeden Tag mit Gewissensbissen nach Hause, weil sie genau wissen, dass sie eine ausreichende Versorgung der ihnen anvertrauten Menschen gar nicht schaffen können. Ihnen gilt großer Respekt dafür, dass sie es zumindest versuchen!

Welche Ursachen gibt es für die Probleme im Pflegebereich?
Einer der Gründe ist, dass das viele Geld, das im Pflegebereich kassiert wird, nicht ausschließlich dafür verwendet wird, wofür es gedacht ist und ausgehandelt wurde. Rendite- und profitorientierte Unternehmen versprechen ihren Investoren Renditen von 7 Prozent* und mehr. Hinzuzurechnen ist dem genannten Prozentwert noch der Unternehmergewinn. Reditegarantien werden für 15 Jahre und länger zugesagt, gehen dabei allerdings eindeutig zu Lasten des Pflegepersonals und der Versorgungsqualität.

Welche Lösungen könnte es geben?
Es ist nicht zielführend allein nach einem neuen "Pflegebedürftigkeitsbegriff" zu suchen. Wir brauchen auch keine teuren Imagekampagnen, wie sie von Politikern und Wirtschaftsbossen gern gefordert werden. Der Pflegefachkraftmangel kann dadurch sicher nicht behoben werden! Nein, was gebraucht wird, sind bessere Rahmenbedingungen. Dazu gehören gezielte Förderung der Berufsausbildung, ausreichende Bezahlung, Wertschätzung der Pflegekräfte, interessante Perspektiven im Beruf und nicht zuletzt eine effektive Kontrolle der vereinbarten Pflegegelder hinsichtlich ihrer Verwendung.  *Quelle: http://www.aad-fondsdiscount.de/geschlossene-fonds/immobilienfonds_deutschland/102219.html

Pflegebetroffene, Angehörige und Pflegekräfte haben Möglichkeiten, die sie stärker nutzen sollten. Heimbewohner können Beiräte zu ihrer Interessenvertretung wählen – am Besten mit externer Unterstützung. Angehörige können sich zu eigenständigen Interessenvertretungen formieren und ihre Erfahrungen mit Angehörigen anderer Heime austauschen. Für Heimbeiräte und Angehörige gibt es in Bremen beispielsweise eine unabhängige Selbsthilfe-Initiative (www.heim-mitwirkung.de), die sich jeden zweiten Samstag um 15 Uhr im Netzwerk Selbsthilfe in der Faulenstraße 31 trifft. Pflegekräfte können sich wiederum in Berufsverbänden und Gewerkschaften organisieren oder sich Initiativen wie „Pflege-steht-auf“ anschließen.

Gemeinsam an einem Strang ziehen, sich über Rechte und Möglichkeiten informieren und diese nutzen - und notfalls in die Öffentlichkeit gehen - könnte mehr bewegen. Beispiele von mutigen Angehörigen und Pflegekräften, die sich getraut haben, Missstände anzuzeigen oder an die Medien zu geben, zeigen Wirkung. Für ihren Mut und ihre Entschlossenheit – auch für manchmal nicht ganz legale Beweisführung – gebührt diesen Menschen größter Respekt und Dank!


Quelle: www.heim-mitwirkung.de, Info per eMail vom 05.11.2012 an den Weser-kurier



ANMERKUNG:

Die Aussage in dem WK-Artikel vom 07.11.2012 "Genügend Anlässe, dem Personal gegenüber misstrauisch zu sein, habe es jedenfalls gegeben." und "Von den Behörden sei er dabei stets allein gelassen worden."  ist in der Form von mir NICHT gemacht worden.


Richtig ist, dass ich ebenfalls oft Zweifel und Vermutungen, aber keine Beweise hatte und in manchen Situationen von der Behörde mehr Unterstützung erwartet hätte.

Informationen, die dem WK gegeben wurden:  siehe oben bzw. angehängte Dateien

* Gewalt in der Pflege - schweigen ist üblich_121105.pdf (17.81 KB - runtergeladen 828 Mal.)

* eMail an WK_Gewalt in der Pflege - schweigen ist üblich_121105.jpg (35.99 KB, 600x457 - angeschaut 1660 Mal.)
« Letzte Änderung: 07. November 2012, 20:02 von admin » Gespeichert

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« Antworten #4 am: 07. November 2012, 10:08 »

Zitat
Die Ohnmacht der Angehörigen

Übergriffe im Altenheim: Was Verwandte von Pflegebedürftigen erlebt haben und wie sie damit umgehen

Nachdem eine demente Frau in einem Bremer Seniorenheim misshandelt worden ist und dieser Fall an die Öffentlichkeit gelangte, sind viele Angehörige von Heimbewohnern wütend – und erheben ebenfalls Vorwürfe.


VON ALEXANDER PITZ

Bremen. Nachdem durch illegale Video-Aufnahmen ihres Sohnes – wie berichtet – publik geworden ist, dass eine 85-Jährige in einem Bremer Altenheim von ihrer Pflegerin misshandelt wurde, melden sich immer mehr Angehörige von Heimbewohnern zu Wort. Sie halten das Thema Gewalt in der Pflege für ein Problem, das in der Regel totgeschwiegen werde, und beklagen sich über die Zustände in einigen Pflegeeinrichtungen der Region.

Reinhard Leopold hat bereits im Jahr 2006 die Selbsthilfegruppe „Heim-Mitwirkung“ gegründet, in der sich Angehörige und ehrenamtliche Helfer für die Interessen der Heimbewohner in Bremen und umzu starkmachen. „Gewalt in der Pflege findet meist im Verborgenen statt“, sagt Leopold, dessen mittlerweile verstorbene Eltern viele Jahre lang in einem Heim untergebracht waren. „Wenn ich auch die Möglichkeit gehabt hätte, eine versteckte Kamera zu installieren, hätte ich das sicher getan“, sagt der 56-Jährige. Genügend Anlässe, dem Personal gegenüber misstrauisch zu sein, habe es jedenfalls gegeben. „Es gab da mehrere Negativ-Erlebnisse“, sagt Leopold. Von den Behörden sei er dabei stets allein gelassen worden.

Gruppe soll Betroffenen Mut machen
Dennoch kämpft der Bremer, um die Lebensbedingungen der Heimbewohner zu verbessern: „Etwas erreichen kann man aber nur, wenn die Medien über Missstände berichten“, sagt er. Deshalb will er Angehörigen Mut machen, bei Fällen von Gewalt nicht aus falscher Furcht wegzusehen, nicht zu schweigen, sondern gezielt den Weg an die Öffentlichkeit zu suchen. Zu diesem Zweck veranstaltet die Selbsthilfegruppe regelmäßig Treffen, Aktionstage und ist im Internet präsent.

Auch Beate Grünitz gehört zu den Mitgliedern der Gruppe. Die 60 Jahre alte Krankenschwester aus Bremen hat ihre vor einiger Zeit verstorbene Mutter jahrelang zu Hause gepflegt – bis diese im Jahr 2003 einen Schlaganfall erlitt. „Da war klar, dass sie ins Heim muss“, erzählt Grünitz. Anfangs sei die Betreuung ihrer Mutter tadellos gewesen. Erst im Laufe der Jahre sei immer mehr Stammpersonal durch Leiharbeitskräfte ersetzt worden. Die Folge: immer weniger feste Bezugspersonen für die Patienten, immer mehr überforderte Pfleger, die in kürzester Zeit angelernt werden mussten. „In den Akten steht zwar, dass alles in Ordnung ist, aber in Wahrheit stimmt das nicht“, so Grünitz. So hätten die Pfleger in den Unterlagen stets notiert, dass ihre Mutter gewaschen worden sei, gegessen und getrunken habe. „Tatsächlich war sie völlig dehydriert und wurde oft sich selbst überlassen“, klagt die 60-Jährige. Die seltenen, oft angekündigten Kontrollen der Bremer Heimaufsicht könnten in solchen Fällen nichts bewirken. „Die schauen meist nur, ob die Papiere stimmen. Das ist verlorene Zeit.“ Ein Vorwurf, den Martin Stöver, Leiter der Heimaufsicht nicht gelten lässt: „Unsere Kontrollen sind weit gründlicher, als es für manche den Anschein hat. Dennoch kann es natürlich geschehen, dass einige Dinge nicht entdeckt werden.“

Beate Grünitz berichtet, dass ihre Mutter vom Pflegepersonal massiv unter Druck gesetzt worden sei. „Die haben ihr gedroht, sich die ganze Nacht nicht um sie zu kümmern, wenn sie nicht rechtzeitig ins Bett geht.“ Da habe sie entschieden, die hilflose Frau wieder zu sich nach Hause zu holen. Grünitz befürchtet, auch ihre Mutter könnte Opfer von gewaltsamen Übergriffen geworden sein. „Es gab einige Indizien, aber ich konnte nichts beweisen.“ Darum habe sie Verständnis, wenn sich Angehörige nur mit illegalen Mitteln zu helfen wüssten. „Die Heimleitung wiegelt sonst alle Beschwerden ab, wenn man keine handfesten Beweise hat.“ Die gebe es in der Regel aber nicht. Missstände hingegen gebe es in den Pflegeeinrichtungen zuhauf. „Ich bin mit vielen Heimbewohnern in Kontakt“, sagt die ehrenamtliche Helferin. Viele hätten Furchtbares zu berichten, doch es fehle ihnen der Mut, sich zu beschweren, weil die Furcht zu groß sei. „Die bitten mich, nichts zu unternehmen, bis sie gestorben sind, so groß ist die Angst.“

Ein Patentrezept, wie man die Situation der Heimbewohner verbessern könnte, hat Beate Grünitz nicht. Dennoch fordert sie: „Die Heimaufsichtsbehörde muss mehr Personal bekommen, und es sollten mehr unangemeldete Kontrollen stattfinden.“

Die 81 Jahre alte Ruth Wicke aus Delmenhorst, deren Mutter bis zum Tode ebenfalls viele Jahre in einem Heim verbrachte, befürwortet eine andere Lösung: „Das Einzige, was hilft, ist lückenlose Kameraüberwachung – rund um die Uhr. Das ist zwar pervers, aber ich sehe keine Alternative.“ Ihre Mutter sei im Pflegeheim über Jahre mit Psychopharmaka ruhiggestellt worden, um den Pflegern Arbeit zu ersparen.

Unterdessen haben die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Bremen sowie der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste die Anwendung von Gewalt in der Pflege aufs Schärfste verurteilt. Man wolle den ihnen angeschlossenen Einrichtungen Fortbildungen anbieten, um derlei Vorkommnisse in Zukunft zu verhindern, hieß es in einer Mitteilung.

Die Mitarbeiter des Pflegezentrums Forum Ellener Hof, wo sich der jüngste Skandal ereignete, haben sich inzwischen schriftlich von der Pflegerin distanziert, die für die Misshandlung des 85-jährigen Opfers verantwortlich ist. In einer Mitteilung heißt es: „Für uns alle ist es erschreckend, wie eine Kollegin sich so verhalten kann.“
Quelle: weser-kurier, 07.11.2012

« Letzte Änderung: 09. November 2012, 01:05 von admin » Gespeichert

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« Antworten #3 am: 06. November 2012, 19:08 »

Verbände setzen auf Prävention

Bremen. Nachdem eine 85-Jährige in einer Bremer Pflegeeinrichtung misshandelt wurde, haben sich jetzt Heimanbieter und Wohlfahrtsverbände zu dem Fall geäußert. „Wir verurteilen Gewaltanwendung aufs Schärfste, und zwar unabhängig davon, ob sie in der stationären Pflege oder auch in privaten Häusern ausgeübt wird“, sagten Hannelore Bitter-Wirtz, Landesbeauftragte des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (BPA) und Arnold Knigge, Vorstandssprecher der Bremer Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (LAG FW). ...

Quelle: www.weser-kurier.de, 06.11.2012



Machtmissbrauch im Altenheim

Wohlfahrtsverbände und Beratungsstellen sind sich einig: Verstärkte Heimaufsicht hilft nicht gegen Gewalt in Altenheimen - verstärkte Prävention hingegen schon ...

Quelle: http://www.taz.de/Gewalt-in-der-Pflege/!105023/, 06.11.2012



Zitat von: Weser-Kurier, 06.11.2012
Nach Misshandlung einer 85-Jährigen

Pflege: Mehr Kontrolle gefordert


Von Matthias Lüdecke

Bremen. Der Fall einer 85 Jahre alten Frau, die in einemAltenheim von einer Pflegerin misshandelt worden ist, sorgt nun auch für politische Diskussionen. Und dabei gernicht nur die Mitarbeiterzahl der Heimaufsicht in den Fokus, sondern vor allem die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte. Ein Bremer Pflegeexperte Experte erklärt derweil, dass Gewalt zwar minimiert, aber nie ganz ausgeschlossen werden kann.

Nachdem in der vergangenen Woche bekannt wurde, dass eine 85 Jahre alte, an Demenz leidende Frau im Pflegezentrum Forum Ellener Hof von einer Pflegerin misshandelt worden war, hat nun die politische Diskussion über mögliche Konsequenzen begonnen. "Das war ein sehr schockierender Fall", kommentierte der sozialpolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Klaus Möhle, die Videobilder, die der Sohn der Patientin heimlich in ihrem Zimmer aufgenommen hatte. "Es bleibt aber die Frage, ob es sich dabei um einen Einzelfall handelt oder ob es ein strukturelles Problem ist."

Adele Ihnen vom Forum gegen Gewalt in Pflege in Betreuung glaubt eher an einen Einzelfall. "Das jemand mit so einer Überforderung über einen längeren Zeitraum nicht entdeckt wird, ist eher eine Ausnahme", sagt sie. Sie sagt aber auch: "Wir können uns kein gewaltfreies Altenheim herbeireden." Wichtig sei es, erklärt Ihnen, dass die Wahrnehmung der Angehörigen und der Mitarbeiter geschärft werde, damit sie die Anzeichen von Gewalt früh erkennen können. Noch wichtiger sei aber, dass man die Pflege alter Menschen wieder zurück ins Gemeinwesen hole. "Wir müssen uns mit der Frage auseinandersetzen, wie wir mit älteren Menschen leben wollen", sagt Ihnen.

"Gewalt kann man nie zu einhundert Prozent verhindern, weder im Heim noch zu Hause", sagt auch Stefan Görres. Er ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Public Health und Pflegeforschung an der Universität Bremen. Ob die Gewalt gegenüber Patienten zugenommen hat, kann er nicht sagen – dafür fehle eine aussagekräftige Zahlenbasis, erklärt er. Er hält eine Zunahme aber zumindest für wahrscheinlich.

Denn er sieht einen Zusammenhang zwischen bestimmten Faktoren und Gewalt gegenüber Patienten. Die Qualifikation der Mitarbeiter gehöre ebenso dazu wie die Arbeitsbelastung. Je besser eine Pflegekraft qualifiziert sei, desto eher wisse sie mit schwierigen Situationen umzugehen. Und je höher die Arbeitsbelastung sei, desto größer sei auch die Gefahr, dass Gewalt ausbreche – aus einem Gefühl der Überforderung heraus.

Den Zusammenhang zwischen hoher Arbeitsbelastung und der Gefahr gewalttätiger Übergriffe vermuten auch die Vertreter der Politik. Klaus Möhle etwa erklärt: "Ich glaube, dass das Personal in den Einrichtungen oft zu knapp bemessen und dadurch überfordert ist." Er will daher nun zügig das Gespräch mit Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) suchen. Für vorstellbar hält er, dass die Heimaufsicht kurzfristig personell verstärkt wird. Langfristig müsse man aber über die personelle Ausstattung der Heime sprechen, so Möhle.

Ähnlich sieht das der sozialpolitische Sprecher der CDU, Claas Rohmeyer. "Wir müssen eine Debatte über die Qualität in der Pflege führen – und das heißt auch über die Arbeitsbedingungen und Arbeitsbelastung", sagt auch er. Rohmeyer warnt davor, die Pflegekräfte wegen eines einzelnen Falls zu dämonisieren – und fordert eine Weiterentwicklung der Leitlinien zur Pflege und eine bessere Ausstattung der Heimaufsicht. Zumindest von letztem Punkt ist der Linken-Abgeordnete Peter Erlanson nur bedingt überzeugt. "Das grundsätzliche Problem ist eigentlich nur durch mehr und besser ausgebildetes Personal zu beheben", sagt er, "stockt man die Mitarbeiterzahl der Heimaufsicht auf, hat man das Problem vielleicht besser erkannt – aber noch lange nicht gelöst."

In der Sozialbehörde ist man davon überzeugt, dass die Zahl der Mitarbeiter bei der Aufsicht ausreicht – und dass eine höhere Zahl an Kontrolleuren nach wie vor von Hinweisen von Angehörigen oder Kollegen abhängig wäre. "Wichtig ist daher, dass alle Beteiligten dafür sensibilisiert sind, auf Zeichen von Gewaltanwendung zu achten", sagt Behördensprecher David Lukaßen – und ergänzt, dass man im Sozialressort davon ausgehe, dass die Diskussion über die Bedingungen der Pflege durch den aktuellen Anlass in Bremen nun verstärkt geführt werde.

Bei der Sitzung der Sozialdeputation am Donnerstag wird es erstmals soweit sein. Stahmann wird dort vom aktuellen Fall und den Arbeitsbedingungen der Heimaufsicht berichten. Tags zuvor will die Senatorin mit den Mitarbeitern der Aufsicht die Vorfälle analysieren. "Wir sind gern bereit, offen über Möglichkeiten und Grenzen zu diskutieren", sagt Stahmann.
Quelle: http://www.weser-kurier.de/bremen/vermischtes2_artikel,-Pflege-Mehr-Kontrolle-gefordert-_arid,425098.html
« Letzte Änderung: 08. November 2012, 10:18 von admin » Gespeichert

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« Antworten #2 am: 06. November 2012, 10:17 »

Zitat von: Nordsee-Zeitung, 03.11.2012
Gewalt gegen Frau im Altenheim

BREMEN-NORD. Die Grünen erwarten Aufklärung über einen jetzt bekannt gewordenen Fall von Gewalt in der Pflege in einem Nordbremer Altenheim. Hier hatte der Sohn einer 85-jährigen Heimbewohnerin den Nachweis erbracht, dass seine Mutter von einer Pflegerin angebrüllt und an den Haaren gezogen wurde. Seine demente Mutter hatte sich immer wieder beklagt. Schließlich installierte der Sohn eine Kamera in ihrem Zimmer.

Schutz verbessern
Der Bürgerschaftsabgeordnete der Grünen, Dirk Schmidtmann, hat einen Bericht für die Sitzung der Sozialdeputation in der kommenden Woche angefordert. „Der erschreckende Fall wirft die Frage auf, wie wir den Schutz pflegebedürftiger Menschen weiter verbessern und effektiver gestalten können“, sagte Schmidtmann. Er will wissen, welche staatlichen Eingriffsmöglichkeiten bei der Weiterbeschäftigung von Pflegekräften bestehen, die gegen betreute Personen gewalttätig geworden sind.

Überforderung
Gewalt in der Pflege findet oft verdeckt statt, Fachleute gehen von einer hohen Dunkelziffer aus. „Neben dem individuellen Missbrauch der Machtposition gegenüber pflegebedürftigen Menschen kann Gewalt in der Pflege auch strukturelle Gründe wie die Überforderung von Pflegekräften haben, die durch schlechte Arbeitsbedingungen zustande kommt“, sagte Schmidtmann. Nötig sei eine Reform der Pflegeversicherung, die die finanzielle Basis im Pflegebereich verbessert. Erforderlich seien zudem hochqualifizierte Pflegefachkräfte als wesentliche Voraussetzung für eine optimale Pflege. (rn)
Quelle: http://www.nordsee-zeitung.de, 03.11.2012 - (Dank an Denise v.d. Ahé)
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