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  • TV-TIPP: 19. Januar 2015
Autor Thema: NDR 45Min: "Pfleger - Opfer des Systems"  (Gelesen 6162 mal)
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« Antworten #1 am: 23. Januar 2015, 00:37 »

INTERVIEW

Neue, billige Arbeitskräfte in der Pflege?

Am 1. Januar 2015 ist das erste Pflegestärkungsgesetz der Bundesregierung in Kraft getreten. Kernpunkt: Die Finanzierung von 20.000 Betreuungskräften in der Pflege. Was sagt Reinhard Leopold, Gründer der Bremer Angehörigen-Initiative "Heim-Mitwirkung" zu dem Plan der Politik, damit die Lebenssituationen in Pflegeheimen zu verbessern? Im Interview mit NDR.de äußert Leopold nicht nur erhebliche Zweifel, dass Betreuungskräfte die Situation in den Pflegeeinrichtungen verbessern werden, sondern befürchtet am Ende sogar einen Rückgang ausgebildeter Fachkräfte in der Pflege. Denn die Laien-Kräfte könnten aus Kostengründen für pflegerische Aufgaben eingesetzt werden - für die sie aber gar nicht ausgebildet sind.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) verkauft die 20.000 Betreuungskräfte, die er auf Grundlage des ersten Pflegestärkungsgesetzes finanzieren will, als großen Wurf. Halten Sie es für realistisch, dass ihr Einsatz die Situation in den Pflegeeinrichtungen verbessert?

Leopold: Ich kenne niemanden, der etwas gegen zusätzliche Kräfte in den Pflegeheimen hat. Es gibt aber Hinweise, dass die zusätzlichen Betreuungskräfte bereits heute teils für andere Aufgaben als Vorlesen, Spazierengehen und so weiter missbraucht werden, wie beispielsweise Nahrung anreichen, Hilfe bei Toilettengängen und der Pflege. Die Aufgaben sind aber eigentlich eindeutig in den "Richtlinien nach § 87b Abs.3 SGB XI" des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenkassen geregelt.

Betreuungskräfte müssen zwar ihre Tätigkeit dokumentieren, aber bekanntermaßen ist Papier geduldig. Das ist praktisch auch nicht kontrollierbar, solange niemand den missbräuchlichen Einsatz von Betreuungskräften anzeigt. Von den Betreuungskräften selbst ist dies sicher nicht zu erwarten, sonst sind sie ihren Job los. Angehörige oder andere Personen, die in Heimen ein- und ausgehen, können meist nicht zwischen Pflege- und Betreuungskräften unterscheiden. Außerdem sind Außenstehende nicht immer da, wenn die zusätzliche Betreuung angeboten wird. Und auch die eigentlichen Aufgaben der Betreuungskräfte kennen die wenigsten Menschen.

Pessimisten befürchten, dass künftig noch weniger Fach-Pflegekräfte als heute zum Einsatz kommen. Gute Pflege-Qualität braucht dagegen mehr Menschen, Sozialkompetenz und Professionalität.

Woher sollen die Betreuungskräfte kommen und wie werden sie ausgebildet?

Leopold:
Diese Frage sollten Sie Bundesgesundheitsminister Gröhe stellen. Es ist mir schleierhaft, woher er die 20.000 zusätzlichen Betreuungskräfte nehmen will. Bei den derzeitigen Arbeitsbedingungen in der Pflege, der geringen Bezahlung und Wertschätzung durch die Arbeitgeber wird es vermutlich sehr schwer sein, so viele Menschen für diese Tätigkeit zu begeistern.

Was für eine Ausbildung beziehungsweise welche Fähigkeiten muss eine Pflegekraft haben, damit sie eine wirkliche Fachkraft ist?

Leopold:
Die aus meiner Sicht wichtigste Voraussetzung für diesen sehr anspruchsvollen Beruf ist eine besonders ausgeprägte Sozialkompetenz, besonderes Einfühlungsvermögen, hohe Teamfähigkeit und höchste Stress-Resistenz.

Die Berufsausbildung selbst ist im Altenpflegegesetz des Bundes geregelt. Details dazu sind, wie bei anderen Berufen auch, in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung geregelt. In den einzelnen Bundesländern gibt es dazu unterschiedliche Durchführungsbestimmungen.

Sind die Fachkräfte in der Pflege ausreichend ausgebildet und auf die Entwicklungen der kommenden Jahre vorbereitet?

Leopold:
Aufgrund des höheren Durchschnittsalters und Multimorbidität [gleichzeitiges Auftreten mehrerer Erkrankungen, Anm. d. Red.] der Heimbewohner sind die Ansprüche an Pflege-Kompetenz immer weiter gestiegen. Die Altenheime von früher, wo noch relativ rüstige  alte Menschen freiwillig hingingen, gibt es praktisch nicht mehr. Es sind inzwischen Pflege- und Sterbeheime, in denen unter anderem auch sogenanntes final-pflegerisches Wissen gefordert ist.

Ein neues Pflegeberufegesetz ist inzwischen in Arbeit und soll anstelle der bislang getrennten Ausbildungen in der Altenpflege, der Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege eine einheitliche generalistische Pflegeausbildung in Deutschland regeln. Damit soll auch ein einheitlicher Ausbildungsstand in Europa erreicht werden. Diverse Anbieterverbände wehren sich allerdings dagegen. Es bleibt abzuwarten und ist spannend, ob sich auch hier mal wieder die Anbieter-Lobby durchsetzen kann und die Politik einknicken wird.

Der vierte Pflege-Qualitätsbericht, der gerade vorgestellt wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass sich die "Pflegequalität in Heimen und durch Pflegedienste verbessert hat". In den Berichten der vergangenen Jahre waren noch gravierende Mängel festgestellt worden. Wenn zum Beispiel jetzt tatsächlich weniger Heimbewohner fixiert werden, ist das doch schon mal ein Erfolg, oder? Wie ist der Bericht des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) und des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) Ihrer Meinung nach zu bewerten?

Leopold:
Verbesserungen zu loben, ist sicher richtig. Der Bericht macht vor allem aber deutlich, dass insbesondere bei Dekubitusprophylaxe [Dekubitus = Wundliegen, Anm. d. Red.], Wundversorgung, Schmerzmanagement, Medikamentengabe und so weiter noch viel mehr getan werden muss. Die MDK-Prüfberichte und "Pflege-Noten" werden von verschiedenen Seiten immer noch kritisiert, weil sie die Realität in der Pflege nicht wirklich widerspiegeln. Noch leiden täglich viel zu viele pflegebedürftige Menschen unter den jetzigen Bedingungen, unter denen sie versorgt werden.

NDR.de: Das zweite Pflegestärkungsgesetz sieht vor, dass nicht mehr zwischen körperlich und kognitiv oder psychisch eingeschränkten Menschen unterschieden wird. Ist das das nicht ein großer Fortschritt?

Leopold:
Zunächst muss festgestellt werden, dass es eine Schande ist, wenn die Politik erst jetzt darauf kommt, dass es nicht auf die Unterscheidung der Erkrankung ankommt, sondern auf den individuellen Bedarf des einzelnen pflegebedürftigen Menschen. 'Im Zentrum steht der individuelle Unterstützungsbedarf jedes Einzelnen', das soll nun endlich nach Aussage des Bundesgesundheitsministers künftig gelten. Ich bin sehr gespannt, ob das tatsächlich in der Form umgesetzt wird. Ich bin da sehr skeptisch.

Was müsste auf der Gesetzgebungsebene dringend passieren, um die Pflege in Deutschland zu verbessern?

Leopold:
Wir benötigen mehr Pflege-Fachkräfte. Das ist eine Tatsache. Zudem muss der Beruf der Pflegekraft deutlich attraktiver werden. Dazu gehören menschenwürdige Arbeitsbedingungen, Festanstellung, attraktive Entlohnung und interessante Aufstiegsmöglichkeiten. Die Politik kann die gesetzlichen Rahmenbedingungen für menschenwürdige Pflege schaffen. Die Anbieter sind letztlich für die menschenwürdige Umsetzung verantwortlich. Anstatt immer mehr Geld ins System zu pumpen, muss für Finanz-Transparenz gesorgt werden. Es muss garantiert werden, dass das viele Geld tatsächlich dafür ausgegeben wird, wofür es ursprünglich geplant war. Menschenwürde vor Rendite- und Gewinnmaximierung!

Darüber hinaus ist deutlich mehr Aufklärung der Bevölkerung über Grundlagen, Gesetze und Verordnungen im Pflegebereich notwendig. Kaum jemand weiß, dass es  in Deutschland in jedem Bundesland ein unterschiedliches Heimgesetz und dazugehörige Durchführungsverordnungen gibt. Hinzu kommt, dass in den einzelnen Bundesländern die Gesetze, Verordnungen und Aufsichtsbehörden auch noch andere Namen und Bezeichnungen haben. Transparenz? Fehlanzeige!

Nicht ohne Grund haben der Münchener Rechtsanwalt Alexander Frey im Januar 2014 und der Sozialverband VdK Ende vergangenen Jahres Verfassungsbeschwerde wegen des andauernden Pflegenotstands beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Man darf gespannt sein, wie die Richter urteilen werden.

Das Interview führte Ulla Brauer, 45 Min.

Quelle: http://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Neue-billige-Arbeitskraefte-in-der-Pflege,pflege450.html
« Letzte Änderung: 23. Januar 2015, 00:50 von admin » Gespeichert

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 was wir tun, sondern auch für das,
was wir nicht tun" (Jean Molière)
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« am: 15. Januar 2015, 02:33 »

NDR-TV "45 Min" Montag, 19. Januar 2015, 22:00 bis 22:45 Uhr

Pfleger - Opfer des Systems

Für zu viele Heimbewohner gibt es zu wenig Pfleger. Schon jetzt ist zu spüren, was angesichts der immer älter werdenden Generationen auf uns zukommt. Das Problem: Es entscheiden sich viel zu wenige Menschen für einen Job als Pflegekraft. Was macht diesen Job aus, der offensichtlich so unbeliebt ist, und was macht ihn so unattraktiv?


Emotional und körperlich herausfordernder Beruf


Die Autoren Djamila Benkhelouf und Philipp Kafsack begleiten zwei erfahrene Pflegekräfte bei ihrer Arbeit in einem Haus für an Demenz erkrankte Menschen und bekommen einen intensiven Einblick in diesen emotional und körperlich extrem herausfordernden Beruf.

Was bringt die Pflegereform tatsächlich?


Gleichzeitig stellt die Dokumentation die groß angekündigte Pflegereform der Bundesregierung auf deren Praxistauglichkeit auf den Prüfstand und trifft eine Frau, die Deutschland verlassen hat, weil sie die miserablen Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte hier nicht mehr ertragen hat. Sind die Pfleger Opfer eines völlig veralteten und falsch organisierten Pflegesystems? Und was bringt die Pflegereform tatsächlich?

Quelle: http://www.ndr.de/fernsehen/ + https://www.youtube.com/watch?v=2UzkwJY6IXQ

Was können Laien in der Pflege leisten?
von Djamila Benkhelouf und Philipp Kafsack

Die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland steigt ständig - vor allem die der Demenzkranken. Bis zum Jahr 2020 werden insgesamt drei Millionen Menschen pflegebedürftig sein. Doch schon jetzt gibt es zu wenige Pflegefachkräfte. Viele Pflegebedürftige und ihre Angehörigen klagen über mangelnde Unterstützung. Die Pflegekräfte selbst leisten einen Knochenjob: Schichtdienst, enormer Zeitdruck und schlechte Bezahlung. Je nach Pflegestufe ist für einen Patienten beispielsweise nur eine Grundpflege wie Waschen, Zahnhygiene und Toilettengang vorgesehen. Von einem Gespräch, einem Lächeln, Zeit für Betreuung steht da nichts.

Sind 20.000 Betreuungskräfte der große Wurf?
Die Bundesregierung hat, um die Situation der Pfleger und die der Patienten zu verbessern, zwei "Pflegestärkungsgesetze" auf den Weg gebracht. Das erste ist im Januar 2015 in Kraft getreten; das zweite soll bis 2018 umgesetzt werden. Seit Anfang dieses Jahres gibt es zum Beispiel mehr Geld für die Betreuung und Pflege von Demenzkranken. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der neuen Regelung: Die Zahl der Betreuungskräfte in stationären Pflegeeinrichtungen soll erhöht werden. Wichtig zu beachten: Es geht nicht um die Zahl der examinierten Pflegekräfte - also des Fachpersonals. Dennoch ist Bundesgesundheitsminister Herrmann Gröhe (CDU) auf die 20.000 neuen Betreuungskräfte, die er finanzieren will, stolz. Er verspricht "spürbare Verbesserungen des Alltags und der Lebenssituationen in unseren Pflegeeinrichtungen". Dafür nimmt der Minister immerhin eine halbe Milliarde Euro pro Jahr in die Hand.

Ungeregelte Form der Weiterbildung für Betreuungskräfte
Die Politik will die Pflegeheime also mit sogenannten Betreuungskräften unterstützen. Diese Kräfte pflegen nicht, sondern kommen ausschließlich zum Vorlesen, Spazierengehen oder Singen in die Heime. Dafür gibt es tatsächlich keine lange Ausbildung. Und so wird die Betreuungskraft auch nicht zum Ausbildungsberuf. Interessenten erhalten nur eine Form von Weiterbildung ohne bundeseinheitliche Regelung. Diese dauert lediglich mehrere Wochen oder wenige Monate. Viele Absolventen der Kurse verdienen derzeit kaum mehr als den Mindestlohn. Zudem bleibt abzuwarten, ob die Betreuungskräfte tatsächlich nur ihrer Weiterbildung gemäß oder auch für pflegerische Arbeiten eingesetzt werden. Die Pflegereform sieht vor, dass eine Betreuungskraft für 20 pflegbedürftige Menschen zuständig sein soll.

Echte Fachkräfte sind der Politik zu teuer
Doch reicht das zum Beispiel für die Betreuung von Demenzkranken? Besonders der Umgang mit demenziell erkrankten Menschen in der Pflege erfordert viel Fingerspitzengefühl. Eine fachgerechte, ganzheitliche Pflege sollte deshalb nicht von der Betreuung abgekoppelt werden. Dafür benötigen Pfleger Einfühlungsvermögen, Fachwissen und vor allem Zeit - das wissen auch die verantwortlichen Politiker. Doch anstatt mehr Fachkräfte einzustellen, die Betreuung und Pflege miteinander verbinden, setzt die Politik lediglich auf Betreuungskräfte. Minister Gröhe vertritt trotz Kritik von Pflegekräften weiter die Überzeugung, Betreuung müsse nicht nur von Fachkräften geleistet werden. Letztere sind der Politik am Ende offenbar schlicht zu teuer.

Quelle: http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/45_min/Pfleger-Opfer-des-Systems,sendung328716.html

« Letzte Änderung: 23. Januar 2015, 00:40 von admin » Gespeichert

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