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Autor Thema: Rücksichtslose Pflegekräfte verbreiten entwürdigende Patientenfotos  (Gelesen 5185 mal)
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« am: 21. Januar 2016, 13:11 »

Zitat
Entwürdigende Selfies mit hilflosen Patienten

Wie rücksichtslos arbeiten Pfleger? Fünf ehemalige Mitarbeiter der Aachener Uniklinik stehen vor Gericht


von ANETTE DOWIDEIT

Eine Pflegerin steht neben dem Krankenbett eines Patienten. Auf die nackte Brust des vermutlich bewusstlosen Mannes hat jemand ein Herz und den Namen eines anderen Krankenpflegers gemalt, und in das Gesicht des Hilflosen Vampirzähne. Dieses Foto, das ehemalige Pfleger des Aachener Uniklinikums per Handy untereinander verbreiteten, ist seit dieser Woche Verhandlungsgegenstand eines Verfahrens vor dem Aachener Amtsgericht.

Fünf Krankenpfleger, alles ehemalige Beschäftigte in der Notaufnahme des Klinikums, müssen sich dort verantworten, weil sie von insgesamt neun Patienten ähnlich entwürdigende Fotos geschossen und im Zeitraum von Herbst 2013 bis April 2014 teilweise in einer WhatsApp-Gruppe miteinander geteilt haben sollen.

Auf einem anderen Bild steht laut Anklageschrift einer der Pfleger neben einer nackten Patientin. Seine Hände hat er auf ihrem Körper liegen, dabei streckt er die Zunge weit heraus. In einem dritten Fall sollen sich zwei Pfleger für ein Selfie bei einer schwer kranken Patientin mit ins Bett gelegt haben, als diese mit Sauerstoffschlauch im Gesicht zum Röntgen gefahren werden sollte. Eine "gravierende Art von Verrohung" sei dies, urteilt der Psychiater Karl H. Beine, Professor an der Universität Witten/Herdecke und Chefarzt in Hamm, der seit Jahren zum Phänomen Gewalt in der Pflege forscht. "Die Pfleger haben in diesem Fall den Willen der Patienten herabgesetzt, um ihr eigenes Mütchen zu kühlen." Der Fall wirft Fragen neu auf, die bereits seit Jahren in der Pflegebranche schwelen: Wie unmenschlich geht es bei der Behandlung alter und kranker Menschen zuweilen zu? Und woran liegt es, wenn Krankenschwestern und -pfleger ihren Patienten gegenüber derart verrohen? Pflegeforscher beschäftigen sich seit einigen Jahren mit dem Phänomen Gewalt in der Pflege. Unter "Gewalt" fallen laut der meist verwandten Definition nicht nur körperliche Übergriffe, sondern auch Beschimpfungen, nicht richterlich genehmigte Fixierungen – oder eben gezielte Herabwürdigungen, wie nun im Aachener Selfie-Fall.

Vor etwas über drei Jahren sorgte ein ähnlicher Übergriff in einem Bremer Altenheim bundesweit für mediales Aufsehen. Eine Altenpflegerin hatte eine demenzkranke Bewohnerin an den Haaren gezogen, geschubst und beschimpft, weil sie aus Sicht der Pflegerin nicht genug beim Anziehen mitgeholfen hatte. Der Sohn der Patientin hatte den Übergriff per versteckter Kamera gefilmt.

Wie häufig solche Übergriffe sind, lässt sich kaum beziffern, da die Übergriffe in der Regel im Verborgenen stattfinden: in Krankenzimmern oder zu Hause. Eine Befragung des "Zentrums für Qualität in der Pflege" im April 2014 ergab, dass etwas mehr als jeder dritte Angehörige eines auf Pflege angewiesenen Menschen mindestens einmal aggressives oder gewalttätiges Verhalten erlebt habe. Der Spitzenverband der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDS) schätzte vor rund drei Jahren, auf jede registrierte Misshandlung eines Pflegebedürftigen kämen fünf Gewalttaten, die im Dunklen blieben. Die Ursachen für solche Übergriffe, davon sind Psychologen und Pflegewissenschaftler überzeugt, lägen in der stetigen Überforderung der Pfleger in Altenheimen und Kliniken, deren Arbeitsanforderungen sich immer weiter verdichteten: Mehr Patienten pro Pfleger sind zu versorgen, und diese sind im Durchschnitt älter und kränker als noch vor zehn Jahren. "Es gibt immer mal wieder solche Fälle, in denen sich Pfleger in einer solchen Überforderungssituation gegenüber den Patienten erhaben machen, zum Beispiel in Form von herabwürdigenden Fotos", sagt Psychiater Beine. "Dass dies in einer solchen Gruppe geschieht und die Fotos miteinander geteilt werden, erscheint mir allerdings als neu."

Ob auch im Aachener Uniklinikum eine Überforderung der Pfleger in der Notaufnahme die Ursache dafür war, dass diese die Patienten auf diese Weise entwürdigten, lässt sich nur spekulieren. Das Klinikum gehört zu den medizinisch renommiertesten Krankenhäusern Nordrhein-Westfalens und ist einer der größten Arbeitgeber der Region. Etwa 6000 Menschen arbeiten dort, rund 200.000 Patienten werden pro Jahr behandelt. Wie in vielen Kliniken klagen auch dort Pflegerinnen und Pfleger über eine zu hohe Arbeitsbelastung, die in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen habe, wie Johanna Knüppel vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe in Berlin beobachtet.

Das Urteil gegen die ehemaligen Klinikums-Mitarbeiter soll am 21. Januar fallen. Ihnen drohen maximal Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr, sagte Gerichtssprecher Daniel Kurth. Die Forderungen der Staatsanwaltschaft nach einem Strafmaß lägen jedoch noch nicht vor. Die angeklagten Pfleger arbeiten allesamt weiter für andere Kliniken. Es sei bitter, dass solche schwarzen Schafe offenbar kein Problem hätten, neue Anstellungen zu finden, findet Pflegeberufsvertreterin Knüppel. Auch die Bremer Altenpflegerin, die gewalttätig gegenüber der alten Heimbewohnerin geworden war, konnte kurze Zeit später eine neue Anstellung finden.
Quelle:  Die Welt http://www.welt.de/print/die_welt/vermischtes/article151114437/Entwuerdigende-Selfies-mit-hilflosen-Patienten.html, 18.01.16
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