Kein „Hitze-Frei“ für Pflegebedürftige
Bettlägerige Heimbewohner leiden besonders unter hohen Temperaturen (Bremen, 09.07.2010) Wie warm darf es eigentlich höchstens in den Zimmern von Pflegeeinrichtungen sein? Gibt es eine maximale Temperatur, die als zumutbar gilt? Diese Fragen stellen sich zurzeit viele Pflegebedürftige und deren Angehörige, Betreuer - aber auch Pflegekräfte an ihrem Arbeitsplatz. Die derzeitigen hochsommerlichen Temperaturen lassen in Krankenhäusern und Pflegeheimen die Temperaturanzeigen in die Höhe schnellen. Für Menschen, die krank oder pflegebedürftig im Bett liegen müssen, kann die Hitze unerträglich bis lebensbedrohlich sein.
Das Niedersächsische Sozialministerium empfiehlt aktuell auf seinen Internetseiten: „Per E-Mail-Newsletter können alle Pflegenden Hitzewarnmeldungen des DWD kostenfrei abonnieren. Das vom Land angeregte und vom DWD technisch umgesetzte System ermöglicht eine noch schnellere Warnung sowie eine An- und Abmeldung durch die Nutzer selbst.“ Aber was nützten solch moderne Warnmeldungen, wenn in manchen Pflegeeinrichtungen keine Jalousien, Klimaanlagen oder andere Möglichkeiten der Temperaturbegrenzung vorhanden sind?
Das Thema ist nicht neu. Und die schlauen Ratschläge, wie man den weiter steigenden Temperaturen am besten begegnen soll, nützen den Leidenden recht wenig. Besonders dann, wenn sie keine Möglichkeit haben den extremen Temperaturen in ihren Zimmern von 27, 30 oder mehr Grad Celsius zu entfliehen.
Dass hohe Temperaturen bei Arbeitskräften zu gesundheitlichen Beanspruchungen und Schädigungen führen können, ist bekannt. Dementsprechend sollen Raumtemperaturen in Arbeitsräumen 26 °C nicht überschreiten, was in Nr. 3.3 der Arbeitsschutzrichtlinie (ASR) 6/1,3 definiert wird. Verschiedene Gerichte haben in ihren Urteilen dies ist als verbindlich bestätigt.
Die Zivilgerichte sind einhellig der Ansicht, dass die ASR 6,1 keine unverbindliche Sollvorschrift darstellt, sondern dass die 26 Grad nur ausnahmsweise überschritten werden dürften - auch an Hochsommertagen nur ausnahmsweise. Selbst während besonders heißer Tage muss die Arbeitsplatztemperatur mindestens 6 Grad C unter der Außentemperatur liegen. Die Gerichte konnten Vermieter von Arbeitsstätten nur deswegen verurteilen, weil sie sich darauf stützen konnten, dass die Mieter als Arbeitgeber rechtlich zur Einhaltung dieser Vorschriften gegenüber ihren Arbeitnehmern verpflichtet waren und sind.
Für pflegebedürftige Menschen in Pflegeeinrichtungen gibt es bislang leider keine solch eindeutigen Regelungen. Hier stoßen auch Heimaufsichten und Medizinischer Dienst bei den Kontrollen an ihre Grenzen. Selbst die neuen Heimgesetze der Bundesländer und ihre – sofern schon vorhanden – Ausführungsbestimmungen blenden das Thema zulässige, erträgliche Temperaturen weiter aus. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, sich endlich des Themas anzunehmen!
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Literatur-Hinweise:
- Arbeitsschutzrichtlinien
http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitsst%C3%A4ttenrichtlinien - Rechtsprechung - Hitzefrei für Arbeitnehmer
http://www.hitzefrei-fuer-arbeitnehmer.de/rechtsprechung-hitzefrei-fuer-arbeitnehmer/index.html - „Gut vorbereitet auf hochsommerliche Temperaturen“
http://www.ms.niedersachsen.de/live/live.php?navigation_id=5090&article_id=14341&_psmand=17 - Merkblatt für Alten- und Pflegeeinrichtungen
http://www.nlga.niedersachsen.de/live/live.php?navigation_id=6607&article_id=19388&_psmand=20 -------------------------------------------------
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