BIVA-PressemitteilungErste Heimgesetze auf Länderebene? – BIVA fordert bundesweite Lösung mit einheitlich hohen Standards
zusätzlich zum Hinweis auf die Pressemitteilung Saarland hier im Forum vom 12.10.06 noch mal der komplette Text:
http://www.justiz-soziales.saarland.de/detail.html?mid=9454(nicht mehr im Netz)
Pressemeldung vom 18.08.2006
Sozialminister Josef Hecken: Pflegequalität im
Saarland deutlich verbessert. Verzicht auf saarländisches Pflegesiegel.
Landesregierung sieht Novellierungsbedarf beim Heimgesetz „Zur Unterstützung der gesetzlichen Qualitätsbemühungen in der Pflege hat die Landesregierung im Jahre 2001 unter Mitwirkung der Landesverbände der Pflegekassen und der Saarländischen Pflegegesellschaft die Kampagne „Qualitätsoffensive – Pflege“ gestartet. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Qualitätsoffensive ist die Selbstverpflichtung der stationären Pflegeeinrichtungen für mehr Qualität. Dabei wurden durch den Landespflegeausschusses Anforderungen an die Qualität stationärer Pflegeeinrichtungen in den Bereichen Strukturqualität, Prozessqualität und Ergebnisqualität einstimmig beschlossen und umgesetzt. Die Pflegequalität ist daher im Saarland deutlich verbessert worden“, so Sozialminister Josef Hecken.
Die Überprüfungen der Heimaufsicht zeigten, dass die Heimträger bemüht seien, diese Anforderungen in ihren stationären Pflegeeinrichtungen zügig umzusetzen. Weitere Elemente wie die Verbesserung der Wohnortnahe Unterbringung, Verbesserung der Altenpflegeausbildung, Verbesserung der Fortbildung und Verbesserung der Heimkontrollen durch Personalaufstockung bei der Heimaufsicht und einer intensiveren Zusammenarbeit mit den Pflegekassen, dem MDK und den Trägern der Sozialhilfe hätten ebenfalls gefruchtet.
Als weiteres Element der Pflegeoffensive sollte das Saarländische Qualitätssiegel insbesondere die Heime auszeichnen, die sich über die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen hinaus, durch besondere Anforderungen im Bereich der Gemeinwesenarbeit, der Gestaltung des sozialen Lebens im Heim und der Transparenz auszeichnen und damit eine Orientierungshilfe für die Pflegebedürftigen geben.
„Zwischenzeitlich haben die Trägerverbände der saarländischen Pflegeeinrichtungen signalisiert, dass nunmehr, unabhängig von der saarländischen Initiative, durch ihre jeweiligen Verbände auf Bundesebene Zertifikate entwickelt werden, die insbesondere auch das trägerspezifische Selbstverständnis bei der Qualitätssicherung in der Pflege berücksichtigen sollen, aber auch viele Elemente des Saarländischen Siegels enthalten. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die auch nach dem Heimgesetz geschützte Selbständigkeit der Träger von Pflegeeinrichtungen bei der Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben, wird das Land die Einführung eines Qualitätssiegels „Das Saarländische Plus“ in Absprache mit der Saarländischen Pflegegesellschaft und den Trägerverbänden im Saarland nicht weiterverfolgen. Dies geschieht nicht zuletzt auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Einführung einer Vielzahl von Qualitätssiegeln hinsichtlich einer größeren Transparenz des Leistungsangebots und der Qualität der Pflegeeinrichtungen eher kontraproduktiv wäre. Angesichts der neuen Prüfanleitungen des MDK und der Bemühungen der Heimträger, die Qualität in den Pflegeeinrichtungen weiterzuentwickeln, würde ein weiteres Siegel zudem als Beitrag zur Bürokratisierung empfunden“, so Minister Hecken.
Unabhängig hiervon wird das Land die Bemühungen der Heimträger zur Weiterentwicklung der Qualität ihrer Pflegeheime beratend, fördernd, aber durch die gesetzliche Überwachungspflicht über die Heimaufsicht - wenn erforderlich - auch kritisch begleiten.
Betreffend der Neuordnung der Zuständigkeit der Länder für das Heimrecht machte Hecken deutlich, dass es zu einer „Pflege nach Kassenlage“ nicht kommen werde. Schon jetzt seien die Leistungsträger vor Ort bzw. im Land die Verantwortung für die relevanten Festlegungen zu Umfang, Qualität und Preis der Pflege tragen. Aber auch hinsichtlich der gesetzlichen Qualitätsstandards ist eine Aufweichung der im Saarland praktizierten Standards nicht zu befürchten. Die Landesregierung sei dem Wohl der Heimbewohner verpflichtet. Schon dies verbiete eine Absenkung der Standards.
Dennoch müsse das Heimrecht novelliert werden:
• Es fehlt nach wie vor eine genaue Abgrenzung des Anwendungsbereichs des Heimgesetzes, wodurch es vor allem zu Abgrenzungsproblemen in Bezug auf die unterschiedlich ausgestalteten Wohnformen des „Betreuten Wohnens“ kommt.
• Trotz der Novellierung des Heimrechts 2002 gibt es weiterhin Divergenzen zu Bestimmungen der Pflegeversicherung, die harmonisiert werden müssen.
• Zudem wurden zusätzliche Meldepflichten der Heimträger eingeführt, die nicht zur Verbesserung der Pflegesituation in den Heimen, sondern zu einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand geführt haben.
• Die Heimmindestbauverordnung beruht nach wie vor auf der längst überholten dreigliedrigen Heimstruktur Altenwohnheim, Altenheim und Altenpflegeheim. Sie legt insgesamt bauliche Mindeststandards fest, die weit hinter den Anforderungen zurückbleiben, wie sie an zeitgemäße Einrichtungen der Altenhilfe zu stellen sind und auch von neuen Einrichtungen erfüllt werden.
• Die Heimpersonalverordnung legt zwar für die Pflege eine Fachkraftquote (Verhältnis Pflegefachkräfte zu Pflegehilfskräften) fest, definiert aber nicht die zahlenmäßige Pflegepersonalbesetzung, die für eine fachliche Versorgung, Betreuung und Pflege der Heimbewohner und Heimbewohnerinnen erforderlich ist (keine Personalanhaltszahlen).
• Auch die Aufzeichnungspflichten nach Heimgesetz und Pflegeversicherung bedürfen, vor allem hinsichtlich des Umfangs der Aufzeichnungen über die Pflegeverläufe für pflegebedürftige Heimbewohner und Heimbewohnerinnen, einer weiteren Harmonisierung.
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Die Heimmitwirkung hat sicherlich zu einer größeren Transparenz z.B. bei den Leistungen der Heimträger, den Betriebsabläufen, den Pflegesätzen, der Speisenplangestaltung, der Freizeitgestaltung und bei baulichen Veränderungen gegenüber den Heimbewohnern geführt. Sie ist deshalb unverzichtbar. Wenn es allerdings zur Umsetzung der Mitwirkungsrechte zunehmend einer Schulung der Heimbeiratsmitglieder bedarf muss überlegt werden, wie man die Regelungen der Heimmitwirkungsverordnung für die Heimbeiratsmitglieder einfacher fasst, ohne die Bewohner in ihren Mitwirkungsrechten zu beschneiden.• Das Heimgesetz enthält zwar eine Erprobungsregelung für neue Betreuungs- und Wohnformen, die Ausnahmen von den Regelungen der Heimmindestbauverordnung, der Heimpersonalverordnung und der Heimmitwirkung zulässt. Diese Erprobungsregelung enthält eine zeitliche Befristung der Ausnahmen von höchstens 4 Jahren, lässt aber offen, wie mit erteilten Ausnahmen umzugehen ist, wenn sich die neue Betreuungs- oder Wohnform in der Praxis bewährt.
In all diesen Punkten müsse man konstatieren, dass der Reformprozess auf Bundesebene trotz bestehender Bundeskompetenz bislang nicht zu einer zeitgemäßen Reform geführt habe. "Wenn nunmehr die Länder die Gesetzgebungskompetenz im Heimrecht erhalten haben, ist dies für diese Landesregierung ein Ansporn, diese Herausforderung anzunehmen und die Chance des Landes zu nutzen um zielorientiert und zeitnah, aber auch ohne hektischen Aktionismus, zu einer Verbesserung der rechtlichen Grundlagen des Heimrechts zu kommen".
Die saarländische Landesregierung werde die aufgezeigten Chancen, die die Kompetenzverlagerung des Heimrechts mit sich bringt, nutzen, um mit allen an einer Reform des Heimrechts zu Beteiligenden zu einer weiteren Verbesserung der Lebenssituation hilfebedürftiger Menschen in Heimen im Saarland beizutragen, so Minister Hecken.
Quelle: Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales